Freizeit
Im Zirkus geboren und aufgezogen

Zirkus Mulan gastiert derzeit in Wörth. Seine vierbeinigen Schützlinge sind keine Wildtiere, versichert Jacqueline Köllner.

27.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:39 Uhr
Sebastian Schmid
Kamel Aladin und das Lama −Foto: S. Schmid

Sie leben für den Zirkus. Jacqueline und Sabrina Köllner können sich kein anderes Leben vorstellen. Deutschlandweit sind sie mit dem Zirkus Mulan, den ihr Uropa 1846 gegründet hat, unterwegs.

„Man muss es einfach lieben, denn es gibt nichts Schöneres“, sagt Sabrina Köllner. Schon als Kind hat sie mit den Clowns gespielt und ist spielerisch durch die Manege geturnt. Heute vollführt sie tollkühne halsbrecherische Kunststücke auf dem Ringtrapez in fünf Metern Höhe. Ohne Sicherungsnetz baumelt sie an ihren Zehenspitzen herab und lässt dabei die Schwerkraft vergessen.

Viele Stunden hartes Training

„Es dauert etwa zwei Jahre, bis man die Akrobatik beherrscht“, sagt sie. „Dahinter stecken viele Stunden hartes Training. Aber der Applaus des Publikums ist es wert.“ Zusätzlich hat sie noch Hula-Hoop-Akrobatik in ihrem Repertoire und schwingt dabei mühelos mehrere Reifen durch die Luft.

Jedes Jahr legt der Familienbetrieb über tausend Kilometer quer durch Deutschland zurück. Dann sind alle 15 Akrobaten, Clowns und Schausteller auf Achse und touren von Stadt zu Stadt. Mit dabei sind immer die Tiere des Zirkus: Araberpferde, Friesenhengste, Ponys, ein Lama, die Kamele Aladin und Cäsar und ein Miniatur-Appaloosa, den sie liebevoll kleiner Onkel nennen. „Mit seinem weißen, schwarz gepunkteten Fell sieht er aus wie das Pferd aus Pipi Langstrumpf“, erläutert Jacqueline Köllner, woher der Name des Miniaturpferds kommt. „Das Besondere an ihm ist, dass es nicht wie ein Pony aussieht, sondern exakt wie ein kleines Pferd.“

Die Juniorchefin betont, dass ihre vierbeinigen Schützlinge keine Wildtiere sind, sondern im Zirkus geboren und aufgezogen wurden. Obwohl sie ihren Beruf leidenschaftlich gern betreibt, hat sie mit den Vorurteilen zu kämpfen, die es gegenüber der Tierhaltung in Zirkussen gibt. „In jeder Branche gibt es schwarze Schafe, das wird sich nie vermeiden lassen“, sagt sie. „Wir gehen respektvoll mit unseren Tieren um, denn wir leben von ihnen.“

Wichtig ist ihr vor allem, dass die Tiere im Zirkus Mulan nicht geschlagen werden. „Man muss ihnen Zeit geben, die Kunststücke zu erlernen und auf ihr natürliches Verhalten eingehen.“ Eines ihrer Pferde hat die Zirkusfamilie aus einem Reitstall geholt. Anfangs war das Tier verängstigt und hatte Angst vor Alltagsgegenständen, wie einem Kabel. „Es weigerte sich, darüber zu laufen. Erst hier ist es aufgeblüht“, berichtet Jacqueline Köllner.

Viele unterschiedliche Regelungen

Weil in der Diskussion über die artgerechte Haltung von Tieren oft pauschalisiert wird, stellen viele Kommunen schon keine Plätze mehr für Wanderzirkusse zur Verfügung. Zudem gelten vielerorts unterschiedliche Regelungen und Vorschriften, die einzuhalten sind. „Dadurch ist das Leben als Zirkusakrobat nicht gerade leichter geworden“, sagt Jacqueline Köllner. Dass die Tiere bei jeder Station, die der Zirkus macht, auf Reisen gehen müssen, sieht sie nicht als Problem. So werden die Wegstrecken nicht am Stück zurückgelegt, sondern etappenweise. „In den Pausen lassen wir die Tiere aus den Transportanhängern und gehen mit ihnen spazieren“, sagt die Juniorchefin. Sie zieht einen Vergleich zum Umgang mit Nutztieren in der Nahrungsmittelproduktion: „Was ist denn mit den Schweinen und Kühen, die leiden, wenn sie hunderte Kilometer zum Schlachthof gekarrt werden?“

Tatsächlich machen die Vierbeiner des Zirkus Mulan einen zufriedenen Eindruck. Die Pferde grasen in aller Seelenruhe auf der Weide und das Kamel Aladin wälzt sich genüsslich. Als jemand mit Futter kommt trottet es gemütlich durch die Koppel, um sich ein paar Scheiben Brot abzuholen. Nach einiger Zeit gesellt sich das Lama dazu und bekommt auch seinen Teil ab. „Die Kamele fühlen sich bei diesen hochsommerlichen Temperaturen pudelwohl“, meint Jacqueline Köllner. Auch wenn die Wüstenschiffe schon zwei Wasserspeicher auf ihrem Rücken tragen, stehen mehrere Bottiche mit Wasser im Gehege, an denen sich die Tiere bedienen können.