Tiere
Exotische Spinne sorgt für Wirbel

Eine Frau vermutet ein hochgiftiges Tier in ihrer Küche. Neben der Feuerwehr rückt auch ein Schädlingsbekämpfer an.

12.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:29 Uhr
Sebastian Böhm

Spinnen wie diese hochgiftige südamerikanische Bananenspinne können über Obst nach Europa gelangen. Ob es sich im Regensburger Fall um solch ein Tier handelt, ist unklar. Foto: Imago

In Natascha Hubes kleinem Zweizimmerapartment steht der Fernseher knapp einen Meter vor der Couch, direkt daneben ist die Stereoanlage positioniert, auf ihr stapeln sich die DVDs. Die 45-Jährige nutzt neben der Schlafecke eigentlich nur diese Stelle in der Wohnung. Der Grund: eine vielleicht hochgiftige Spinne, die mit Früchten wie Bananen zu uns nach Deutschland gelangen kann.

„Ich habe mir diese Insel in der Wohnung geschaffen. Ansonsten herrscht hier das Chaos, bis der Schädlingsbekämpfer seine Arbeit beendet hat“, sagt sie. Ihre nervenaufreibende Geschichte begann am 30. Dezember mit einem Supermarkt-Einkauf im Stadtwesten. Hube holte sich zwei lose Bananen und eine Box mit Physalis. Sie öffnete die Verpackung, aß die Hälfte der orangefarbenen Früchte und ging schlafen.

Böse Überraschung um Mitternacht

Als sie um Mitternacht in der Küche etwas zu trinken holen wollte, traute sie ihren Augen nicht. Eine Spinne saß neben der Physalis-Packung auf einem ihrer Schneidebretter. So ein Exemplar hatte sie noch nie gesehen. „Sie war honigfarben, hatte im Durchmesser eine Größe von dreieinhalb bis vier Zentimeter. Die Beine waren aber noch angewinkelt. Mir war sofort klar: Sie muss weg“, beschreibt Hube. Das Problem: Die Spinne war auch weg, und zwar unauffindbar. Denn bevor sich die 45-Jährige ein genaueres Bild von dem Tier machen konnte, floh es in Richtung Küchenschränke. Trotz ihrer Panik ging die Bürokraft systematisch vor. Sie las, dass die Physalis-Box aus Kolumbien stammt und googelte nach Exemplaren aus dem südamerikanischen Land – in der Hoffnung, genau diese Spinnenart zu entdecken. Als dieser Versuch scheiterte, rief sie die Feuerwehr. Zwei Helfer kamen und stellten die Küche auf den Kopf. Von der Spinne jedoch gab es keine Spur. „Ich habe zu diesem Zeitpunkt nur noch gezittert und geweint“, sagt Hube. Die Männer wussten nicht weiter und fragten ihren Einsatzleiter. Dieser befahl: „Küche absperren.“ Sie verklebten die offene Küchennische mit dicken Plastiktüten. Hube suchte in der Nacht Zuflucht bei ihrer Schwester. Am nächsten Tag wich die Panik der Motivation. „Ich wollte unbedingt Experten befragen und mir Hilfe holen. Aber am Silvestertag? Unmöglich“, erklärt sie.

Am Montag, 2. Januar, startete Hube einen Telefonmarathon. Sie rief alle möglichen Wissenschaftler und vor allem Schädlingsbekämpfer in Deutschland an. Die Antworten, die sie bekam, waren unzureichend bis verstörend. Der eine war sich sicher, dass seine Methoden, wie das Aufgasen, bei Spinnen nicht helfen, der andere fand, dass seine Zunft in Deutschland für solche Aufgaben überhaupt nicht ausgerüstet sei. Ein Schädlingsbekämpfer jedoch machte die Verunsicherung der Regensburgerin komplett. „Er empfahl mir, ein Biotop in meiner Wohnung anzulegen, um so die Spinne anzulocken“, erklärt sie. Hube wusste nicht mehr weiter und wandte sich an Radio Charivari. Sie gab Interviews und startete einen Aufruf, dass sie auf der Suche nach einem Experten sei. Auch die Feuerwehr recherchierte nebenbei fleißig und stellte den Kontakt zu einem Schädlingsbekämpfer her.

Der Kammerjäger kam noch am Montagabend und machte der Spinne mit einem „Sprüh-und Nebelverfahren“ den Garaus. „Er hat mir versprochen, dass die Spinne das nicht überlebt haben kann“, sagt Hube. Endgültig sicher sein kann sich Natascha Hube aber nicht. Denn: Sie hat die Spinne bis jetzt weder lebend noch tot gefunden.

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Die Gefahr ist noch nicht gebannt

Als uns die Regensburgerin ihre Geschichte erzählt, klingelt plötzlich das Telefon. Ihr Schädlingsbekämpfer ist dran. Er möchte den eigentlich am 25. Januar geplanten zweiten Termin vorverlegen. „Es ist ihm wohl zu riskant. Er kommt jetzt schon am 17. Januar“, sagt die 45-Jährige. Die Angst des Fachmanns ist nicht ganz unbegründet. Denn: Es besteht immer noch die Gefahr, dass das Tier ein Weibchen war und vor ihrem wahrscheinlichen Tod noch Eier legen konnte. Das soll beim zweiten Termin ausgeschlossen werden.

Billig geht diese Geschichte für die 45-jährige Regensburgerin sicher nicht aus. Für die beiden Einsätze des Kammerjägers zahlt sie insgesamt rund 720 Euro aus eigener Kasse. Und auch der Alltag ist für Hube seit dem Spinnenfund ein anderer. „Zu Beginn fragte ich mich schon: Wie soll ich denn in dieser Wohnung weiterleben?“, erzählt sie. Direkt nach dem Vorfall hatte sie sich fast gar nicht mehr in die Küche getraut. Von Tag zu Tag wurde es besser. Inzwischen hat sich Hube einen Überprüfungsmodus angeeignet, wenn sie sich zu ihrem Kühlschrank wagt. „Ich checke erst den Lichtschalter, ob da auch wirklich nichts drauf sitzt. Danach scanne ich die Ecken sorgfältig.“

In ihrem Freundeskreis sei der Obstkauf in den letzten Tagen deutlich zurückgegangen, sagt die Regensburgerin. Hube selbst hat sich seit dem 30. Dezember überhaupt keine Früchte mehr angeschafft. Ihr eigentliches Lieblingsobst, die Physalis, wird wohl nie wieder den Weg in Natascha Hubes Wohnung finden. „Ich glaube nicht, dass ich mir noch einmal eine Box kaufe“, erklärt sie.

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