Trauer
Trauer um Philipp Graf von Lerchenfeld

Der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Regensburg ist in der Nacht zum Freitag gestorben. Er litt an Krebs.

01.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr

Philipp Graf von und zu Lerchenfeld Foto: Büro Graf Lerchenfeld, MdB.

Im Münchner und Berliner Politikbetrieb war der langjährige CSU-Abgeordnete Philipp Graf von und zu Lerchenfeld eine Ausnahmeerscheinung. Der Landadelige aus Köfering blieb auch bei scharfen Auseinandersetzungen höflich und korrekt. In den Vordergrund spielte er sich nie, seine Überzeugungen äußerte er dennoch klar – auch wenn sie von der Parteihaltung abwichen. In der Nacht zum Freitag ist der 65-jährige Grandseigneur gestorben. Zwei Jahre kämpfte er gegen den Lungenkrebs.

Beerdigung am 16. Dezember

In der Basilika St. Emmeram in Regensburg wird am 16. Dezember ab 11 Uhr das Heilige Requiem gefeiert. Danach finden ab 14 Uhr die Abschiedsgebete und die Beerdigung am Köferinger Friedhof statt.

Die Witwe Marie Therese, Angehörige, Weggefährten und Freunde trauern um ihn. Sein einstiger Konkurrent um die Bundestagskandidatur, Peter Aumer, schrieb, der CSU-Kreisverband habe einen großen Mitstreiter für die Heimat verloren. Der Vorstand sei in Gedanken bei ihm. Landrätin Tanja Schweiger sagte: „Der Tod von Graf Lerchenfeld berührt mich sehr. Der Landkreis verliert eine prägende Persönlichkeit.“ Der Graf wirkte für die CSU von 2013 bis 2017 im Bundestag mit. Zuvor gehörte der Landwirt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer seit 2003 dem Landtag an. Seine politische Karriere begann er im Köferinger Gemeinderat, ehe er 2002 Kreisrat wurde.

Lerchenfeld erlag seinem schweren Lungenkrebs

Es war bekannt, dass der 65-Jährige an Lungenkrebs litt. Auf Nachfrage erklärte er stets: „Gut geht‘s mir.“ Zuletzt hieß es aus dem Umfeld sogar, er erhole sich. Das barocke Wasserschloss in Köfering gehört seit 1469 der Familie und bleibt auch nach dem Tod des kinderlosen Lerchenfeld in deren Besitz.

Sein Freund und Politikberater Gerhard Gröschl beschreibt Lerchenfeld als zurückhaltend, unaufgeregt, humorvoll und gesellig. „Ein Mensch, den man mögen muss“, urteilt Unternehmer Gröschl. „Auf Fremde konnte er arrogant wirken, aber er war das Gegenteil.“

Bevor er in die Politik einstieg, leitete Lerchenfeld die Regensburger Niederlassung der KPMG Bayerische Treuhandgesellschaft AG mit rund 50 Mitarbeitern. Gröschl betont, der Adelige habe in der Wirtschaft mehr verdient als in seiner Abgeordnetenzeit. Herzog Franz von Bayern habe ihn während des ersten Landtagswahlkampfs gebeten, die Verwaltung des Wittelsbacher Ausgleichsfonds zu übernehmen. Lerchenfeld lehnte ab, weil er sich den Wählern verpflichtet fühlte.

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Großes Fachwissen in der Wirtschafts- und Steuerpolitik

Schon in der Mittelstands-Union fiel der Köferinger auf, weil er mit Fachwissen in der Wirtschafts- und Steuerpolitik glänzte. „Und wegen seiner Noblesse“, betont Gröschl. Im Bundestag war Lerchenfeld bekannt für seine finanzpolitische Kompetenz. Bei Themen wie Erbschaftsteuerreform und Länderfinanzausgleich vertrat er eigene Positionen, stellte sich auch gegen den damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Im November 2016 wollte Lerchenfeld nochmals für den Bundestag kandidieren, doch die CSU-Kreisverbände Regensburg Stadt und Land kürten Peter Aumer aus Regenstauf zum Spitzenkandidaten für 2017. Der damals 64-jährige Lerchenfeld, ebenfalls aus dem Landkreis, zog verärgert seine Bewerbung zurück. Aumer gewann die Abstimmung knapp. Er erhielt 81 von 159 Delegiertenstimmen, Konkurrentin Dr. Astrid Freudenstein aus Regensburg 78.

Verzicht auf Kandidatur und Kritik an Teilen der Landkreis-CSU

Lerchenfeld verband seinen Verzicht auf eine Kandidatur mit heftiger Kritik an Teilen der Landkreis-CSU. Die Auswahl der Delegierten für diese Wahlversammlung entspreche nicht transparenten demokratischen Kriterien. Bei der Wahl der Delegierten aus dem Landkreis seien der Süden und Osten des Landkreises zu wenig berücksichtigt worden. Im Vorfeld habe die Partei die Termine bei Versammlungen in Ortsvereinen oft so gelegt, dass er infolge seiner Aufgaben im Bundestag nicht teilnehmen und deshalb seine Arbeit nicht vorstellen konnte.

Lerchenfeld stellte die Frage,ob die CSU nichts aus den vergangenen Wahlen gelernthabe. Es solle immer der beste, der geeignetste Kandidat zum Zug kommen. Stattdessen hänge ein Teil der Landkreis-CSU offenbar der Devise an, es müsse immer ein Landkreis-Kandidat zum Zug kommen. Es dürfe aber keine Erbhöfe geben. Es dürfe nicht darum gehen,jemandem einen Posten zu verschaffen.

Das politische Interesse hatte Lerchenfeld im Übrigen von seinen Ahnen geerbt. Sein Urgroßonkel Hugo Graf Lerchenfeld war 1921/22 bayerischer Ministerpräsident gewesen.

Als zweites von drei Kindern geboren

Philipp Lerchenfeld wurde als zweites von drei Kindern des Grafen Ludwig von und zu Lerchenfeld (1923–1981) und seiner Gattin Sybille, geborene Gräfin von Merveldt, Freiin zu Lembeck (1923–2007), geboren. Seine jüngere Schwester Daisy starb mit zehneinhalb Jahren Ende 1963.

Von 1958 bis 1962 besuchte Philipp Graf Lerchenfeld – genau wie die ältere seiner beiden Schwestern – die Volksschule Köfering und danach von 1962 bis 1972 das Albrecht-Altdorfer-Gymnasium in Regensburg. Zwischen 1972 und 1973 leistete er seinen Wehrdienst bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall und Mittenwald. Anschließend studierte er von 1973 bis 1977 Agrarwissenschaften an der TU Weihenstephan. 1982 erfolgte die Bestellung zum Steuerberater und 1984 zum Wirtschaftsprüfer.

Nach dem Tod des Vaters übernahm er den Familienbetrieb

Nach dem Tod seines Vaters übernahm Lerchenfeld den landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Köfering und baute nebenbei eine eigene Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei auf. 1989 schloss er sich mit seiner Kanzlei der Bayerischen Treuhandgesellschaft AG, einer Tochtergesellschaft der weltweit agierenden Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft KPMG, an, deren Niederlassungsleiter Graf von und zu Lerchenfeld in Regensburg war. Er war stellvertretender Kreisvorsitzender der CSU im Landkreis Regensburg sowie Vorsitzender des Diözesankomitees des Bistums Regensburg. Weiterhin war er Vorsitzender im Bezirk Niederbayern-Oberpfalz der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sowie der Vorsitzende des DJK-Sportbundes im Bistum Regensburg.

Graf Lerchenfeld lebte mit seiner aus dem ungarischen Adelsgeschlecht der Grafen Ambrózy von Seden und Remete stammenden Frau Marie Therese auf dem Familienschloss in Köfering.

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