Gedenkkultur
Schwerer Abschied vom Vierbeiner

07.04.2013 | Stand 16.09.2023, 7:23 Uhr
Daniel Steffen
Die Feuerbestattung von Haustieren liegt weiter im Trend. In Regensburg kümmert sich das Unternehmen Antares um die Überführung. −Foto: dpa

„Das Tier gewinnt immer mehr an Bedeutung. In vielen Fällen wird es als Teil der Familie betrachtet – und nicht selten ersetzt die Katze oder der Hund einen lieben Mitmenschen“, weiß Nicolas Hilbert aus seiner täglichen Praxis. Er muss es wissen, denn er kümmert sich um alles, wenn es heißt: Abschied nehmen. Abschied nehmen von Bello oder Minki, die den Menschen über viele Jahre als treue Gefährten begleitet haben. Aus genau diesem Grund ist es einigen Menschen zuwider, das verstorbene Haustier in die Hände der Tierkörperverwertung zu geben. Denn in solch einer Anlage werden die Tiere durch den Reißwolf gezogen und auf gut 130 Grad erhitzt, um aus ihnen zum Beispiel Fette für die Seifenherstellung zu gewinnen.

Auch Nicolas Hilbert wollte das nicht, als er sich vor gut zehn Jahren von seinem Haustier trennen musste. Damals war ein bereits bestehendes Tierkrematorium eine Alternative zur Tierverwertung, die für ihn nicht infrage kam. „Da habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und mich als Tierbestatter in Regensburg selbstständig gemacht“, sagt der 35-Jährige. „Ich bin ja Diplom-Betriebswirt und habe schon immer einen eigenen Betrieb führen wollen.“

Kunterbunte Urnen-Vielfalt

Im Jahr 2004 war es dann soweit: Gemeinsam mit anderen Tierbestattern baute er den„Antares“-Bestattungsverbundauf. Sein Büro hatte er bis vor Kurzen noch in der Oberen Regenstraße, nun räumt er gerade die Tierurnen und den Grabschmuck an neuer Adresse ein. Noch werkeln am Theodor-Heuss-Platz 6 fleißig die Handwerker – in ein paar Tagen soll alles fertig sein. Und während mehrere Branchen saisonbedingt noch über Auftragsflauten klagen, herrscht bei Antares schon Hochbetrieb. Der Grund ist simpel: „Wir führen ja vorwiegend Einäscherungen durch. Da es jetzt noch kalt und der Boden gefroren ist, können die Tiere oft nicht beerdigt werden, zumal viele Tierfriedhöfe keine Kleinbagger zur Verfügung haben, bzw. sich diese erst ausleihen müssen.“

„Auch aus preislichen Gründen ziehen mittlerweile viele Menschen eine Einäscherung vor“, sagt Hilbert. Im Schnitt kostet eine Bestattung bei ihm etwa 300 bis 350 Euro –- Urne inklusive. Davon gibt es bei ihm im Büro eine ganze Menge: Ägyptische Pyramiden reihen sich neben handbemalten Marmorkugeln sowie steinernen und bronzenen Gefäßen. Selbst Sphinxen und Airbrush-Designerurnen sind im Angebot. Je nach Auswahl kann die Investition schon ins Geld gehen: So kosten die billigsten Urnen um die 20 Euro, für die teuersten blättert man mehrere Hunderter hin.

Eine gute Auftragslage

Wer den Weg der Feuerbestattung wählt, der hat den Vorteil, dass der Ort, wo die Tierüberreste aufbewahrt werden, variabel ist. „Oft stellen die Kunden die Urnen ins heimische Wohnzimmer, ins Arbeitszimmer oder auch ins Kinderzimmer“, sagt Nicolas Hilbert. Das ist etwa dann der Fall, wenn das verstorbene Tier den Kindern besonders nahe war. Einmal hätten ihm Kunden mitgeteilt, dass sie die Asche ihres Hundes über der Donau verstreut haben. „Meistens bekomme ich aber keine Kenntnis davon, was mit der Asche gemacht wird. Das ist eine Privatangelegenheit – und da frage ich auch nicht nach.“

Im Monat kommt Hilbert auf gut 40 Aufträge, die er zu erfüllen hat. Mal mehr, mal weniger. Das Prozedere geht oft in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt über die Bühne: „Zumeist lassen die Halter die Tiere einschläfern und rufen noch vor dem Arzttermin bei uns an. Dann kommt entweder der Halter mit dem eingeschläferten Tier zu uns oder das Tier muss beim Tierarzt abgeholt werden. Wir kümmern uns dann um die Bestattung.“ Um den Verwesungsprozess zu stoppen und die Anlockung von Ungeziefer zu vermeiden, ist es notwendig, die Tiere in die Kühlung zu geben, weiß Hilbert. Darum hat er auch eine entsprechende Anlage, in der die Tiere bei minus 10 Grad aufbewahrt werden. Ein paar Tage später werden sie ins Krematorium überführt.

Das Krematorium ist gut 250 Kilometer von Regensburg entfernt – in Oedheim bei Heilbronn. Es trägt den metaphorischen Namen Himmelswelt. „Wir sind aber gerade in Verhandlungen, ein bereits bestehendes Tierkrematorium zu übernehmen.“ Wie Hilbert beschreibt, dauert eine Einäscherung für einen etwa 40 Kilo schweren Hund gut 40 Minuten, für eine mittelschwere Katze etwa 30 Minuten.

Schon vor der Einäscherung wird dem Tier ein Stein mit der Einäscherungsnummer beigelegt. Dieser Stein dient als Nachweis, dass der Tierhalter auch wirklich die Asche seines Tiers erhält, da man beim Einäscherungsvorgang nicht in den Kremierungsofen schauen kann: Die Ofentemperaturen von 800 bis 900 Grad lassen das gar nicht erst zu. Wird keine Urne gewünscht, übergibt Hilbert dem Halter die Tierasche in einer Tüte, die mit der Einäscherungsnummer versehen ist. So geschah es auch bei „Jimmy“, einem kürzlich verstorbenen Golden Retriever: Ob seine Halter das Tier nun in ein eigenes Gefäß geben oder die Asche im Freien verstreuen, steht ihnen völlig frei.

Die Alternative: ein Begräbnis

Wer will, der kann seinen Liebling auch einem Tierfriedhof anvertrauen. „Der nächste befindet sich in Laberweinting“, sagt Hilbert. „Wenn der Tierhalter es wünscht, kümmern wir uns um die Formalitäten.“ Er warnt zugleich davor, verstorbene Tiere ohne weiteres im Garten zu vergraben. Mieter sollten „grundsätzlich davon abzusehen“, zumal es sich nicht um ihre eigene Grünfläche handelt. „In Wasserschutzgebieten ist das Begräbnis von Tieren generell verboten. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man vorher in der Kommune um Genehmigung fragt“, erklärt Hilbert.

Egal ob Hund, Katze oder Wellensittich: „Das Tier muss in einer Mindesttiefe von 80 Zentimetern begraben werden, damit Füchse und andere Tiere das tote Haustier nicht ausgraben. Die riechen die Fährte sehr gut.“ Wer die Asche im Garten verstreut, hat es wohl doch einfacher: Hier gibt es keine Einschränkungen, sagt Hilbert mit einem Augenzwinkern.