Szene
Rocker hat es aufs Land verschlagen

Die United Tribuns Regensburg haben sich in Riekofen eingerichtet. Bisher sind sie vor allem durch Höflichkeit aufgefallen.

21.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:53 Uhr
Norbert Lösch
„Wir sind keine Gang, sondern eine Bruderschaft“: Sven Senger (links) und weitere Mitglieder des United-Tribuns-Chapters Regensburg im neuen Clubhaus in Oberehring. −Foto: Lex

Der kaum mehr als 20 Häuser zählende Weiler Oberehring ist bislang nicht durch sein ausgeprägtes Rotlicht-Milieu oder organisierte Banden-Kriminalität aufgefallen. Das wird wohl auch so bleiben – auch wenn sich in dem zur Gemeinde Riekofen gehörenden Dorf im südlichen Landkreis mittlerweile Rocker niedergelassen haben. Der Chapter Regensburg der von der Bild-Zeitung als „gefährlichste Rocker Deutschlands“ bezeichneten United Tribuns (UT) hat sich im ehemaligen Gasthaus Hartmann ein Clubhaus eingerichtet. Am Samstag werden in Oberehring die Auspuffrohre dröhnen – die Eröffnungs-Party steigt.

„Nur für geladene Gäste“

„Allerdings nur mit geladenen Gästen“, wie Sven Senger, President der Regensburger UT, betont. Er hat mit unserer Zeitung exklusiv über den Aufenthaltsort und die Pläne der von ursprünglich 18 auf jetzt 34 Mitglieder angewachsenen Gruppe gesprochen. Große Publicity will die „Bruderschaft“, wie sich die UT-Chapter grundsätzlich nennen, aber gar nicht. Das Credo lautet: Wir haben zwar nichts zu verbergen, wollen aber ungestört unsere Werte leben und in Ruhe gelassen werden.

Seit ihrer Gründung vor gut einem Jahr war die Rockergruppe auf der Suche nach einem Clubhaus. Fündig wurde sie in Oberehring, etwa auf halber Strecke zwischen Regensburg und Straubing. Im früheren Dorfwirtshaus wird schon seit Jahren keine Halbe Bier mehr ausgeschenkt. Ein Landwirt hatte das Nachbaranwesen gekauft, Mieter gesucht – und den United Tribuns den Zuschlag gegeben.

Bürgermeister hat „nur Positives gehört“

Zuletzt waren die Mitglieder des Motorradclubs damit beschäftigt, aus dem stillgelegten Gasthaus ein Club-Domizil zu machen. „Wir haben drei Monate lang renoviert“, sagt Sven Senger. Irgendwelche Probleme mit der kleinen Dorfgemeinschaft habe es dabei nicht gegeben, das Auftreten der UT-Rocker habe dazu auch keinen Anlass gegeben.

Das bestätigt auch Johann Schiller, Bürgermeister von Riekofen. „Von der Gemeinde her haben wir überhaupt keine Probleme mit den neuen Nutzern“, sagt Schiller. Die jüngsten Aktivitäten im Weiler Oberehring seien ihm selbstverständlich nicht verborgen geblieben. Generell habe er bislang „nur Positives gehört“.

Mitglieder der Gruppe hätten sich schon vor der jetzt anstehenden Eröffnung ihres Clubheims dort an Samstagen zum Grillen getroffen. „Die waren höflich, haben freundlich gegrüßt und die Wirtsstube sauber hergerichtet“, hat der Bürgermeister beobachtet. Die frühere Wirtswohnung im gleichen Haus sei an jemand anderen vermietet, die Stube und der Saal werde dagegen von den Rockern genutzt.

Go-go-Girls im Dorfwirtshaus

Dort soll am Samstag die große Eröffnungsparty steigen. Das wird kein Kindergeburtstag, so viel steht fest. Auf dem Plakat werden Go-go-Girls angekündigt, und wie es in der „Bruderschaft“ so üblich ist, werden auch Gäste aus befreundeten Chapters erwartet. Die UT-Gruppe Regensburg betreibt mittlerweile aucheine eigene Facebook-Seite. Auf dieser werden Mitglieder zu „offenen Abenden“ im neuen Clubhaus eingeladen, die es wöchentlich einmal geben soll.

„Wir leben Werte, die in unserer Gesellschaft verloren gegangen sind.“Sven Senger

Sven Senger kündigte weitere Aktivitäten an, die aber allesamt nicht unter die Rubrik „mögliche Straftaten“ fallen. Vom Clubhaus in Oberehring aus würden zum Beispiel gemeinsame Ausfahrten und Treffen mit anderen UT-Chapters organisiert. Außerdem sei man gerade dabei, Events in Regensburg vorzubereiten. „Wir wollen dort Konzerte veranstalten, nicht nur für Rocker und Biker, sondern öffentlich“, sagt Zenger. Die Verhandlungen ließen darauf hoffen, dass es heuer noch Auftritte bekannter Deutschrock- und Hip-Hop-Bands geben könnte.

Klar ist damit, dass sich die United Tribuns nicht ins stille Kämmerlein zurückziehen, sondern durchaus öffentlich präsent sein werden. Ganz so, wie es Senger schon vor einem Jahr angekündigt hatte: „Man wird sich öffentlich zeigen und auch andere Chapter der MC-Szene besuchen.“ Damals hatte der Regensburger UT-Boss das Selbstverständnis der anderswo durchaus berüchtigten Rocker so beschrieben: „Wir leben Werte, die in unserer Gesellschaft verloren gegangen sind: Ehre, Stolz, Treue, für den anderen da sein, wenn man sich braucht – und natürlich zusammen Bike fahren. Einfach das leben und umsetzen, wovon andere nur reden.“(Lesen Sie hier das ganze Interview mit Sven Senger)

In Bayern haben sich die United Tribuns mittlerweile mit Chaptern in München, Augsburg, Passau, Ingolstadt, Rosenheim und eben Regensburg etabliert. Sie bezeichnen sich als eine Vereinigung aus Bodybuildern, Kampfsportlern und Türstehern.

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