Ortserneuerung
Alte Keller: Zuschütten oder sichern?

Bei der Platzgestaltung am Wiser-Haus wurden alten Räume zugeschüttet. Kreisheimatpfleger Binniger wollte sie erhalten.

15.10.2016 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr
Der historische Keller unter dem Plötz-Haus ist ebenso zugeschüttet wie ein weiterer Keller unter dem Platz. Ortsheimatpfleger Georg Gahr (Foto) informierte sich beim Denkmalschutzamt. −Foto: Norgall

Soll man alles, was alt ist, nur aus diesem Grund erhalten? Bricht man es auf diese stark vereinfachte Frage herunter, gab es dazu in Regenstauf recht unterschiedliche Ansichten, als beim Abriss des Plötz-Hauses in der Hauptsraße 17 und bei der Sanierung des Platzes am Wiser-Hauses zwei historische Kellerräume entdeckt wurden. Laut Christoph Hüttl, Projektleiter für die Ortserneuerung bei der Marktverwaltung, ging man mit der gebotenen Vorsicht an den Abriss des Plötz-Hauses. Zwar stand das Haus selbst nicht unter Denkmalschutz, aber da das benachbarte „Bienenekorbhaus“ oder Menath-Haus, Hausnummer 19, unter Denkmalschutz steht, handelte es sich bei dem Abriss um einen „sehr sensiblen Bereich“.Das denkmalgeschützte Haus durfte bei den Abrissarbeiten nicht gefährdet werden.Deshalb musste der Denkmalschutz auch dem Abriss des Plötz-Hauses zustimmen. Der Abriss des Kellers unter dem Plötz-Haus, sagt Hüttl, stand nie infrage. Stutzig wurden die Arbeiter vor Ort und vor allem auch er selbst, als bei den Abrissarbeiten hinter einer Außenwand des Kellers plötzlich ein zweiter Kellerraum unter dem Platz am Wiser-Haus auftauchte. Hüttl informierte die Fachstellen des Denkmalschutzes und Kreisheimatpfleger Hermann Binninger. Dieser hat bereits die Geschichte vieler alter Regenstaufer Bürgerhäuser erforscht und kennt sich in der Materie gut aus. Der zusätzliche Keller war zunächst ein Rätsel. Es handelte sich um einen völlig abgeschlossenen Raum, dessen Zugang erst durch den Abriss des Nachbarkellers freigelegt wurde.

Hinweis aus der Ortsgeschichte

Bei der Rekonstruktion der Ortsgeschichte lüftete sich das Rätsel: Als 1975 das Wirtshaus „Reichsapfel“ an der Stelle abgerissen wurde, entdeckten die Arbeiter vermutlich, dass der Keller unter dem Gebäude über das eigene Grundstück hinaus auf das Nachbargrundstück reichte. Die Arbeiter machten wohl kurzen Prozess. Sie errichteten an der Grundstücksgrenze eine Mauer aus Betonsteinen und schufen so einen abgeschnittenen Kellerraum auf dem Nachbargrundstück, der keinen Zugang mehr hatte. Diese Theorie wird auch durch die leeren Bierflaschen gestützt, die sich in dem abgeschlossenen Keller fanden. Beide Kellerräume, der unter dem Plötz-Haus und der abgetrennte unter dem Platz hatten jeweils eine Größe von etwa sechs mal drei Metern.

Keller genau vermessen

Die Mauer aus Betonsteinen bereitete aktuell den Fachleuten bei der Begutachtung besonderes Kopfzerbrechen. Laut Statiker ließ sich die Stabilität dieser Mauer nicht berechnen. Die Handwerker von 1975, zitiert Hüttl den Bautechniker, hätten da wohl ziemlichen Murks gemacht.

Das Landesamt für Denkmalpflege und die Untere Denkmalschutzbehörde stuften die Keller aus denkmalpflegerischer Sicht als nicht besonders schutzwürdig ein und erlaubten der Marktgemeinde das Einbrechen der Kellerdecken und das Verfüllen der Räume. Zuvor wurden die Räume in Drei-D-Technik genau vermessen.

Aus Sicherheitsgründen und weil es für den Erhalt auch keinen besonderen Anlass gab, sagt Hüttl, habe man sich für das Verfüllen der Keller entschieden.

Nachgefragt zur Entscheidung der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landratsamt antwortete die Pressestelle der Behörde: „Bei der Frage, ob etwas erhaltungsbedürftig ist, ist, allgemein gesprochen, ist der Denkmalschutz natürlich ein wichtiges Kriterium und auch das vorrangig zu beachtende Instrument, wenn es um den Schutz von Gebäuden oder Gebäudebestandteilen geht.“ Andererseits wäre es aber auch nicht zutreffend, den Denkmalschutz als den alleinigen Maßstab hierfür zu nehmen. Die Untere Denkmalschutzbehörde könne nur die Belange des Denkmalschutzes prüfen. Wenn jemand „überobligatorisch“ etwas erhalten wollte, würde das Landratsamt keine Einwände erheben.

Über 700 Jahre Geschichte

Als unbedingt erhaltenswert sah Hermann Binninger den Status der alten Kellergewölbe. Er geht „zu 100 Prozent“ davon aus, dass es sich bei den Kellerdecken um gotische Gewölbe handelte, die bereits seit 700 Jahren alle Lasten, die auf ihnen standen, getragen hätten. Binninger: „Ich erkenne ein gotisches Gewölbe, wenn ich eines sehe.“ Diese Keller, sagt Binninger seien in der gleichen Zeit entstanden wie der große Gewölbekeller unter dem Wiser-Haus, in dem jetzt Tom’s Kulturkeller untergebracht ist.

„Da im benachbarten Menath-Haus im weitesten Sinne ein ’Haus der Geschichte‘ angedacht sei, hätte es sich geradezu angeboten, die Kellerräume im Eingangsbereich zu diesem Haus zu erhalten.“Hermann Binninger

Wenn die Keller nicht genutzt werden sollten, sprach Binninger sich dafür aus, die Keller so zu lassen, wie sie sind und eventuell einen durchsichtigen Bodenbelag darüberzulegen. Da im benachbarten Menath-Haus im weitesten Sinne ein „Haus der Geschichte“ angedacht sei, hätte es sich geradezu angeboten, die Kellerräume im Eingangsbereich zu diesem Haus zu erhalten, sagt Binninger. Der Eingang soll nach jetzigen Planungen auf einem Teil des Areals des alten Plötz-Hauses entstehen. Binninger: „Der Blick in den Keller wäre ein besondere Attraktion für das Geschichtshaus geworden.“

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Hermann Binninger wünscht sich im Gespräch mit unserer Zeitung, dass man sich bei der Umgestaltung des Orts auch mehr mit der Historie des Marktes auseinandersetzen würde, um Ortsgeschichte mit einzubinden und nicht zu vergessen.

„Die Schönheit und Liebe zum Ort lebt auch in der Identifikation mit dem Ort und nicht mit deren Aufgabe.“Hermann Binninger

Als ausgezeichnete Beispiele, wo dies geschehe, nennt er das , „Kommunales Denkmalschutzkonzept Bayern, Gemeinde Viechtach“ oder „Städtebauliche Kooperation Stadt Waldmünchen - OTH Regensburg“. Binninger: Die Schönheit und Liebe zum Ort lebt auch in der Identifikation mit dem Ort und nicht mit deren Aufgabe.“

Keine Einwände erhoben

Bürgermeister Siegfried Böhringer wundert sich nachträglich über die Diskussion. An ihn persönlich, sagt er, sei der Wunsch, die Keller zu erhalten, nicht herangetragen worden.

Ortsheimatpfleger Georg Gahr war erstaunt über den Kellerfund, von dem er erst durch eine Diskussion auf Facebook erfuhr. Die Ortsheimatpfleger dürften zwar nicht mitentscheiden, sagt Gahr, sie sollten aber von solchen Funden schon direkt informiert werden, damit sie eine Stellungnahme abgeben könnten. Nur wenn sie informiert würden, sagt er, könnten die Heimatpfleger entscheiden, ob sie es für angebracht hielten, die nächst obere Stelle zu informieren.

„Dabei handelte es sich um keine dramatische archäologische Sensation.“Ortsheimatpfleger Georg Gahr

Bei den zwei Kellern, die jetzt bereits wieder verfüllt sind, richtet sich Georg Gahr nach dem Urteil der Fachleute vom Denkmalschutz und sagt: „Dabei handelte es sich um keine dramatische archäologische Sensation.“ Den Keller hält Gahr für „eine Entdeckung der üblichen Art“, der aus einer „nicht genau bestimmbaren Zeit“ stamme. Keller seien über Jahrhunderte in der Form gebaut worden. Der Fund sei gemeldet, dokumentiert und vermessen worden. Natürlich könne man darüber diskutieren, ob man die Kellergewölbe in den Anbau neben dem Menath-Haus hätte einbeziehen können. Zu dem von Binninger angeregten „Blick in die Vergangenheit“, fragt Gahr: „Es fragt sich, von welcher Qualität der Blick gewesen wäre.“ Denkmalpflege, so Gahr weiter, sollte man nicht auf spekulativer Basis betreiben. „Man muss genau prüfen, was vorliegt und ob der nötige Aufwand, etwas zu erhalten, in einem angemessenen Rahmen liegt.“