Elternzeit
Väter bleiben nicht lange zu Hause

Im Landkreis Regensburg nutzen besonders viele Papas das Elterngeld-Angebot. Aber nicht alle Chefs sind begeistert.

08.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:59 Uhr
Fast jeder zweite Mann, der im Jahr 2013 im Landkreis Regensburg Vater geworden ist, ist auch in Elternzeit gegangen. −Foto: Symbolfoto: dpa

Der Landkreis ist voller Vorzeigepapas. Fast jeder zweite Mann, der im Jahr 2013 Vater geworden ist, ist auch in Elternzeit gegangen. Das geht aus Angaben des Statistischen Bundesamts hervor. Konkret haben 716 Väter im Landkreis Regensburg, deren Kind 2013 geboren wurde, Elterngeld bezogen. Gemessen an der Gesamtzahl der geborenen Kinder lag der Anteil damit bei 45,8 Prozent. Im bayerischen Landesdurchschnitt waren es 2013 deutlich weniger – knapp 40 Prozent. Auch die Stadt Regensburg kann mit 42,5 Prozent nicht mithalten, die Stadt Straubing kommt nur auf die Hälfte (22,9).

Die klassische Rollenverteilung

Letztlich bleibt es bei der klassischen Rollenverteilung. Der Mann geht bald wieder in die Arbeit, die Frau bleibt möglichst lange zu Hause. Untersuchungen haben ergeben, dass bei vielen Eltern wirtschaftliche Erwägungen den Ausschlag geben. Väter verdienen meistens mehr als Mütter, bleiben sie zu Hause, sinkt das Familieneinkommen trotz Elterngeld deutlicher, als wenn die Mütter den Erziehungspart übernehmen. Das Elterngeld, das der Staat zahlt, entspricht knapp zwei Dritteln des zuletzt erhaltenen Nettoeinkommens.

Dieses Argument war auch für Daniel Klare ausschlaggebend. Er wurde im Februar 2015 Papa und ging zweimal für vier Wochen in Elternzeit. „Das bedeutet ja auch, dass weniger Geld zur Verfügung steht. Für zwei Monate kann man etwas auf die Seite legen. Aber wer länger in Elternzeit gehen will, muss sich das schon leisten können.“ Die statistischen Daten bestätigen diese Argumentation. Die Höhe des durchschnittlichen monatlichen Elterngeldes der Landkreisväter lag bei 1300 Euro. Bei den Frauen waren es im Schnitt knapp 800 Euro.

Auf Daniel Klare trifft ein zweites Argument zu, dass viele Väter ins Feld führen – den Arbeitgeber. „Ich arbeite in einer kleinen Werbeagentur, da ist jeder Kopf von Bedeutung.“ Er habe von vorneherein nie mehr als zwei Monate eingeplant und die habe sein Chef sofort akzeptiert.

Für diesen Zeitraum hat sich auch Michael Weber entschieden, allerdings in Teilzeit. Der Grund dafür: seine berufliche Position. Der zweifache Vater ist bei der Krones AG in Neutraubling Produktionsleiter der Fülltechnik mit rund 400 Mitarbeitern. Kann man in einer führenden Position überhaupt Elternzeit nehmen? „Ja“, sagt Weber. „Man muss Aufgaben delegieren, aber das muss man ja auch, wenn man Urlaub nimmt.“ Die Möglichkeit, Elternzeit auch in Teilzeit zu nehmen, bezeichnet er als „Riesenvorteil“. Er hatte bereits bei seinem Sohn, der heute vier Jahre alt ist, verschiedene Varianten getestet, halbtags oder ganze Tage. Mehr als zwei Monate kommen auch für Weber nicht infrage. „Das ist das Limit.“ Für Arbeitgeber bedeute die Elternzeit eine Belastung, unabhängig von der Zahl der Mitarbeiter. „Ob groß oder klein, einfach ist es nie.“

Einig sind sich die beiden Väter bei der Einteilung. Beide gingen kurz nach der Geburt für vier Wochen in Elternzeit. Die zweiten vier Wochen nahmen sie erst Monate später bzw. gegen Ende der Elterngeldmonate. Weber, dessen Tochter bald ein Jahr alt wird, geht demnächst nochmals in Teilzeit. Beide bezeichnen diesen zweiten Abschnitt als besonders schön und wertvoll. Der erste sei wichtig, um die Mutter kurz nach der Geburt zu entlasten. Dass Mütter den Großteil der Elterngeldzeit in Anspruch nehmen, findet Klare noch aus einem anderen Grund richtig. Eine Schwangerschaft bedeute für die Frau eine große körperliche Veränderung und die Rückbildung nehme ebenso viel Zeit in Anspruch.

Bei Krones ist Elternzeit für Väter schon lange ein Thema. Seit 2001 haben über 900 Väter das Angebot genutzt, allein im vergangenen Jahr waren es fast 300. Die Tendenz sei stark steigend, erklärt Krones-Pressesprecherin, Danuta Kessler-Zieroth. Bei rund 80 Prozent der Väter dauere die Elternzeit bis zu 30 Tage, bei den anderen reiche die Spanne gleichmäßig verteilt bis über ein Jahr. Dieser Trend gilt auch für Behörden. Beim Landratsamt Regensburg haben 2014 und 2015 insgesamt 13 Väter (zum Teil zweimal) Elternzeit genommen. Auch hier taten dies die meisten maximal zwei Monate lang.

Die Drohung des Chefs wirkt

Weitaus schlechtere Erfahrungen hat ein junger Vater gemacht, der in einem Service-Betrieb im Landkreis arbeitet und namentlich nicht genannt werden will. Er wäre gerne sieben Monate in Elternzeit gegangen, da er etwas weniger verdient als seine Lebensgefährtin. „Mein Chef hat mir gesagt, wenn ich mehr als vier Wochen Elternzeit beantrage, kann ich meine Sachen packen. Wenn ich meinen Anspruch einklage, bin ich früher oder später trotzdem arbeitslos. Und in meiner Branche sieht es zurzeit nicht gut aus.“

Sozialwissenschaftler sehen das Elterngeld in seiner jetzigen Form zwar als eine Verbesserung, sie glauben aber nicht, dass sich an der neuen Norm des Zwei-Monats-Vaters viel ändern wird, solange Frauen und Männer unterschiedlich viel verdienen und unterschiedliche Karriereaussichten haben. Doch auch das Selbstbild der Frauen könnte eine Rolle spielen. Eine Studie der Väter gGmbH aus dem Jahr 2013 verweist darauf, dass gut zwei Drittel von 1000 befragten Vätern angaben, dass ihre Partnerin ausdrücklich zwölf Monate in Elternzeit gehen wolle.