Leichtathletik
Philipp Pflieger: „Danke für nichts“

Auf die Streichung aus dem Bundeskader des Leichtathletik-Verbandes reagiert der Regensburger Marathon-Mann mit Sarkasmus.

30.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:19 Uhr

Philipp Pflieger (hier bei seinem Olympia-Auftritt 2016 in Rio) will sich auch ohne Unterstützung des DLV zur Heim-EM nach Berlin kämpfen. Foto: dpa

2017 ist nicht das Jahr des Philipp Pflieger. Im April musste der Regensburger den geplanten Hamburg-Marathon wegen muskulären Problemen absagen, Ende Septemberschaffte er es nach Schwächeanfallen beim Berlin-Marathon nicht ins Ziel.Danach hat sich der Olympia-Teilnehmer von 2016 erstmal eine kleine Auszeit gegönnt. „Ich habe vier Wochen lang keinen Laufschritt gemacht“, erzählt Pflieger, der in den Bergen und auf Fuerteventura neue Kraft tankte für seine Mission Heim-EM in Berlin im August kommenden Jahres.

Auf die Unterstützung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) kann Pflieger künftig nicht mehr setzen. „Nach 10 Jahren DLV-Bundeskader heißt es „Bye Bye“ zu sagen… #nichtmehrgutgenug #wewillsee #thanksfornothing“ postete er auf seiner Facebook-Seite mit einem ordentlichen Schuss Sarkasmus.

„Das kam nicht ganz so überraschend“, kommentiert der 30-Jährige die Botschaft, die ihm Bundestrainerin Kathrin Dörre-Heinig am Telefon mitteilte. Die finanzielle Förderung sei heuer ohnehin schon erbärmlich gewesen, klagt Pflieger. „Die Erwartungshaltung meinerseits an den Verband ging ohnehin gegen Null“, erklärt der Regensburger. 2017 habe er sage und schreibe insgesamt 50 Euro als Kostenzuschuss für Kadertests in Leipzig erhalten. Finanziell sei das also zu verschmerzen, sagt Pflieger mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Das ist die Leistungssportreform: Wir sind halt nicht die, die die Medaillen bringen.“

Philipp Pflieger reagiert mit Sarkasmus:

Auch Orth erwischt es

Mit dem DLV liegt das deutsche Marathon-Ass, das dank eigener Sponsoring-Verträge als Profi unterwegs ist, schon länger im Clinch. Bis der Regensburger im Normen-Wirrwarr das Rio-Ticket in der Tasche hatte, bedurfte es auch anwaltlichen Drucks.

Florian Orth, der als Zahnarzt ebenfalls finanziell unabhängig ist, erfuhr auf der Homepage des DLV davon, dass er 2018 nicht mehr Teil des Bundeskaders sein wird. Der Teamkollege von Pflieger war in Rio einer von zwei deutschen 5000-Meter-Läufern. Im Februar hatte Orth mit einem offenen Brief für Wirbel gesorgt. Der 28-Jährige warf dem DLV Arroganz und schlechte Behandlung vor undsagte seinen Start bei der Hallen-EM ab.Orth, der derzeit im Urlaub weilt, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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Bundestrainer hält dagegen

Nicht nur Kurt Ring, Teamchef der LG Telis Finanz Regensburg, wittert in der Kader-Ausbootung eine kleine Retourkutsche dafür, dass sich die beiden Athleten im Streit um Normen mit dem Verband angelegt hatten. „Pflieger und Orth sind mündige Athleten und deshalb beim DLV weniger erwünscht“, sagt Ring. Beim Verband seien Athleten, die eine eigene Meinung haben, nicht gerne gesehen, kritisiert Pflieger. Thomas Dreißigacker, Bundestrainer Lauf, verweist auf rein sportliche Gründe: „Bei uns geht es nicht um Retourkutschen, sondern um klar definierte Leistungskriterien.“

„Bei uns geht es nicht um Retourkutschen, sondern um klar definierte Leistungskriterien.“Thomas Dreißigacker, Bundestrainer Lauf

Während Orth noch auf einen Anruf wartet, fragen sich Pflieger und Ring, ob der DLV nach der Leistungssport-Strukturreform überhaupt noch was zu sagen hat bei der Zusammensetzung des Bundeskaders. Ring bezeichnet den DLV als zahnlosen Tiger. Als Begründung für sein Aus habe Pflieger seitens des DLV erhalten, dass man sich sehr bemüht habe, aber der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) den Nominierungsvorschlag gestrichen habe. „DLV und DOSB schieben sich ständig gegenseitig den schwarzen Peter zu“, kritisiert Ring fehlende Transparenz bei den Nominierungen. „Keiner weiß, wer die Entscheidungsträger sind“, sagt Pflieger. Auch da widerspricht Dreißigacker: Die Zusammensetzung des Bundesausschuss Leistungssport sei auf der DLV-Homepage transparent nachzulesen. „Der DOSB entscheidet letztlich nicht allein. Vielmehr entscheiden wir in Abstimmung mit dem DOSB nach klaren Kriterien. Aber natürlich wird in Einzelfällen auch kontrovers diskutiert“, erklärt Dreißigacker.

Pflieger nimmt die Ausbootung letztlich gelassen. 2018 will er es sich selbst und dem Verband zeigen, was er drauf hat, und sich wie sein Teamkollege Jonas Koller, der beim Frankfurt-Marathon überzeugt hatte, ein Ticket für den 12. August sichern.

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