Gastronomie
„Zap“ ist die Mutter aller Diskos

Es heißt, durch diese Pforte sei bestimmt schon jeder Regensburger mal geschritten. 1972 war „es“ der erste Studentenclub.

19.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr
Helmut Wanner

Mehr als tanzen und zusehen: Das Zap-Konzept am Augustinerplatz hat sich in 45 Jahren entwickelt. Archiv-Foto: Lex

Ein bisschen sieht er aus wie Elton John, eine Legende ist auch er. Von Ostermontag auf Dienstag war Ernst Ardelean wieder bis um 4 Uhr früh im Zap. DJ Tom Larusso legte Classic Rock auf. In diesem Jahr wird Ardelean senior 70. Nicht weniger seiner Altersgenossen gehen ab 20 Uhr nicht mehr aus dem Haus. Aber für Ernst Ardelean ist das Zap, seine Musik und seine Menschen, eine wahre Freude.

„Freude wirkt lebensverlängernd“, ist der pensionierte Kartograph an der Uni Regensburg, Fachbereich Geografie, überzeugt. 1993 hat er sich sein Lebenselixier teuer vom Duo Fuchs/Kremser gekauft. Rudi Röhrl, Boss des mächtigen Abbacher Sechziger-Fanclubs, hatte ihm den Tipp gegeben. „Du Ernst, des Zap wär zum Kaffa“, sagte der Stammgast und Gelegenheits-DJ zum Chef des Tanzcafés Ardelean. 450 000 Mark hat er für den 1972 als Studentenclub eröffneten Vergnügungskeller am Augustinerplatz hingelegt. Hier ist somit die erste und älteste Diskothek der Stadt.

„Ich hätte gerne einen Eskimo Flip“

Der verstorbene Restaurantbesitzer Chailerd Toperngpong hat hier das Geld für sein „Banthai“ zusammengetragen. Der kleine Thailänder strahlte eine ungeheure Autorität aus, wenn er sich mit seinem Tablett voller Getränke, das er über dem Kopf balancierte, durch die dicht gedrängte Menge kämpfte. Dann baute er sich vor dem Gast auf und fragte eindringlich nach dem Getränkewunsch: Keiner traute sich ohne gefülltes Glas rumstehen – und wenn es auch nur ein „Eskimo Flip“ war, ein Glas Mineralwasser mit Eiswürfel für 2,90 Mark. Vom ursprünglichen Stammpersonal ist noch Edo dabei. Samstag für Samstag präsentiert der 50-Jährige als „Edo-I-Legend“ („Edo, ich, die Legende“) unter dem Motto „Crossing all over“ seine unnachahmliche Mischung. Er nennt sie „gnadenlose Musik aus fünf Jahrzehnten“. Er hat sich zu diesem Superlativ bekannt, weil er nicht mehr anschauen will, wie sich in Deutschland mittlerweile jeder Depp eine Legende nennt. „Ich habe nachgeschaut. In Bayern dürfte ich der dienstälteste DJ sein.“ Damit ist Edo in der Tat eine Legende. Seit 1991 legt der 1,90-Meter-Mann im ehemaligen Bierkeller der Augustinerbrauerei auf und arbeitet dabei noch händisch mit Tonträgern. Leben muss er nicht davon. „Das ist mein Hobby“, sagt der Akademiker. „Andere spielen Golf oder Tennis. Mich fasziniert die Musik.“ Er spielt sie und spielt dabei mit den Emotionen. Bei seiner Arbeit versteckt er sich hinter den CD-Türmen und freut sich am Aufschrei, wenn er wieder einmal den Geschmack seines speziellen Abendpublikums erraten hat. Und wenn es mitsingt, ist er happy. Die Zap-Gemeinde ist eine Mitmach-Community.

„Ich habe nachgeschaut. In Bayern dürfte ich der dienstälteste DJ sein.“Edo

Der Name Zap entstand aus einem eindeutig zweideutigen Wortspiel. „Zap Zarap“ ist russisch, klingt wie ein Versprechen und bedeutet kurz „hin und weg“ oder „etwas, was man sich mit spitzen Krallen schnell greift“, zitiert der geschäftsführende Gesellschafter der Betreiber GmbH das Ergebnis der Google-Suche. Er selbst ist nicht von dieser schnellen Art. Über 40 Jahre ist er mit seiner Rosi verheiratet. Sein Sohn Rainer, der die Geschäfte führt, stärkt sich bis zum 28. April an den Stränden Thailands für die anstrengenden Geburtstagsfeierlichkeiten, die am 3. Mai beginnen und alle um die Zahlen 4 und 5 kreisen. Rainer Ardelean und das Zap werden oder sind 45 Jahre alt.

Das Zap ist ein Phänomen: Es gibt nach fast 50 Jahren immer noch die sogenannte Zap-Musik, das sogenannte Zap-Publikum und ein Zap-Konzept, das Jung und Alt vereint. „Ich seh immer wieder Väter, die mit ihren Söhnen, und Mütter, die mit ihren Töchtern kommen.“ Edo meint, das könne man nicht einfach am Reißbrett erfinden. „Das Zap hat eine Entwicklung hingelegt.“ Und das Ergebnis ist lebensfähig bis heute.

Es gibt eine Konkurrenz, die ist riesengroß. Aber keine Disco in Regensburg hat 45 Jahre am selben Ort durchgehalten. „Ein DJ darf sein Publikum nicht zu seinem Musikgeschmack bekehren wollen“, das ist Edos Credo.

Es gibt eine Konkurrenz, die ist riesengroß. Aber keine Disco in Regensburg hat 45 Jahre am selben Ort durchgehalten.

Selbstironisch umschreibt er die Musik-Mischung im Zap als „Mantafahrer-Musik“, also den Rock der 70er und 80er Jahre. The Climax Blues Band („Couldn’t get it right“), Melissa Etheridge’s „Like the way I do“ oder „Ride like the wind“ von Christopher Cross stehen dafür. Edo mischt das Beste draus. „Ich bring die Peaks aus fünf Jahrzehnten“. Der Inhaber der gemütlichen Schüler- und Studentenkneipe Sax rechnet sich als Stärke an, dass er die Wünsche der Gäste sehen und schmecken kann. Die absoluten Stimmungsbringer sind Titel wie „Ham kummst“ von Seiler und Speer.

Die wahren Helden im Zap

Darauf fahren alle ab, ob Zufallspublikum oder Stammgast: Einer kommt jeden Freitag und Samstag um 23 Uhr, setzt sich an die Theke und bestellt sein Weizen. Wenn er einmal nicht kommen kann, ruft er vorher an. Das sind seine wahren Helden – und nicht der Sänger Carl Sentance (Nazareth), die Fußballer Tobi Schweinsteiger, Hansi Dorfner oder die Prinzessin Maria Theresia von Thurn und Taxis.

Ernst Ardelean hat sich ein paar Namen auf einen Rechnungsblock von Jägermeister notiert: Junghans Stephan (Mahatma), Marina, Andy, Jackson, Strebi, Bruno, Tomtom und Kare. Mahatma hat eine Spritzguss-Fabrik, Marina bedient auf dem Oktoberfest und beim Glöckl auf der Dult, bei seiner Cousine Inge Glöckl. Die Mutter der Glöcklin war eine Schwester von Ernst Ardeleans Vater.

Die Ardeleans sind ein einflussreicher Clan. Sie stammen aus Hermannstadt in Siebenbürgen. Dorthin, zu den Wurzeln, fahren die sieben Ardelean-Cousins und Cousinen kommende Woche, um sich innerlich zu stärken.

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