Gesellschaft
In der Natur die letzte Ruhe finden

Der Seelensteig in Pentling ist der erste Friedhof in der Region, der Bestattungen in der Natur erlaubt.

06.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:24 Uhr
Josef Eder

Anton Aschenbrenner (r.) erläutert den Gemeinderäten und Bürgermeisterin Barbara Wilhelm den Seelensteig. Foto: Eder

Der erste Naturfriedhof im Raum Regensburg-Kelheim wurde seiner Bestimmung übergeben. Der Seelensteig, so sein Name, ist an einem Hang im Friedhof der Gemeinde Pentling errichtet worden. Auf dem circa 5200 Quadratmeter großen Areal ist Platz für 600 Urnenbestattungsplätze. Das Gelände ist fußläufig, bis zur Kanzel behindertengerecht erreichbar.

Die Projektverantwortlichen Anton Aschenbrenner und Manuel Kasberger führten über den Seelensteig und erläuterten die Stationen, an denen erklärende Hinweisschilder angebracht sind. Die Ruhestätte eines Verstorbenen wird schlicht mit einem Holzpflock, auf dem ein kleines Schild mit dessen Daten befestigt ist, markiert. Im Laufe der Woche fand die erste Bestattung, es war ein Pentlinger, statt. Die Trauerwald GmbH hat einen mittleren fünfstelligen Betrag in das Seelensteig Projekt investiert. Die Großberger Firma Pflasterbau Franz Kreil hat dieses naturnahe Konzept in bewährter Weise umgesetzt.

Gemeinderat war für Seelensteig

Der Ort am Hang mit Blick ins Donautal ist der geeignete Platz. Von einer Steinkanzel, sie wird im kommenden Jahr mit Ruhebänken ausgestattet und umfassend renoviert, hat der Besucher Zeit und Muße in sich zu gehen. „Pentling ist eine schöne Anlage. Wir haben bisher nur positive Rückmeldungen. Mit der Art der Gestaltung gibt es auch Widersprüche. Persönlich ist es sehr wichtig, dass jeder Mensch anders, individuell trauert“ erklärte Kasberger.

Diese Art der Bestattung habe eine Zukunft, führte er weiter aus. Die Natur pflege die Ruhestätten, denn viele Menschen hätten in unserer schnelllebigen Zeit, in nächster Umgebung keine Angehörigen, die sich um die Grabpflege kümmern könnten, hob er hervor.

Im Jahr 2006 hatte er die Trauerwald GmbH gegründet. Schon damals war klar, dass sich die Bestattungskultur im Wandel befinde. Er und Anton Aschenbrenner hätten sich intensiv mit der Thematik beschäftigt, erläuterte der innovative Bestattungsunternehmer aus dem niederbayerischen Untergriesbach. Sein Partner Aschenbrenner war ehemals katholischer Pfarrer.

„Der Mensch entscheidet zu Lebzeiten, wo er ruhen will. Die Individualität ist wichtig. Viele wollen nicht mehr auf einem normalen Gottesacker ruhen“, schloss Kasberger.

Pentlings erste Bürgermeisterin Barbara Wilhelm kam auf Idee, die beiden Unternehmer anzusprechen, als sie und ihr Ehemann Karl-Heinz Wilhelm einen Freund auf seinem letzten Gang auf dem Naturfriedhof Spiegelau begleiteten. Die Strategie, mit dem Verlust eines Menschen umzugehen, ist bei jedem eine Andere. Ihre langjährige Berufserfahrung bei der Kriminalpolizei habe ihr das gezeigt.

In ihr reifte der Entschluss, dass diese Bestattungsform auch am steil abfallenden Hang im Friedhof Pentling möglich sein könnte. „2016 trug ich diese Idee dem Gemeinderat vor, der sie positiv befürwortete“, sagte sie. „Jeder soll in unserer Kommune egal, ob er einer Religion angehört oder nicht eine bleibende Ruhestätte finden. Unser Naturfriedhof bietet den idealen Platz“, schloss sie. Die Auflockerung des Bestattungsgesetzes gibt der Bestattungskultur eine Chance, ihre Jahrhunderte lange Tradition zu verändern, um sich den Wünschen anzupassen. Durch den Zuwachs der Einäscherungsrate in Deutschland können nach der Verbrennung viele Formen gewählt werden, was mit der Asche danach passieren soll. Aschenbrenner sagte über den Hang: „Hoch gehen, um runterzukommen ist hier möglich.“ Den Namen Seelensteig hat er sich vom Naturfriedhof am Lusen ausgeliehen.

Zwischen Leben und Tod

„Der Tod macht nachdenklich. Er macht die Begrenztheit des Erdendaseins erfahrbar. Jeder Mensch muss einmal diesen Weg gehen. In der Ferne rast auf der Autobahn der Verkehr wie das Leben vorbei. Die Bodenhaftung soll immer vorhanden sein. Der Weg zum Ziel mäandert am Hang“, führte Aschenbrenner aus.

Die Hanslberger Musikanten gestalteten die kleine Feier musikalisch. Pfarrer Göldner betonte, dass es Aufgabe der Kirche sei, die Trauerenden zu begleiten. Der zuständige katholische Pfarrer war nicht anwesend. Die telefonische Auskunft lautete laut Aschenbrenner: „Der Friedhof ist bereits gesegnet.“

Der ersten Reaktionen von Besuchern fielen überwiegend positiv aus. Es handle sich um ein gelungenes Projekt, es sei gut, weitere individuelle Bestattungsmöglichkeiten zu haben. Auf der Negativseite wurde eine Zunahme des Verkehrs befürchtet. Eine Besucherin meinte, das Gelände sehe aus wie ein Kinderspielplatz.

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