Wirtschaft
Minag hinterlässt riesige Verluste

Der Insolvenzverwalter der Nittendorfer Firma geht von bis zu 35 Millionen Euro aus. Eine Übernahme sichert die 77 Jobs.

28.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr
Die Mitarbeiter der Minag im Nittendorfer Gemeindeteil Pollenried werden von der AE Schüttgutlogistik Bayern GmbH übernommen. −Foto: Seidl

Die „MINAG Mineraliengesellschaft mbH“ (Minag) hinterlässt nach ihrer Pleite offenbar einen riesigen Schuldenberg. Ein Mitgesellschafter hatte im August für das führungslose Nittendorfer Unternehmen Insolvenz angemeldet, nachdem der Geschäftsführer in einem Münchner Hotel gestorben ist. Bei der Minag handelt es sich um eine Spedition, die Schüttgut befördert und Baumaschinen vermietet.

Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde der Regensburger Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Lehner eingesetzt. Lehner sicherte in dieser Funktion nicht nur den weiteren Betrieb der Minag, sondern befasste sich auch mit den Bilanzen des Unternehmens, das zum Zeitpunkt der Insolvenz nicht mehr liquide war. Laut dem veröffentlichten Jahresabschluss 2015 hatte es zum Jahresende 2015 Verbindlichkeiten in Höhe von 15,5 Millionen Euro, 9,6 Millionen davon waren Bankkredite. Diese Verbindlichkeiten sind gegenüber dem Vorjahr (2014) zwar um 700000 Euro gesunken.Aus dem Jahresabschluss geht allerdings nicht deutlich hervor, wie die Verbindlichkeiten zuletzt abgesichert worden sind.

Bilanzen waren nicht korrekt

Bei der Durchsicht der Bilanzen kam Lehner zu einem anderen Ergebnis. Wie er der Mittelbayerischen sagte, habe er im Zuge seiner Tätigkeit festgestellt, dass bei der Minag erhebliche Bilanzmanipulationen vorgenommen worden seien. So sei das in der Bilanz 2015 ausgewiesene Umlaufvermögen in Höhe von 3,69 Millionen Euro für unfertige Erzeugnisse und von 2,2 Millionen Euro für fertige Erzeugnisse „tatsächlich nicht existent.“ Hier hätten nach Lehners Angaben Gleisschotter und Reifen in der genannten Höhe vorhanden sein sollen.

Auch die Vorjahresbilanzen würden ähnliche Posten enthalten, die nicht existent seien, betont der Rechtsanwalt. „Zudem finden sich weitere Geschäftsvorfälle, die mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht vereinbar sind.“ Anstelle eines Jahresgewinns von 494 000 Euro im Jahr 2015 und 471 000 Euro im Jahr 2014 habe die Minag wohl im Jahr 2015 tatsächlich Verluste in Höhe von annähernd sechs Millionen Euro zu realisieren gehabt.

Lehner versucht auch, Licht in die Lkw-Geschäfte der Minag zu bringen. Nach seiner Darstellung hat der Geschäftsführer der Minag offenbar in den vergangenen Jahren mehr als 300 geleaste Lkw und Auflieger ohne Kraftfahrzeugbrief ins Ausland veräußert. Kraftfahrzeugbriefe sind in anderen Ländern (auch in EU-Ländern) größtenteils nicht erforderlich. Die Leasingraten in Höhe von rund 500000 Euro pro Monat sowie Steuern und Versicherungen seien weiter bezahlt worden. Die Zahlung dieser Posten hätten zu den Verlusten in Millionenhöhe geführt, sagte Lehner. Um die Verluste zu decken, habe der Geschäftsführer immer weitere Fahrzeuge auf diese Weise veräußern müssen.

Durchsuchung bei Abnehmer

Lehner hatte bereits im August die Staatsanwaltschaft Regensburg informiert und die Leasingfahrzeuge, die ins Ausland verkauft wurden, zur internationalen Fahndung ausschreiben lassen. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Mittelbayerischen. Nach Angaben von stellvertretendem Pressesprecher Dr. Markus Pfaller hat inzwischen eine Durchsuchung bei einem Abnehmer dieser Fahrzeuge in Deutschland stattgefunden. Die Ermittlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, deshalb könne die Staatsanwaltschaft keine weiteren Angaben machen.

Regensburger Firma übernimmt

Gute Nachrichten gibt es für die 77 Mitarbeiter der Minag. Dem Insolvenzverwalter gelang es, den Betrieb aufrechtzuerhalten und die Löhne bis Ende September durch das Insolvenzgeld zu sichern. Inzwischen ist auch die Übernahme des Geschäftsbetriebs der Minag durch die AE Schüttgutlogistik Bayern GmbH unter der Führung von Andreas Ehrlinger gelungen. Wie Lehner betont, gehen alle Arbeitsverhältnisse auf diese Firma über. Die Mitarbeiter seien bereits in einer Betriebsversammlung entsprechend informiert worden. Lehner: „In der Belegschaft ist diese Lösung auf breite Zustimmung gestoßen.“

Die AE Schüttgutlogistik Bayern GmbH gehört zur EP Group, die im Regensburger Osten mit der Firma EP Trans und EP Logistik vertreten ist. Der EP Konzern beschäftigt 540 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 72 Millionen Euro.

Parallelen zu Flowtex-Fall

Lehner hält es für möglich, dass sich die Minag-Pleite zu einem „der größten Kriminalinsolvenzverfahren in Regensburg in den letzten Jahren“ auswächst.Der Fall weise deutliche Parallelen zum Flowtex-Fall in Baden-Württemberg vor rund 15 Jahren auf.Damals hatte ein Unternehmen in Ettlingen in betrügerischer Weise mit Horizontalbohrmaschinen zur Verlegung unterirdischer Leitungen gehandelt. Etwa 90 Prozent der verkauften Maschinen existierten gar nicht. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu diesem Fall wurden 55 Hausdurchsuchungen durchgeführt, gegen insgesamt 110 Beschuldigte 123 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Gegen die vier Haupttäter wurden Strafen von insgesamt 58 Jahren verhängt, zwei FDP-Landesminister verloren ihr Amt. Der Schaden lag bei mehr als drei Milliarden Euro.

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