Leben
Dörnberg-Viertel ist ein teures Pflaster

Wohnungen kosten bis 5000 Euro pro Quadratmeter, die Häuser 6000. Das Interesse ist groß. Kritiker spricht von Überteuerung.

07.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:55 Uhr
Im Sommer wird das Versorgungszentrum für das neue Wohngebiet zwischen Kumpfmühler Brücke und Ladehofstraße gebaut. Durchgesetzt hat sich der Entwurf des Münchner Büros Allmann Sattler Wappner mit großen Fenstern und Stahlstützen. −Foto: Animation: Allmann, Sattler, Wappner Architekten GmbH

Im Inneren Westen entsteht ein neues Stadtviertel, das Dörnberg-Quartier. 2700 Menschen werden dort einmal leben. Es wird ein teures Pflaster.

Bunt beklebte Schaufenster in der Regensburger Kumpfmühlerstraße kündigen seit kurzem den Verkaufsstart für das Dörnberg-Viertel an. Die Worte „Bald hier! Showroom. Ab Frühjahr 2016“ springen dem Passanten ins Auge. Im März wird das Büro eröffnen. Martin Bucher, einer der beiden Geschäftsführer der Dörnberg-Viertel Projekt GmbH, sagt auf MZ-Anfrage, 1300 Kauf-Interessenten hätten sich bereits vormerken lassen.

Viele Menschen warten also auf den Baubeginn. Die detaillierten Preise verrät Bucher noch nicht.

1,2 Millionen für das Stadthaus

Ruft man die im Schaufenster genannte Telefonnummer an, meldet sich eine Immobilienverkäuferin, die zumindest den Preisrahmen kennt. Die Wohnungen, die über eineinhalb bis fünf Zimmer verfügen, kosten demnach 4000 bis 5000 Euro pro Quadratmeter. Noch mehr müssen Käufer für die Stadthäuser hinlegen: 6000 Euro pro Quadratmeter. Die Townhouses werden also zwischen 840 000 und 1,2 Millionen Euro kosten.

Im Sommer 2016 werden auf der größten Brache der Stadt die Bagger anrollen. Als erste Bauabschnitte entstehen das Dörnberg-Forum, ein Versorgungszentrum mit Läden, Büros, Hotel und Praxen an der Kumpfmühler Brücke, und der „Georgenhof“ mit 300 Wohnungen. Spezialfirmen haben das Gelände von Schutt und Altlasten befreit. Nur die Archäologen im Auftrag des Landesamts für Denkmalschutz, die Überreste des größten Römerfriedhofs von Castra Regina aus dem zweiten Jahrhundert gefunden haben, werden ihre Grabungen nochmals aufnehmen. Den Baustart wird das nicht blockieren.

Beim Architektenwettbewerb für das Dörnberg-Forum sind zwei Beste prämiert worden. Kürzlich hat sich der Bauherr, die Dörnberg-Viertel Projekt GmbH, für den Entwurf des Münchener Büros Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH entschieden. Dieser Vorschlag habe am meisten überzeugt, erklärte Martin Bucher gegenüber der MZ. Drei Kriterien zählte er auf: den städtebaulichen Aspekt, die funktionale Eignung und die Architektur.

Die Bauweise mit viel Glas und Stahl verleiht den mächtigen Gebäuden Eleganz. Einladend wirkt der großzügige Platz davor. Das Dörnberg-Forum bildet einen interessanten Kontrast zum MZ-Verlagshaus auf der gegenüberliegenden Seite der Kumpfmühler Brücke. „Er ist sehr geschickt gemacht“, beurteilt Planungsreferentin Christine Schimpfermann den Entwurf. Forum und MZ-Gebäude bildeten zusammen das Tor zur Altstadt. Die Studentenwohnungen mit dem Italiener im Erdgeschoss ergänzten das gut. Das Biomarktgebäude dagegen schreie nach einer Aufwertung.

„Ich würde mich nie dafür interessieren“

Michael Kroll von der Wohnungsbaugenossenschaft Nabau sieht das Dörnberg-Quartier wegen der hohen Preise kritisch. „Ich würde mich als Privatmensch nie dafür interessieren. Es ist überteuert.“ Für den 54-Jährigen ist es „eigentlich ein Skandal“, dass der frühere Besitzer, die Bahn, „öffentliches Eigentum meistbietend veräußert hat“. Er ergänzte: „Der Staat hätte das Gelände zum Beispiel in Erbpacht vergeben können und somit die sozialen Belange des Wohnens von vornherein berücksichtigen können, statt im Nachhinein überteuerten Wohnraum durch Maßnahmen wie das Wohngeld zu subventionieren.“

Kroll hat zusammen mit Frau und Kind drei Jahre lang eine Stadtwohnung gesucht und vor kurzem eine in der Wöhrdstraße gemietet. „Weit weg von der Gentrifizierung“, sagte er. Der Fachmann bedauert es, dass die Stadt nur ein kommunales Wohnungsbauunternehmen hat. Die Stadtbau sei eine gute Einrichtung für sozial Schwächere und bei großer Dringlichkeit. Für weitere Aspekte wie generationenübergreifendes Wohnen oder lebendige Quartiere seien zusätzliche kommunale oder genossenschaftlich organisierte Wohnungsunternehmen nötig.

Die Verkehrsanbindung des neuen Quartiers wird die Stadt noch lange beschäftigen. Referentin Schimpfermann hat sich für einen nahenBahnhaltepunkt an der Nordseite bei der künftigen Klenzebrücke starkgemacht, doch die DB-Netz lehnte ab.

Jetzt strebt Schimpfermann einen Bahnhaltepunkt in der Kirchmeierstraße neben der Tankstelle an, also wesentlich weiter entfernt. Die geplante Klenzebrücke zwischen Kirchmeier- und Dechbettener Straße, über die ein Gutteil des Verkehrs aus dem Viertel abfließen soll, wird frühestens ab 2018 gebaut. Dann sind aber die ersten 300 Wohnungen schon bezogen – und die Autos stauen sich.

Im Anschluss an das Gespräch mit der MZ äußerte sich NaBau-Vorstand Michael Kroll auch ausführlich bei Facebook zur Wohnsituation in Regensburg:

Entzieht euch!Entzieht euch der Gentrifizierung …Eigentlich habe ich frei und zudem einen heftigen viralen Infekt....

Posted by Michael Kroll on Donnerstag, 7. Januar 2016

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