Krankheit
Kaninchen sterben an neuem Virus

Trotz Impfung verenden immer mehr Tiere im Raum Regensburg an RHD. Die Variante RHD-2 ist offensichtlich auf dem Vormarsch.

11.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:48 Uhr
Ein Kaninchen der Rasse Deutscher Riese sitzt in einem Käfig. Der neue, sehr aggressive Virustyp RHD-2 führt auch in der Region Regensburg zu zahlreichen Todesfällen bei Kaninchen. −Foto: dpa

Eine tödliche Kaninchen-Seuche hat Regensburg erreicht. Es handelt sich dabei offenbar um eine neue Variante der Rabbit Haemorrhagic Disease (RHD). Eigentlich gibt es gegen das RHD-Virus einen Impfschutz. Da nun aber eine ganze Reihe geimpfter Tiere verstarb, gehen die Veterinärbehörden davon aus, dass es sich um die Virus-Variante RHD-2 handeln könnte. Innerhalb einer Woche verendeten allein bei der Tierhilfe Kelheim elf Kaninchen mit Verdacht auf RHD-2. Bei der Tierklinik Haslbach meldete sich am Wochenende eine Regensburger Familie, bei der ganz plötzlich vier der fünf Haustiere verstarben. Die Tiere wiesen die entsprechenden RHD-2-Symptome auf.

Das sehr aggressive und gleichzeitig sehr widerstandsfähige Virus wird in erster Linie durch direkten Kontakt übertragen, eine Ansteckung ist jedoch auch durch indirekte Kontakte über Futter, Gerätschaften oder Transportkäfige möglich. Betroffene Patienten leiden unter Atemnot, Fieber und Fressunlust. Im weiteren Krankheitsverlauf komme es zu einer Gerinnungsstörung und bei zehn bis zwanzig Prozent der Tiere zu blutigem Nasenausfluss, beschreibt Dr. Sandra Ranner, Leiterin der Tierklinik Haslbach. In der Regel verenden erkrankte Tiere nach 24 bis 72 Stunden an multiplem Organversagen. Auch Feldhasen sind für die neue RHD-Variante empfänglich. Für den Menschen ist das Virus aber ungefährlich.

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Einmalige Impfung reicht nicht

Dass das RHD-2-Virus nun offenbar im Landkreis aufgetaucht ist, findet Josef Menath vom Kleintierzuchtverein Regensburg Nord erschreckend. Viele Züchter seien bereits durch die Fachpresse alarmiert. Seine eigenen 40 Kaninchen seien auch schon doppelt immunisiert. Menath ist aber überzeugt, dass die Nachricht bei vielen Privatbesitzern noch nicht angekommen ist – und wohl auch noch nicht bei allen Züchtern.

Birgit Krigers arbeitet für die Tierhilfe Kelheim. Sie hat einen Durchlauf von rund 130 nicht mehr gewollten Kaninchen im Jahr, die sie betreut und weitervermittelt. Jetzt herrscht bei ihr Ausnahmezustand. „Seit Donnerstag haben wir elf Kaninchen verloren“, sagt Krigers. „Jeden Tag kommen bis zu drei Tote hinzu.“ Alle Kaninchen seien gegen RHD geimpft, von RHD-2 hatte Krigers bis vor Kurzem noch nie etwas gehört. Nun lässt sie alle Tiere nachimpfen. „Aber wir kommen mit dem Impfen nicht hinterher und die Tierärzte mussten erst den richtigen Impfstoff bestellen.“

Seit drei Wochen sei gleichzeitig die Nachfrage nach Pflegekaninchen stark gestiegen. Weil die Interessenten oft berichten, dass ihre Kaninchen kurz zuvor an ähnlichen Symptomen verstorben seien, geht Krigers von einer hohen Dunkelziffer an RHD-Opfern aus. Um sicherzugehen, dass es sich bei ihren verstorbenen Tieren tatsächlich um die zweite Virus-Variante handelt, lässt sie von der Regensburger Tierärztin Dr. Astrid Patzak bei einem der Tiere eine Leberprobe entnehmen und schickt sie am Dienstag ans Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) nach Greifswald.

Dr. Max Bastian leitet die Geschäftsstelle der ständigen Impfkommission Veterinärmedizin am FLI. Die Virus-Variante sei schon über die ganze Republik verteilt, sagt er. Er rät dazu, Kaninchen ab einem Alter von vier Wochen zweimal im Abstand von jeweils drei Wochen mit einem der beiden konventionellen RHD-Impfstoffe, die in Deutschland verfügbar sind, Cunivak-RHD oder RICA-VACC RHD, zu immunisieren.

Das Virus ist schon überall

„Vor einer Infektion sind die Tiere damit zwar nicht gefeit Sie sollten dadurch aber vor schweren Symptomen geschützt sein und die Virusweitergabe wird verringert“, sagt Bastian. Es gebe aber noch keine Informationen dazu, wie lange der Schutz hält.

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Auch Dr. Robert Fux, Leiter der Abteilung Forschung und Diagnostik am Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen am Lehrstuhl für Virologie der Ludwig-Maximilian-Universität in München, bestätigt den Einzug der Seuche. „Wir diagnostizieren im Moment sehr viele RHD-2-Fälle“, sagt er. „Ob man überhaupt noch von einer Ausbreitung sprechen kann, ist die Frage. Wahrscheinlich ist das Virus schon überall.“ Die zweifache Impfung mit Cunivak helfe zwar. „Aber das ist natürlich eine suboptimale Geschichte“, sagt Fux. „Sie bekommen eine Immunität hin, aber die ist nicht 100-prozentig sicher und vor allem bei Jungtieren absolut unzureichend.“ Der Impfstoff sei auf das klassische Virus ausgeprägt. Die RHD-2-Variante unterscheide sich aber in ungefähr 20 Prozent des Genoms. „Es gibt damit eigentlich bislang nur einen Teilschutz. Eine eigene Impfstoff-Variante für RHD-2 wäre dringend nötig.“

Die Krankheit ist nicht meldepflichtig. Daher hat das Veterinäramt von Tierärzten noch keine Informationen zu RHD-2-Todesfällen erhalten. „Wir haben zwar gehört, dass es im Landkreis mehrere Fälle gibt“, sagt Dr. Reinhold Schoierer vom Veterinäramt Regensburg. „Wir können letztlich aber auch keinen anderen Rat geben, als zu impfen.“ Es sei schwer, einen wirksamen Schutz für die Tiere zu schaffen, da das Virus auch durch Zecken oder Läuse übertragen werde.

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