Immobilien
Die Grundstückspreise explodieren

Die Preise von Arealen für den Wohnungsbau in Regensburg stiegen um 24 Prozent. Normalverdiener kommen kaum mehr zum Zug.

29.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:28 Uhr

Das Westenviertel, hier das Areal am Benediktusweg, zählt zu den besten Wohnlagen in Regensburg. Foto: Tino Lex

Die Preise für baureife Grundstücke in Regensburg, die für Wohnbau geeignet sind, haben zwischen Ende 2014 und Ende 2016 noch rasanter zugelegt als in den zwei Jahren zuvor. Sie stiegen um 24 Prozent, von im Durchschnitt 483 Euro pro Quadratmeter auf 600, während der Zuwachs zwischen 2012 und 2014 bei 16 Prozent lag, sagt Erwin Fruth, Vorsitzender des Gutachterausschusses für Grundstückswerte. Das Bodenrichtwert-Gutachten, das die Stadt kürzlich veröffentlichte, gibt für einige Straßen im Inneren Westen, der als sehr gute Wohnlage gilt, zum Stichtag 31. Dezember einen Wert von 1600 Euro pro Quadratmeter für baureife Wohnbauflächen an.

Für Flächen in Spitzenlagen in der Altstadt stellten die Gutachter sogar einen Grundstückswert von 3400 Euro pro Quadratmeter fest, beispielsweise am Fischmarkt. In bebauten Gebieten ermitteln die Experten den Wert, der sich ergäbe, wenn die Grundstücke unbebaut wären.

Der Gutachterausschuss leitet den Bodenrichtwert aus Kaufpreisen ab. „Wir werten um die 2000 Urkunden im Jahr aus“, sagt Vorsitzender Fruth. Zum 31. Dezember Ende 2014 lagen die Spitzenwerte im Westen noch bei 1250 Euro pro Quadratmeter und bei 1750 Euro in der Altstadt. In guten Lagen wie diesen stiegen die Bodenrichtwerte im Schnitt am stärksten, um 27,9 Prozent von 754 auf 964 Euro pro Quadratmeter. In mittleren Lagen kletterten sie um gut 22 Prozent, von 412 auf 503 Euro pro Quadratmeter, in einfachen um 17,3 Prozent, von 283 auf 332 Euro pro Quadratmeter.

Investoren-Interesse wuchs stark

Die Preise stiegen in den vergangenen Jahren vor allem, weil die Niedrigzinsphase anhielt, wie Prof. Dr. Sven Bienert, Geschäftsführer des Instituts für Immobilienwirtschaft (IREBS) an der Universität Regensburg, sagt. Viele Geldanlagen werfen kaum noch Rendite ab, das Interesse von Investoren an Betongold habe deshalb „noch mal deutlich an Fahrt zugelegt“. Bienert bewertet die Preissteigerung von Wohnbauflächen als „sehr hoch“. „In den vergangenen zehn Jahren betrug die jährliche Steigerungsrate durchschnittlich circa acht bis zehn Prozent in stadtnahen Lagen.“

Auf die Preise für Wohnungen wirkt sich das besonders stark aus: Die Werte von Grundstücken für den Geschosswohnungsbau seien teilweise fast doppelt so stark gestiegen wie die für Einfamilienhaus-Grundstücke, sagt Bienert. In Regensburger Spitzenlagen zahlten Bauträger bereits einen Bodenwertanteil von bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter. Da er 30 bis 35 Prozent der Realisierungskosten ausmache, sei er „klar der wesentliche Preistreiber“. Und in den besonders teuren Vierteln kommen fast ausschließlich Bauträger zum Zug, Privatleute können sich dort in der Regel keine Grundstücke leisten.

Das bestätigt der Regensburger Architekt Stephan Fabi, der sich auf Einfamilienhäuser spezialisiert hat. „Die Preise sind so gestiegen, dass der durchschnittliche Normalverdiener fast keine Chance hat, ein Grundstück zu erwerben.“ Bauplätze für Privatleute in nennenswerten Umfang gibt es nur in Burgweinting-Harting. Dort vergibt die Stadt Flächen, allerdings ist die Nachfrage viel höher als das Angebot. Stadtsprecherin Dagmar Obermeier-Kundel zufolge haben sich schon 86 Interessenten für die etwa 30 Parzellen in Burgweinting gemeldet, die frühestens Ende 2017 vergeben werden, und 51 für die circa 30 Parzellen in Harting, die ab Ende 2018 auf den Markt kommen, 39 für beide Gebiete. Die verhinderten Bauherren weichen oft in den Landkreis aus. Denn auch für ältere Häuser werden zum Teil „unglaubliche Preise“ aufgerufen, sagt Fabi. Kürzlich habe er gesehen, dass ein mehr als 20 Jahre altes Doppelhaus mit 155 Quadratmetern Wohnfläche im Stadtwesten für 950 000 Euro angeboten wurde.

Die Genossenschaften kämpfen

Zu schaffen machen die Grundstückspreise auch den in Regensburg aktiven Genossenschaften.Mehrere haben Neubaupläne, doch bei den Preisen, die Investoren für Grundstücke zahlen, können sie nicht mithalten.Für gute Lagen in Regensburg gelte: „Da brauchen Sie definitiv eine Miete, bei der man nicht mehr von bezahlbarem Wohnraum sprechen kann“, sagt Markus Leberkern, Vorstand der Wohnbau St. Wolfgang, mit gut 880 Wohnungen die größte der Regensburger Genossenschaften. „Bezahlbar“ sind für Leberkern Kaltmieten von weniger als zehn Euro pro Quadratmeter. Solche Mieten seien jedoch nur möglich, wenn die Baugrundstücke nicht mehr als 500, 600 Euro pro Quadratmeter kosten – das sei die „absolute Grenze“. Bei 500 Euro pro Quadratmeter für Wohnbauflächen liegt der Richtwert etwa im Kasernenviertel, im Gebiet um den Westteil der Bajuwarenstraße. Leberkern hofft, dass die Genossenschaften bald „mit ein paar 1000 Quadratmetern“ auf demGelände der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne, das die Stadt dem Bund abkaufen will, bedacht werden.

Trotz der starken Grundstückspreis-Steigerungen herrschen hier noch keine Münchner Verhältnisse, sagt Immobilienexperte Bienert. In der Landeshauptstadt sei der Anstieg 2016 noch deutlicher ausgefallen. In Regensburg sieht Bienert bei den Grundstückspreisen nicht mehr viel Luft nach oben: „Die Preissteigerungen der vergangenen Jahre erwarten wir in dieser Form für die Zukunft nicht mehr – allerdings auch keine massiven Korrekturen nach unten.“

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