Schlossfestspiele
Elegant und authentisch bei den Festspielen

Höflichkeit, Dresscode, Smalltalk – Kommunikationstrainerin Sabine Kramp erklärt, wie auch die Gäste im Schloss den perfekten Auftritt hinlegen.

17.07.2014 | Stand 16.09.2023, 7:19 Uhr

Gloria Fürstin von Thurn und Taxis (M) mit ihrer Tochter Prinzessin Maria Theresia und Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei den Schlossfestspielen 2013 Foto: dpa

In den kommenden elf Tagen geben sich internationale Spitzenensembles und -künstler die Klinke auf dem fürstlichen Schloss in die Hand. Wer sich eine der Karten für die Thurn und Taxis Schlossfestspiele gegönnt hat, kann sich auf kulturellen Hochgenuss der Extraklasse freuen. Und auf ein gesellschaftliches Event, das sich gewaschen hat. Vor der eigentlichen Inszenierung inszenieren sich die Gäste auf der Esplanade selbst. Ob aus Respekt vor den Künstlern oder wegen des erlesenen Publikums – bei den Schlossfestspielen wollen auch die Gäste einen perfekten Auftritt hinlegen und sich auf keinen Fall blamieren. „Halb so wild“, sagt Kommunikationstrainerin Sabine Kramp aus Regensburg. Sie erklärt, wie die Gäste auf dem Schloss über das gesellschaftliche Parkett schweben.

Auf dem gesellschaftlichen Podest ist heute Platz für alle

Die Wurzel unserer gesellschaftlichen Umgangsformen liegen in der Renaissance, erklärt Kramp. Weil das schon ziemlich lange her ist, hat sich inzwischen auch Einiges verändert: Bei den Umgangsformen der Renaissance ging es Kramps Angaben zufolge darum, ein Gefälle im gesellschaftlichen Status zu demonstrieren. Die herrschende Klasse schloss die Bürger auf diese Art und Weise aus. „Das ist heute nicht mehr haltbar“, sagt Kramps. Stattdessen helfen gesellschaftliche Umgangsformen, Gleichberechtigung darzustellen. Das gesellschaftliche Podest ist breiter geworden, sagt Kramp. Während der Thurn und Taxis’che Park früher also lediglich den Adeligen vorbehalten war, ist er für die Schlossfestspiele allen Gästen zugänglich, die sich eine Eintrittskarte organisiert haben. Um Höflichkeit zu demonstrieren, ist es heute nicht mehr notwendig, der Begleiterin die Tür aufzuhalten. „Frauen sind heute keine zerbrechlichen Hofdamen mehr, die beschützt werden müssen“, sagt Kramp. Wer diese Geste aber einem älteren Besucher der Schlossfestspiele zukommen lässt, könnte bei der Angebeteten stattdessen ungleich mehr Punkte sammeln. Worauf es beim gesellschaftlichen Auftritt aber hauptsächlich ankommt, ist Kramps Angaben zufolge die Authentizität.

Kleider machen Leute: Das Outfit für die Schlossfestspiele

Wer seinen Kleiderschrank öffnet, um ein Outfit für die Schlossfestspiele zu wählen, der sollte Kramps Ausfassung zufolge drei Fragen im Kopf behalten. Die Antworten auf diese werden ihm die Kleiderwahl erleichtern: „Wo gehe ich hin? Wer ist da? Was möchte ich erreichen?“ Bei den Schlossfestspielen entscheidet zunächst die Art der Darbietung über die Garderobe: Wer eine der begehrten Karten für Elton John ergattert hat, wird sich anders kleiden als ein Premierengast. Die Premiere und die Operngala am letzten Abend hat Kramp als die edelsten Abende der Schlossfestspiele ausgemacht. Das bedeutet für die Damen, dass das kleine Schwarze aus dem Schrank darf. Auch lange Cocktailkleider können hier getragen werden. Männer dagegen greifen an diesen Abenden zum Anzug. Braune Schuhe können inzwischen auch zum dunklen Anzug getragen werden, sagt Kramp: „Aber bitte nicht im ,Used Look’ und immer mit passendem Gürtel.“ Wer noch eines draufsetzten will, der wählt den Smoking – dazu müssen es dann aber auch die Lackschuhe sein. Bei den Abenden mit Elton John, James Blunt oder Nena dagegen darf es auch die Jeans sein. Kramp würde sich hier gegen Glitzer und Pailletten entscheiden: „Schließlich soll ja in erster Linie die Persönlichkeit strahlen.“ Zu edlen Materialien werden die Gäste greifen, die andere beeindrucken wollen. Kramp rät dann aber auch auf eine gepflegte Erscheinung zu achten. Und dazu, zu lächeln: „Denn wer lächelt, fällt auf!“ Auch wenn die Wettervoraussagen wenig Regen für die Schlossfestspiele erwarten lassen, schadet ein zweites paar Schuhe und ein Babour-Regenmantel nicht, sagt Kramp. Die gelben Plastikponchos tun es aber auch. Immerhin sparen sie viel Platz: „Und im Colosseum in Verona werden sie auch noch verkauft“, sagt Kramp.

Keine Angst vor Smalltalk – so lernen wir uns besser kennen

Wer Smalltalk als Spießrutenlauf empfindet, der wird auch keine große Freude an dieser Art der Unterhaltung haben. „Smalltalk dient in erster Linie dazu, dass Menschen sich schneller und leichter kennenlernen“, sagt Kramp. Das wichtigste ist auch hier, sich nicht zu verkrampfen. „Dann ergeben sich diese Gespräche ganz leicht“, sagt sie. Etwa kommen sie in Gang, wenn ein Begleiter gerade noch zwei Gläser Wein organisiert, während der andere sich auf die Suche nach einem freien Platz an einem Bistrotisch macht. „Alleine durch die Frage, ob man sich auch an diesem Tisch niederlassen darf, kann schon eine Unterhaltung entstehen“, sagt Kramp. Bei dieser Art der Unterhaltung punkten beispielsweise Menschen, die mit sich im Reinen sind, ihr Licht aber unter den Scheffel stellen. „Das sind die Charismatiker“, sagt Kramp. Wer aber unsicher ist, der sollte auch dazu stehen, denn das schafft Sympathie: Die fürstliche Kulisse, die feinen Gäste, die kulturelle Darbietung – dass sich jemand davon beeindrucken lässt, ist doch auch ganz normal.

Vermutlich wird jeder froh sein, in dem Getümmel ein vertrautes Gesicht zu erblicken. Dennoch will überlegt sein, wie der Bekannte angesprochen wird. Wirkt er so, als ob er für ein kurzes Händeschütteln im Gespräch unterbrochen werden kann oder genügt ein einfaches Nicken? Generell gilt laut Kramp: „Der Ranghöhere entscheidet, ob die Hand geschüttelt wird.“

Es klingt verlockend, die Unsicherheit mit einem Glas Prosecco an die Wand zu spielen. Wenn aber doch der ein oder andere Tropfen zu viel die Kehle hinunter geflossen ist, dann rät Kramp dazu, schleunigst seine Begleitung zu suchen. Einerseits, um sich dort einzuhaken. Andererseits kann man diesen Menschen ins Vertrauen ziehen und mit der eindringlichen Bitte bedenken, bei verbalen Exzessen zu intervenieren.

Während der Oper: Schlafen ja, Klatschen nicht immer

Wer etwa Premierenkarten für die Schlossfestspiele hat, der hat an diesem Tag auch schon eine anstrengende Arbeitswoche hinter sich. Wenn derjenige dann auch noch hauptsächlich in der Rigoletto-Vorstellung sitzt, um eine Ehekrise zu vermeiden und sich in erster Linie nicht für Verdis Oper interessiert, dann kann es während der vierstündigen Inszenierung schon passieren, das der laue Sommerwind im Schloss ihn ins Land der Träume trägt. „Das ist kein Problem. Das passiert ständig“, sagt Kramp. Die korrekte Entschuldigung für die Begleitung ist dann: „Es tut mir leid, die Musik hat mich derart entspannt, dass ich kurz eingenickt bin.“

Mit dem Applaus zollen die Besucher den Künstlern auf der Bühne ihren Respekt. Aber auch der hat seinen richtigen Zeitpunkt, je nach Konzert. Bei einem Rock- oder Pop-Konzert wie bei Elton John wird laut Kramp nach jedem Song applaudiert, in der Oper dagegen nach dem Akt, beim Symphonie-Konzert erst, wenn Dirigent ein Zeichen setzt. „Also, seien Sie nicht gleich der Erste beim Klatschen in der Oper oder im Symphoniekonzert, richten Sie sich nach den Taktgebern, diese sind bei solch einer Veranstaltung immer präsent“, sagt Kramp.

Kniefall, Knicks und Verbeugung sind auch bei T&T passé

Ein einfaches „Guten Abend, Durchlaucht“ – das ist der perfekte Gruß, sollten die Gäste Fürstin Gloria von Thurn und Taxis begegnen. Immerhin wird sie als Gastgeberin zugegen sein. Kramp rät aber dazu, sich vor der Anrede wie bei jedem anderen Gast auch zu fragen, ob derjenige überhaupt so wirkt, als ob er angesprochen werden will. Sollte es dazu kommen, reicht aber dieser kurze Gruß. Ohne „Frau“ und ohne die Bezeichnung „Gloria von Thurn und Taxis“. Ein Knicks oder eine Verbeugung sind nicht notwendig.