Trauer
Der letzte Glaubensgruß des Altbischofs

Den Glauben in Liebe verkünden – und am Ende mit Gottvertrauen loslassen. Die Beerdigung Manfred Müllers enthielt viele Botschaften.

28.05.2015 | Stand 16.09.2023, 7:03 Uhr
Letztes Geleit für den Altbischof – auch vom Präfekten der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller. −Foto: altrofoto.de

Alles war bis ins Details genau so, wie es Manfred Müller für seine Beerdigung geplant hatte – inklusive der nicht zu langen Predigt, die er sich von seinem Freund, dem Münchner Kardinal Friedrich Wetter, gewünscht hatte. Und auch das, was der Regensburger Altbischof nur erhoffen konnte, traf ein: 1300 Gläubige strömten in dem Dom, um von ihm Abschied zu nehmen. Die Kathedrale war bis auf den letzten Platz gefüllt. „Und das an einem Donnerstagnachmittag“, flüsterte ein Besucher.

Kirchliche Verbände aus dem ganzen Bistum hatten Fahnenabordnungen geschickt. Auch weit über 100 Priester aus dem ganzen Bistum waren zur Trauerfeier angereist. Ranghöchster Kirchenrepräsentant war der Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller – früher selbst Bischof in Regensburg. Sozialministerin Emilia Müller vertrat die Staatsregierung, Landtagspräsidentin Barbara Stamm das Parlament. „Er war mein Lieblingsbischof“, hatte sie bereits beim Bekanntwerden der Todesnachricht vor einer Woche gesagt.

Die Trauerfeier steckte voller letzter Botschaften des Altbischofs. Kardinal Wetter bezeichnete auch sein Sterben als ein Zeichen. Manfred Müller habe auf seine Todesstunde gewartet, im Vertrauen darauf, dass der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang sei. „Diese letzten Jahre des Loslassens und des Hinübergehens zum Herrn waren zugleich die letzte Predigt, die er uns gehalten hat“, sagte er. „Eine Predigt ohne Worte, gelebt im gläubigen Gehen zu Gott in die Ewigkeit.“

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Müller war am 20. Mai im Alter von 88 Jahren friedlich eingeschlafen – in Mallersdorf, wo er sich nach seiner Emeritierung im Jahr 2002 zurückgezogen hatte. Nach einem Schlaganfall hatten seine Kräfte zunehmend nachgelassen. Müller war 20 Jahre lang Oberhirte des Bistums Regensburg gewesen. Sein Bischofsmotto lautete: „Die Wahrheit in Liebe verkünden.“

Totenkopf als Grabbeigabe

Wetter bezog sich in seiner Predigt darauf. „Diesen Wahlspruch hinterlässt er uns als Erbe.“ Auch Papst Franziskus habe in seinem Schreiben über die „Freude des Evangeliums“ ins Gedächtnis gerufen, dass die liturgische Verkündigung des Wortes Gottes nie nur ein Augenblick der Erbauung und Katechese sein könne, „sondern ein Gespräch Gottes mit seinem Volk“ sein müsse.

Der mit Rosen und Margeriten geschmückte Sarg des Altbischofs war bei der Trauerfeier im Mittelschiff aufgebahrt. Oben auf dem Deckel war seine Bischofsmütze platziert. Müller hatte sich einen schlichten Sarg gewünscht – auch das hatte er zuvor festgelegt. Ebenso, dass die Kollekte der Trauerfeier für die Bischof-Manfred-Müller-Schule verwendet werden soll, eine Einrichtung die er als Bischof und auch persönlich nach Kräften gefördert hatte. Der „Schmetterlingschor“ der Schule sang für ihn am Donnerstag das Lied vom „Guten Hirten“ –mit Zeilen, die am gleichen Tag schon in der Traueranzeige abgedruckt waren: „Wie ein gute Hirte, der die Seinen liebt und an seinem Herzen ihnen Heimat gibt. So bist Du für uns.“

Die Domspatzen hatten als besonderes Stück „Stern, auf den ich schaue“ ausgewählt. Ein Lied, das der der Chor zuletzt 2014 in der Hauskapelle des Mallersdorfer Altersheims für Müller gesungen hatte. Für die Trauerfeier unterbrachen sie die Pfingstferien. 100 Sänger waren aus ganz Bayern zusammengeströmt und hatten am Vorabend noch zwei Stunden lang geprobt. Unter ihnen: Andreas Rauh aus Straubing, der 1992 von Müller in St. Cäcilia gefirmt worden war. „Ein sehr, sehr herzlicher, liebenswürdiger Mann. Der beliebteste Bischof an den man sich erinnert“, sagt der 34-Jährige.

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Beerdigt wurde Müller von Bischof Rudolf Voderholzer in der Gruft der Kathedrale,dort wo schon drei weitere Bischöfe ihre letzte Ruhestätte fanden, drei Domherren und ein Domprediger. Bis 18 Uhr war die Krypta danach für die Gläubigen geöffnet. Sie konnten einen letzten Blick auf den Sarg werfen, bevor die Grablege am Abend zugemauert wurde. Ungewöhnliche Grabbeigabe – aber ebenfalls von Müller gewünscht – war ein Totenkopf. Das Relikt aus Ausgrabungen in Augsburg stand früher auf dem Schreibtisch des Altbischofs.

Gulaschsuppe für Alle

Nach dem Requiem gab‘s für alle Trauergäste auf dem Domplatz Gulaschsuppe – auch das folgte Müllers Choreographie, war mit Brief vom November 2012 sogar schriftlich fixiert. „Um der Feier einen menschenfreundlichen Ausklang zu geben“ und im Gedenken „an gute gemeinsame Jahre“, ist in dem Schreiben nachzulesen. Für die Kosten hatte er vorab eine Summe bereit gestellt. Das Süppchen war am Vormittag vom Team um Norbert Ippisch gekocht worden – er ist Küchenchef in der Labora, der Integrationsfirma der Katholischen Jugendfürsorge im Bistum Regensburg. 450 Liter Suppe wurden in zwei Riesen-Kesseln zubereitet, insgesamt 1000 Portionen. „Es schmeckt hervorragend“, sagte Marianne Gleißner aus Waldershof bei Tirschenreuth. „Eine einmalige Sache“, freute sich Johann Stoffel aus der Pfarrei Wolkering, der bei dem gut zweistündigen Gottesdienst die Fahne der Marianischen Männerkongregation getragen hatte. Auch der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken, Albert Schmid, würdigte die Idee. „Er war ein volksnaher Mann“, sagte er über den Altbischof. Das Feiern vor dem Dom aber habe ein Anderer erfunden: „Gerhard Ludwig Müller.“