Gastronomie
„Oma Plüsch“ wird auf die Straße gesetzt

Die Kultkneipe in der Pfarrergasse muss schließen. Das Haus wurde an einen privaten Investor verkauft. Der hat andere Pläne.

27.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:04 Uhr
Sebastian Bäumler
Tom Rötzer mit zwei seiner 14 Bedienungen: Das ganze Team der „Oma“ muss sich nun nach einer neuen Heimat umsehen. −Foto: Bäumler

Urig, kultig, wie daheim – so beschreiben Einheimische, Studenten und Reisende die alte Kultkneipe „Oma Plüsch“ in der Pfarrergasse. Die heimelige Atmosphäre hat aber bald kein Zuhause mehr: Der Besitzer des Hauses stellte den Wirt Tom Rötzer vor vollendete Tatsachen. „Vor drei Wochen habe ich vom Vermieter erfahren, dass wir raus müssen. Das hat mich getroffen wie ein Schlag. Da wir bisher auch keine Alternative gefunden haben sitze ich mit meinen 14 Angestellten wohl nun bald auf der Straße“, erklärt er im MZ-Interview.

Bereits seit 1994 ist er Chef im Lokal – einen Umzug hat er bereits mitmachen müssen – 2004 ging es vom Roten-Lilien-Winkel am Emmeramsplatz, dem heutigen Standort des Lokals „Emma“, in die Pfarrergasse. Der Besitzer hatte Rötzer vor drei Wochen mitgeteilt, dass er seine Lokalität bis spätestens 30. April 2016 verlassen muss, wenn er kein angemessenes Angebot für den Kauf des Hauses abgeben kann. Trotz einer „beachtlichen Summe“ musste Wirt Rötzer aber gegen Konkurrenten wie die Brauereien Bischofshof, Gutmann oder Kneitinger zurückstecken. „Bischofshof und Kneitinger wären sofort damit einverstanden gewesen, dass ich mein Lokal hier weiter betreiben kann – inzwischen ist Bischofshof auf der Suche nach einem neuen Standort.“ Den Zuschlag bekam am Donnerstag der vergangenen Woche allerdings ein bislang geheimer Privatinvestor, der Rötzer aber bereits angekündigt hat, dass seine Kneipe umziehen muss. Bis spätestens 30.4.2016 muss Rötzer nun seine „alte Liebe“ verlassen. „Am liebsten wäre es ihm, dass ich so bald wie möglich hier ausziehe.“

Rötzer ist jetzt dringend auf der Suche nach einem neuen Lokal und fordert potenzielle Vermieter oder Verkäufer auf, sich bei ihm zu melden: „Am besten wäre ein Standort in der Innenstadt, mit kleinem Biergarten und im Bestfall möglichst preiswert. Sollte sich so etwas finden lassen wären unsere Stammgäste, Angestellten und ich sehr dankbar.“

„Eine Sauerei: Wohnzimmer weg!“

„Eine Sauerei. Wir sind empört darüber, dass uns unser Wohnzimmer auf diese Art und Weise weggenommen wird“, so die Meinung der Stammgäste. Die gute Seele der „Oma“, Bedienung Claudia, erzählt: „Für viele hier ist die ,Oma’ wie eine zweite Familie. Die gemütliche und freundliche Atmosphäre ist und war für uns immer bestimmend. Hier haben sich schon viele Freundschaften gebildet – jahrelang treffen sich hier immer wieder dieselben Leute. Bei uns haben sich auch schon Leute gefunden: Vor einigen Jahren haben sich hier zwei Stammgäste näher kennen gelernt – nach einiger Zeit kam die Beziehung und schließlich die Hochzeit. Kurz darauf kam auch schon das Kind – und direkt nach der Geburt kamen die – inzwischen drei – in der ,Oma’ vorbei und ließen alle an ihrem Glück teilhaben.“

Das Konzept der Kultkneipe ist seit deren Eröffnung im Jahre 1971 gleich geblieben: „Preiswert, gut, viel. Auf diese drei Pfeiler ist unsere Kneipe aufgebaut – bereits seit Jahren fahren wir sehr erfolgreich mit diesem Konzept und würden es auch gerne fortführen“, erzählt Wirt Rötzer.

Die Studentenkneipe ist urig eingerichtet: hölzerne Tische, eine altmodische Theke und gedämpftes Licht – diese „leicht spelunkige“ Atmosphäre schafft für die Gäste eine heimelige Atmosphäre und für viele auch ein „zweites Wohnzimmer“. Früher hätten Eltern und Freunde teilweise zuerst in der Oma angerufen, ehe sie bei unseren Stammgästen daheim angerufen haben, blickt Kellnerin Claudia zurück. „In den dreizehn Jahren, die ich hier schon arbeite, haben sich viele Freundschaften gebildet.“ Auf Nachfrage, wie es denn nun weitergehe, stellt sie ganz eindeutig klar: „Ich bleibe beim Tom – egal wie es weitergeht. Wenn er wirklich schließen muss, dann gehe ich auch in Rente – ich werde bei keinen anderen Lokal anfangen; eine solch nette und freundliche Atmosphäre gibt es glaube ich kein zweites Mal in Regensburg.“

„Der unsinnige Donnerstag, unser Weihnachtswahnsinn und die vielen anderen erfolgreichen Veranstaltungen bleiben auf jeden Fall erhalten“, sagt Rötzer, „auch wenn wir hier raus müssen. Bei uns darf man noch den ganzen Tag Karten spielen, bei uns treffen sich alte Freunde bereits seit Jahrzehnten, wir haben unsere eigene musikalische Ausrichtung – wir spielen vor allem Klassiker, die zwar schon etwas älter sind, aber die jeder kennt.“

„Oma“ braucht eine neue Heimat

Die Meinung aller Beteiligten ist einstimmig: „Wir finden es alle schade, dass wir hier raus müssen. Mit etwas Glück findet sich bald eine neue Heimat für mich und unser Team – vorzugsweise in der Innenstadt. Hoffentlich können wir bei einem eventuellen Umzug weiter auf unsere Stammgäste zählen – beim ersten Umzug 2004 haben unsere Gäste uns geholfen unsere Sachen in das neue Zuhause zu bringen. Das war eine große Gemeinschaftsaktion“, fasst Wirt Tom zusammen.

„Wir sind hier auch alle immer per Du, die Oma und ihre Gäste sind allesamt eine große Familie.“ Kellnerin Claudia erklärt: „Die Oma ist eine Familie, eine Heimat, ein zweites Wohnzimmer für unsere Stammgäste. Schade, dass solche Kneipen keinen Rückhalt mehr hier finden.“