Einzelhandel
Die Vielfalt bei Öffnungszeiten bleibt

Was die einen als Standortnachteil für die Regensburger Altstadt sehen, ist für andere Notwendigkeit: flexible Zeiten.

24.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:27 Uhr
In den Straßen und Gassen der Altstadt öffnen die kleinen Ladengeschäfte sehr unterschiedlich. −Foto: Archivfoto: xby

Wer zweimal vor einem geschlossenen Laden steht, weil das Geschäft ungewöhnliche Öffnungszeiten hat, geht ein drittes Mal nicht mehr hin, heißt eine alte Einzelhändlerweisheit. In den Straßen und Gassen des Zentrums müssen die Kunden über die Gepflogenheiten ihrer Lieblingsgeschäfte schon gut Bescheid wissen: Denn hier ist Vielfalt angesagt. Die Läden öffnen werktags am Morgen um 9, 9.30, 10 oder gar erst um 11 Uhr und schließen auch wie es gefällt: viele um 18 Uhr, einige früher und wenige halten es wie die Großen und machen erst um 20 Uhr den Laden dicht. Der Samstag ist ohnehin irgendwie Freihandelszone.

„Gemeinsame Öffnungszeiten sind illusorisch.“Leo Kosters, Inhaber der Regensburger Tändlerei

Für die Kunden ist die Vielfalt eher ärgerlich. Und auch einige Geschäftsleute in der Altstadt halten die unterschiedlichen Öffnungszeiten zumindest für problematisch. „Ich bin einmal um halb zehn durch eine menschenleere Altstadt gegangen und kurz darauf durch volle Arcaden“, bemängelt ein Cafébesitzer aus der Altstadt. Für ihn ist klar: Die unangepassten Öffnungszeiten sind ein Standortnachteil für die City, den Einkaufszentren zu nutzen wissen. Dort findet der Kunde in der Regel von 9.30 bis 20 Uhr offene Türen.

Kostenpunkt Personal

„Kernöffnungszeiten haben wir ja eigentlich alle“, sagt Buchhändler Heinrich Altenbuchner. „Ich sperre immer um 9 Uhr auf, obwohl die Stunde von neun bis zehn Uhr umsonst ist, weil noch kein Kunde kommt. Aber ich kann in dieser Zeit ja etwas anderes machen. Und ich sperre um 18 Uhr zu. Länger offen zu haben, bis 19 Uhr, ist für mich nur im August rentabel.“ Altenbuchner beobachtet das Einkaufsverhalten in der Altstadt seit 30 Jahren. „Früher kamen die Leute aus dem Umland, um vormittags zu ihrem Arzt zu gehen oder aufs Amt, und dann haben sie sich noch in den Läden umgesehen. Doch die Ärzte sind in Ärztezentren gezogen und die Ämter befinden sich überwiegend auch nicht mehr in der Altstadt. Also kommen weniger Leute.“

Ausrichtung auf Touristen

Auch die Verkehrsführung sei ein Faktor, der den Einzelhändlern im Zentrum immer wieder geschadet habe. Wenn außer den Touristen wieder mehr Regensburger und Landkreisbürger in die Altstadt kämen, würden sich ausgeweitete Öffnungszeiten besser lohnen, meint Altenbuchner.

„Gemeinsame Öffnungszeiten sind illusorisch. Ohne Touristen könnten die wenigsten der kleinen, inhabergeführten Geschäfte in der Altstadt überleben. Deshalb richten wir unsere Öffnungszeiten auch nach ihnen.“

Einheitliche Öffnungszeiten seitens der Stadt vorzuschreiben sei weder möglich noch zielführend, sagt Alfred Helbrich vom Amt für Wirtschaftsförderung. „Der Handel hat sich an die Lebensgewohnheiten der Menschen anzupassen, und das tut er auch.“Die Stadt gebe den Händlern Handreichungen durch statistische Erhebungen.Eine Erkenntnis sei zum Beispiel, dass die Kundenfrequenz samstags zwischen 18 und 19 Uhr höher sei als unter der gesamten restlichen Woche. „Da befinden sich rund 25 000 Menschen in der Altstadt. Der absolute Spitzenwert liegt unter der Woche bei 23 000.“

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Augsburg sieht keinen Standortnachteil

„9.30 Uhr ist eine normale Öffnungszeit. Und um 18 Uhr oder um halb sieben sollte Schluss sein, damit jeder noch etwas von seiner Familie hat“, sagt die Inhaberin eines Regensburger Bekleidungsgeschäfts. Früher hätte es den langen Donnerstag gegeben, das sei doch eine gute Einrichtung gewesen. Jeden Tag bis 20 Uhr geöffnet – das habe Nachteile, die sich ihrer Ansicht nach gerade im familiären und gesellschaftlichen Leben zeigen. „Alle jammern zum Beispiel, dass es kaum mehr Bälle gibt, aber wer mag denn, wenn er bis 20 Uhr arbeiten muss, dann noch ausgehen?“

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