Handwerk
Frau steht ihren Mann auf dem Bau

Als einzige weibliche Teilnehmerin seit Jahren legte Marina Kugler die Maurer-Meisterprüfung ab. Angst hatte sie nicht.

21.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:36 Uhr

Die frischgebackene Maurermeisterin Marina Kugler hat gemeinsam mit ihrem Bruder Matthias die Meisterprüfung geschafft. Foto: Krenz

Frauen am Bau sind nach wie vor eine seltene Spezies – dabei bemüht sich die Wirtschaft seit Jahren verstärkt darum, diesen Zustand zu verbessern. Das Handwerk setzt zunehmend auf Frauen – gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Weil es in vielen Berufen nicht mehr auf Körperkraft ankommt, erobert das weibliche Geschlecht viele neue Bereiche, teilt der Zentralverband des Deutschen Handwerks mit.

Diese Botschaft ist bei jungen Frauen bereits angekommen. Eine davon ist die 26-jährige Marina Kugler, die aktuell als einzige weibliche Teilnehmerin den Maurer-Meisterkurs der Handwerkskammer in Regensburg absolviert hat – gleichzeitig mit ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder Matthias. „Ich will als Frau in dieser Branche nicht anders behandelt werden als Männer“, sagt sie selbstbewusst.

Nochmals von vorne begonnen

Sie verlegt gerne Estrich und ist seit frühester Kindheit auf Baustellen unterwegs – was wenig verwundert. Die Eltern, Theresia und Hermann Kugler, leiten seit 1999 ein familiengeführtes Bauunternehmen mit langjähriger Erfahrung und Fachwissen in Nittendorf. Dennoch schlug Marina zunächst einen anderen Weg ein.

Die sympathische junge Frau absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Kauffrau im Baustoff-Fachhandel in Abensberg und wechselte dann zur BayWa nach Lappersdorf. Die Entscheidung, nochmals von vorne anzufangen und den Bürostuhl durch die Maurerkelle zu ersetzen, ist ihr vor vier Jahren nicht leicht gefallen. Während die Familie sie bekräftigte, zeigten sich Freunde und Bekannte überrascht. „Willst du dir das wirklich antun?“, hörte Marina mehr als einmal. Schließlich war sie in ihrem kaufmännischen Beruf nicht unglücklich.

Am Ende siegte aber doch der Wunsch nach einer Maurerlehre und dem Einstieg in den elterlichen Betrieb. „Das war die richtige Entscheidung“, sagt die 26-Jährige heute. Neben der eigentlichen Arbeit gefällt ihr vor allem, dass man am Abend sieht, was man geleistet hat. „Tagtäglich gibt es ein konkretes Ergebnis“, schmunzelt Kugler.

Jetzt mit 26 Jahren ist sie Maurermeisterin und wird zusammen mit ihrem Bruder Matthias die Bau Kugler GmbH übernehmen. Wann genau dies sein wird, ist noch unklar. „Aber auf jeden Fall zeitnah“, erklärt Hermann Kugler. „Wir sind ein Team und man muss die Jungen rechtzeitig an die Verantwortung lassen.“ Als großes Glück bezeichnet es der 51-jährige Marktrat, dass er im Gegensatz zu vielen anderen Handwerkern keine Probleme mit der Betriebsnachfolge hat.

Als Exotin fühlt sie sich nicht, obwohl der deutschlandweite Frauenanteil bei den Maurern konstant bei unter einem Prozent liegt. Auch abwertende Sprüche von Kollegen musste sie sich noch nie anhören. „Wahrscheinlich hatte ich da einfach Glück“, meint sie. „Meistens freuten die sich eher, wenn sie mir helfen oder was beibringen konnten und merkten, es ist echtes Interesse da.“

Zusammen mit ihrem Bruder Matthias hat Marina Kugler im April die theoretische und praktische Meisterprüfung der Maurer und Betonbauer im Bildungszentrum der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz in Regensburg erfolgreich geschafft. In 1425 Unterrichtsstunden perfektionierten die 32 Teilnehmer im Vollzeitkurs nicht nur ihre praktischen Fertigkeiten beim Bauen von Mauerwerken und Schalungen, sondern auch das Entwerfen und Konstruieren von Gebäudeelementen, das richtige Lesen von Plänen sowie ihre Kenntnisse in Bauphysik und Werkstoffkunde oder Lasertechnik, teilt Kursleiter Johann Baumgärtner mit.

Engagement und Leidenschaft

Angst, dass sie körperlich in dem Männerberuf nicht mithalten kann, hat die Jungmeisterin nicht. Natürlich sei es schwere Arbeit, die „einiges an Muckis“ erfordere, aber mittlerweile gebe es viele Geräte, die das Leben auf der Baustelle enorm erleichtern. „Bei uns im Betrieb investieren wir viel in solche Maschinen. Maurer ist längst nicht mehr so ein Knochenjob wie noch vor 20 oder 30 Jahren.“ Ihr Freund, der in der gleichen Branche arbeitet, unterstützt sie dabei.

Genervt ist sie manchmal von Kunden, die nicht mit ihr sprechen wollen – stattdessen nach dem Chef fragen. „Aber wenn sie dann merken, dass ich auch was weiß, lassen sie sich meistens überzeugen.“

Den Frauen, die mit dem Gedanken spielen, einen Männerjob zu ergreifen, rät sie: „Einfach ausprobieren.“ Viele befürchten, es sei schwierig, fast nur männliche Kollegen zu haben. „Dabei ist das ein richtig harmonisches Arbeiten“, erzählt Marina Kugler. „Wenn man Engagement, Leidenschaft und die nötige Durchsetzungskraft mitbringt, steht einem auch als Frau nichts im Weg.“