Hobby
Der Zweiraddoktor von Graßlfing

Heinz Liedl ist für viele Oldtimer-Fans die Rettung. Der Auspuffbauer liefert ihnen Spezialanfertigungen für ihre Motorräder.

25.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:29 Uhr
Josef Eder

Heinz Liedl am Schweißbrenner. Zwei Tage in der Woche arbeitet der 78-Jährige an seinen Spezialanfertigungen. Fotos: Eder

Der Auspuff hat wichtige Aufgaben. Er dient bei Verbrennungsmotoren zur Ableitung der Abgase und zur Dämpfung der Druckstöße, die bei der explosionsartigen Verbrennung in den Brennräumen entstehen. Weiter ist er zur Reduzierung der Schallemission wichtig. Heinz Liedl, der siebenfache Bergmeister auf Steyr Puch, baut in seiner Werkstatt in Graßlfing Spezialanfertigungen. Er hat sich damit nicht nur in der Rennsportszene einen Namen gemacht, sondern auch als Tüftler, der vieles möglich machen kann.

Was der 78-Jährige anfertigt, sind Einzelstücke für Zweiräder, die im Handel nicht mehr erhältlich sind. Nachdem Tüftler immer wieder an ihren Mopeds und Motorrädern bauen, passt nach einem Umbau deren Auspuff oft nicht mehr. Und manchmal sind die Auspuffanlagen aufgrund ihres Alters durchgerostet. Schweißen hilf da nichts mehr und so ist für viele Fahrer Heinz Liedl Retter in der Not.

Die Mundpropaganda funktioniert

Werbung braucht er nicht, die Mundpropaganda unter den Oldtimerfreunden ist gut. Besonders aus Deutschland und Österreich kommen die Anfragen. Liedl hat zahlreiche Formen in seiner Werkstatt, die er selbst angefertigt hat. Meist weiß er nach der Anfrage sofort, ob er die passende Vorrichtung schon hat. Wenn nicht, erfolgt ein kleiner Umbau einer ähnlichen Form.

Überall sind bei ihm Rohlinge gelagert. Ein Blick, und er weiß, zu welcher Maschine sie gehören. Vorwiegend sind es Steyr Puch, aber auch KTM, Horex, Adler oder NSU. „Kreidler und Hercules sind kein Problem. Ich brauche nur das alte Auspuffteil, dann ist nach kurzer Zeit der neue fertig“, sagt er. Früher hat er die Teile auch noch verchromen lassen. Seit fünf Jahren muss dies der Auftraggeber aber selber machen.

500 Auspuffe im Jahr

Zur Anfertigung verwendet er ein nahtloses gezogenes Spezialrohr. Das Rohr für die Einzelstücke wird mit Quarzsand gefüllt. Dann erhitzt er es mit dem Schweißbrenner. Langsam und mit viel Gefühl wird es in der Form gebogen. Die manchmal etwas komplizierte Handarbeit dauert bis zu 45 Minuten, dann ist Liedl fertig. Für einige Modelle hat er als Schablone sogar noch leere Motorblöcke in seinem Bestand, wo er sie weiter anpassen kann. Die Kaltformung macht er mit seinen Rohrbiegemaschinen. Hier braucht er meist nur eine Viertelstunde für ein Teil. Bei Werkzeugwechsel sind ab und an zwei Arbeitsgänge von Nöten.

Der ehemalige Steyr Puch-Großhändler arbeitet nur noch montags und dienstags. „Aber wenn die Auftragslage groß ist, dann lege ich an einem zusätzlichen Tag eine Sonderschicht ein. So 500 Stück baut er noch jährlich. „Manchmal habe ich sogar eine kleine Serie von bis zu zwanzig Stück für Österreicher aus St. Georgen und Tresdorf bei Wien. Die beiden haben sogar Muster bei auf Lager“, erzählt er. Das älteste Teil, das Liedl anfertigte, war für eine Puch LM, Baujahr 1923.

Der Preis richtet sich nach Arbeitsaufwand, meint er. Die Kunden seien froh, wenn sie ihr Ersatzteil bekämen. Der Versand und die Auftragsannahme liegt in den Händen seiner Frau Angelika. Aber nicht nur Auspuffanlagen werden gebaut. Auch Generalüberholung von Zweiradmotoren macht er.

Sein Ersatzteillager für Puch-Zweiräder ist noch groß, für die Autos aber nicht mehr so.„Für mich ist das, was ich mache, als Rentner keine Arbeit, sondern mein Hobby. Der Betrieb läuft solange weiter, wie ich ihn ausführen kann. Einen Nachfolger in der eigenen Familie gibt es nicht“, betont Liedl und macht sich wieder an die Arbeit an einem zu überholenden Zweiradmotor.