Stadtentwicklung
Regensburg wird zur Betten-Hochburg

Am Marina-Quartier hat ein neues Hotel angedockt, jede Menge weiterer Häuser sind in Planung. Die Stadt begrüßt den Trend, die Branche ist skeptisch.

21.11.2013 | Stand 16.09.2023, 7:18 Uhr

Die Unternehmer Peter und Stephanie Birnthaler in einem der Hotelzimmer von Dock 1: Das Haus in der Alten Straubinger Straße richtet sich vor allem an Geschäftsreisende. Foto: altrofoto.de

Regensburgs Übernachtungskapazitäten wachsen. Als jüngste Adresse ist gerade in der Nähe zu Donau und Hafen das Dock 1 vor Anker gegangen. Das 66-Zimmer-Haus richtet sich vor allem an Geschäftsreisende. Das Konzept umreißen die Unternehmer Stephanie und Peter Birnthaler so: Gäste sollen chic und gleichzeitig günstig wohnen, ab 59 Euro die Nacht. Die Hoteliers haben auf die Nachfrage großer Firmen reagiert, und in einem umgebauten ehemaligen Arbeiterwohnheim der Baufirma Riepl, mitten im noch rohen Regensburger Osten, eine stylishe Adresse eröffnet.

Während der Familienverbund Birnthaler/Schmalhofer in der Altstadt mit dem Bischofshof und dem Goliath das gehobene bzw. das Luxus-Segment bedienen, konzentriert sich das Dock 1 auf den Service, der beruflich Reisenden wichtig ist, also: kein Nachtportier, kein Telefonanschluss am Zimmer, aber ein Frühstücksbüfett für sechs Euro, an dem Gäste auch ihren Coffee to go mitnehmen können, Gratis-Parkplätze vor der Tür und Boxspring-Matratzen. „Die Branche“, sagt Birnthaler, „bewegt sich in zwei Richtungen: Luxus- und Low-Budget-Häuser. Dazwischen wird’s künftig kaum noch was geben.“

Eine Million Übernachtungen angepeilt

Das Dock 1 steht in einer Reihe mit einer Vielzahl neuer Regensburger Hotel-Adressen. Gerade hat Oswald Zitzelsberger sein Hotel Jakob eröffnet – das 38-Zimmer-Haus soll 2014 um 18 Zimmer wachsen – und in Planung sind weitere Häuser. Konkret projektiert oder im Gespräch sind Hotels am Stobäusplatz, im neuen Quartier Ladehofstraße (Brückenkopf Kumpfmühl), im künftigen Stadtviertel beim TechCampus (alte Nibelungenkaserne), am neuen Tagungszentrum Alter Schlachthof bzw. im Marina-Quartier, im ehemaligen Südfinanz-Gebäude in der Schwarzen-Bären-Straße, in der Goldenen-Bären-Straße und, auf lange Sicht, beim Regensburger Kultur- und Kongresszentrum. Falls sämtliche Projekte realisiert werden, überschlägt Birnthaler, könnten in den nächsten Jahren an die 2000 neuer Betten in Regensburg entstehen.

Sabine Thiele, Geschäftsführerin der Regensburg Tourismus GmbH, begrüßt die Entwicklung. Weil eine Stadthalle fehlt, betreibt die RTG bisher nur Marketing für das Touristen-Ziel Regensburg. Wenn Tagungsmöglichkeiten am Schlachthof, am TechCampus oder im Businessbereich am neuen Stadion zur Verfügung stehen, werde man auch stark im MICE-Sektor (Meetings, Incentives, Congresses, Events) werben, so Thiele. „Das ist das Potenzial, das wir in den nächsten fünf Jahren angehen wollen.“ Die aktuell rund 5600 Betten in Regensburg wären dann zu wenig. Die Zahl der Übernachtungen in der Welterbestadt steigt pro Jahr im Schnitt um vier Prozent, auf zuletzt 912 000. Die Marke, die die RTG anstrebt, ist eine Million. „Dann wären wir gut satt. Dafür brauchen wir aber rund 1000 Betten mehr.“ Thiele peilt über den Daumen ein Angebot von 6500 Betten an, bei einer Auslastung von 45 Prozent.

Anton Sedlmeier, Leiter des Amts für Stadtentwicklung, sitzt gerade an einem Konzept, das den Bettenbestand erfassen und Zukunftsoptionen entwickeln soll. Sedlmeier geht davon aus, dass Regensburg mehr Hotelkapazität brauchen wird. Mit dem Veranstaltungszentrum im Stadtosten werde ein neues Segment bedient. Für Tagungen würden vor allem größere Häuser, mit rund 120 Zimmern, benötigt, in dem ganze Gruppen unterkommen.

„Das treibt das Preisdumping an“

Die Hotelbranche sieht den Zuwachs skeptisch. „Es gibt einen gewissen Bedarf; aber wir sind nicht im Wunderland“, sagt Peter Birnthaler. Bei Zimmerpreisen ab 59 Euro werde der Preisspielraum eng. Kathrin Fuchshuber (Münchner Hof, Blauer Turm) hat als Sprecherin der Regensburger Hotel-Kooperative Einblick in die Zahlen. „Die Auslastung in Regensburg liegt aktuell bei 42 Prozent übers Jahr“, sagt sie. Damit rangiere Regensburg laut einer Statistik von 2013 hinter Städten wie Ingolstadt, Augsburg, Erlangen und Würzburg.

„In den ersten 180 Tagen 2013 waren wir an neun Tagen ausgebucht, davon fünf oder sechs Tage wegen zweier großer Kongresse, nur drei oder vier Tage“, so die Unternehmerin. Der Schub durch den Schlachthof wird ihrer Meinung nach überschätzt. „Ein Tagungsort für 750 Leute ist nett – aber noch kein Kongresszentrum.“ Fuchshuber verweist auf eine Anfrage für 400 Kongress-Teilnehmer. „Beim Schlachthof hat der Veranstalter abgewunken: Der suchte einen Tagungsort in fußläufiger Nähe zur Altstadt.“

Der Gast hat in Regensburg die Qual der Wahl: Die schätzungsweise 60 bis 70 Häuser bieten eine große Auswahl, vom günstigen Zimmer bis zur Luxus-Suite, vom Traditionshaus mitten in der Welterbestadt bis zur unkomplizierten Übernachtungsmöglichkeit am Stadtrand. Die Übernachtungszahlen steigen: Im Schnitt wuchs die Zahl ab 2006 jedes Jahr um gut vier Prozent. Einzelne Häuser verzeichneten zuletzt allerdings Stagnation oder Minus. Falls die Betten-Zahl in den nächsten Jahren stark steigt, wird es für einige Hoteliers „eng werden“, so die Befürchtung in der Branche. 2014 dürfte der Katholikentag die Statistik retten; der Ironman als Gäste-Bringer gilt als kaum noch wahrscheinlich. Neue Tagungsorte, Stichwort: Schlachthof, könnten nach internen Schätzungen im Schnitt pro Tag 50 Übernachtungsgäste bringen, einen starken Betten-Zuwachs aber kaum ausgleichen.

Die regelmäßige Beteuerung von Touristik-Fachleuten und Stadt-Vertretern, Regensburg brauche mehr Betten, halten Hoteliers für nicht ungefährlich. „Das pusht Investoren und treibt die Preisdumping-Spirale an“, so Fuchshuber. Birnthaler bekräftigt: „Am Ende folgt dem Hotel-Wachsen das Hotel-Schrumpfen.“