Bildung
Schüler kamen barfuß zum Unterricht

Drei Seniorinnen berichteten in Bernhardswald und Pettendorf über Schule und Alltagsleben in früheren Zeiten.

05.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:50 Uhr
Ralf Strasser
Strenge Mienen auf harten Schulbänken: Eine Klasse vor den Kriegsjahren −Foto: Archiv/Markt Lappersdorf

Mit der Gehhilfe auf Zeitreise. Das ist nicht flapsig gemeint, sondern ein Ausdruck voller Respekt und Achtung. Und gerade mit diesem Respekt wurden die Senioren Anna Graf, Elisabeth Biro und Clothilde Trepnau in den Schulen von Bernhardswald und Pettenreuth empfangen. Für alle Drei war es ein Blick in eine lang zurückliegende Zeit. Für Anna Graf etwa war es eine Reise in ihre Schulzeit in Pettenreuth. Und das ist schon eine Weile her, wie sie mit einem Lächeln anmerkt. 97 Geburtstage hat sie schon feiern dürfen, sie lebt in einer modernen Welt und blickt dennoch gerne zurück, in eine Zeit, die für Schülerinnen wie Graf, Biro oder Trepnau nicht immer leicht war.

Gestern und heute, Schule und Alltagsleben früher, das war das Thema, das der Seniorenbeauftragte der Gemeinde Bernhardwald, Albert Schiegl, bei den Damen und bei den Schülern vorschlug und das mit Begeisterung von Schulleiterin Gertraud Deißler angenommen wurde. Also gingen die drei Seniorinnen „back to the roots“, wie es neuzeitlich heißt, zurück in die Klassenräume – und erzählten, wie es denn so war, damals vor gefühlten 100 Jahren. „Wir mussten uns mit wenig begnügen“, sagte Anna Graf und zusammen mit Elisabeth Biro und Clothilde Trepnau plauderte sie über den Alltag, von erzwungenen Fastentagen ohne Fleisch, die Butter wurde noch zuhause im Butterfass gemacht, sie erinnerte an Kirchgänge mit strenger Geschlechtertrennung, eine Welt ohne Handys, Telefon oder Fernseher. Bei der Feuerwehr durften nur Männer aktiv sein und der Supermarkt hieß noch Kramerladen, von denen es in jedem Ort einige gab.

Holzscheitl selber mitgebracht

Wie war es in der Schule? „Hattet ihr es warm?“, fragte Mirjam. „Eigentlich schon“, meinte Graf, „aber wir mussten unser Holzscheitl selber mitbringen und den Ofen damit befeuern.“ Coole Sache, meinte Andreas, der sich schon mal vorstellen konnte, damals zur Schule gegangen zu sein. Nur das mit dem langen Schulweg zu Fuß fanden auch Laura und Moritz nicht so pfiffig, ebenso wenig, wie das mit dem Ast vom Haselnussstrauch. Damit gab’s schon mal auf die Finger, wenn man nicht aufpasste oder nicht gerade saß. Die Klassenleiterin der 3b, Doreen Baderschneider, schüttelte lächelnd den Kopf, „Disziplin kann man auch anders lernen.“ Dass viele Schüler barfuß zum Unterricht erschienen, verwunderte Maya. Gab’s keine Schuhgeschäfte? „Schon, aber Schuhe waren teuer, für einige Eltern wenig erschwinglich.“ Dafür waren Holzschuhe recht beliebt, allerdings weniger bei den Kindern, wegen der kalten Füße.

Und so wurde aus der Stunde Unterricht tatsächlich ein Film, der sich bei der Jugend als Kopfkino abspielte. Als Regisseurinnen fungierten die drei Seniorinnen. Jonas erfuhr, dass die Schultasche nicht aus leichten Kunststoff war, dafür aber nur die Schiefertafel, den Griffel dazu, ein Tintenfass und eine Schreibfeder enthielt. Mehr hat es damals nicht gebraucht.

Das Brot war einige Wochen alt

Louis, Lukas und Nikolas bekamen große Augen, als die Zeitzeugen erzählten, dass man Brot selber backte und noch Wochen später in der Schule als Pausenbrot aß. „Ein wenig hart, aber das ging schon.“ Immer wieder gingen die Finger der Jungs und Mädels nach oben, sie fragten nach, staunten und schüttelten den Kopf.

Nein, romantisch war die Zeit nicht, und nur wenige konnten sich vorstellen, in dieser Zeit zu leben, in der man mit dem Waschbrett die Wäsche schrubben musste und beim Unterricht nicht zappeln durfte, wie Anna und David anmerkten. Dass die Tafel Schokolade nur zehn Pfennig gekostet hat, hellte die Mienen wieder etwas auf. Das Fazit: Er hat Spaß gemacht, der Blick zurück, für die Senioren und für die Kinder. Und gut, dass es heute klimatisierte Klassenräume gibt, auch wenn dadurch das „Hitzefrei“ ausfällt. Und noch eine Erkenntnis: Schule mach doch Spaß.