Gastronomie
Auch wer nicht isst, muss zahlen

Immer mehr Menschen lassen einen Restaurantbesuch spontan ausfallen. Ein Regensburger Wirt geht jetzt auf Nummer sicher.

23.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:46 Uhr
Wenn reservierte Tische leerbleiben – hier eine nachgestellte Aufnahme aus dem „Kreutzer’s“, kommt das Gastronomen teuer zu stehen. −Foto: . Foto: Ried

Matthias Kreutzers Reservierungs-Rechner schlägt regelmäßig Alarm: Immer dann, wenn jemand dreimal in seinem Restaurant im Ostenviertel einen Tisch buchte, aber dreimal nicht kam, ohne abzusagen. Und dem Signal seines Computers wird der Gastronom jetzt auch Taten folgen lassen: Seit März fragt er bei einer Online-Reservierung auch die Kreditkartennummer der potenziellen Gäste ab – und informiert sie darüber, dass er sich bei unangekündigtem Nichterscheinen vorbehält, 20 Euro pro Person abzurechnen.

Unter dem Trend, der Kreutzer zu dieser Maßnahme veranlasst hat, leiden Restaurantchefs weltweit. Auch hierzulande fühlt sich eine zunehmende Zahl an Gästen an Tischreservierungen nicht gebunden – die Zahl der „No Shows“, wie sie die Betroffenen nennen, steigt. „Das ist in den vergangenen Jahren mehr geworden“, sagt auch Michael Scharff, Kreisvorsitzender des Regensburger Hotel- und Gaststättenverbandes.

Gastronomen verschärfen die Regeln

In Metropolen in anderen Ländern ist üblich, dass Lokale die No Shows zur Kasse bitten. „In New York ist das ganz normal“, sagt Anton Schmaus vom Regensburger Sternerestaurant Storstad. „In Stockholm ist das auch so.“ Nun machen auch in Deutschland immer wieder Gastronomen von sich reden, die die Regeln verschärfen.

In Regensburg ist Kreutzer, der auf französisch geprägte Küche und Steaks und Fisch vom Holzkohlengrill setzt, der Pionier. „In den vergangenen drei, vier Jahren hat es um 30, 40 Prozent zugenommen“, berichtet er über sein Problem mit den No Shows. Er betont: Es gehe um eine kleine Minderheit – die aber komme ihm teuer zu stehen. „Vielleicht 20 Personen“ fehlten ihm in der Woche in seinem „Kreutzer’s Restaurant“ mit Platz für bis zu 100 Esser. Rechnet er die Zahl hoch, kommt er auf „zwischen 35 000 und 50 000 Euro Umsatzausfall“ im Jahr. Dazu entstehen Personalkosten, die er sich hätte sparen können. „Den Kellner, der für diese Tische vorgesehen war, muss ich trotzdem bezahlen.“

Sage jemand mittags ab, könne er die Plätze gut nachbesetzen. Kurzfristig gelingt Kreutzer dies gerade bei Reservierungen für 19.30 Uhr meist nicht; bei ihm in der Prinz-Ludwig-Straße im Stadtosten kommen wenige Gäste spontan vorbei. Restaurants in solchen Lagen hätten besonders mit den unzuverlässigen Gästen zu kämpfen, sagt Scharff vom Hotel- und Gaststättenverband –besonders solche der gehobenen Kategorie, in denen die Vorbestellung gängig ist.

Sternekoch Anton Schmaus hält Gäste, die ohne Absage fernbleiben, für „ein großes Problem für die Gastronomie“. Er setzt auf vorbeugende Maßnahmen. „Wir umgehen das Thema, indem wir doppelt bestätigen.“ Bei jeder Abendreservierung nimmt seine Frau telefonisch Kontakt mit den Gästen auf, das schafft Verbindlichkeit, aus Schmaus’ Sicht derzeit mit zufriedenstellendem Erfolg. „Wir haben im Monat vielleicht zwei No Shows“, erzählt er. Doch eine zusätzliche Absicherung über die Kreditkartennummer zieht er durchaus in Erwägung: „Wenn das mehr Sternelokale einführen, mache ich das auch.“

Anderen Gästen umsonst abgesagt

Antonio Marchese, seit 37 Jahren mit seinem italienischen Restaurant Ninoverso in Kumpfmühl ansässig, sieht dagegen keinen Anlass für schärfere Regeln. Konstant blieben bei ihm drei- oder viermal im Jahr bestellte Tische ganz frei, etwas öfter kommen Gruppen kleiner als angekündigt. Ja, das sei ärgerlich, auch weil er dann vielleicht Stammgästen umsonst abgesagt habe – aber zu verkraften. „Das ist, wie wenn Sie 100 Essen kochen und 99 sagen, ,es ist lecker‘, und einer findet es nur okay.“

Scharffs Einschätzung lautet: Insgesamt seien die Schwierigkeiten der Branche in der Stadt mit No Shows „nicht so groß“. Viele Innenstadt-Lokale hätten viel Laufkundschaft, zudem sei die Top-Gastronomie nicht so stark vertreten wie in Metropolen.

Nancy Großmann, Restaurantleiterin im Lessing, das in der Martin-Luther-Straße gehobene deutsch-französische Küche serviert, hält die Regensburger zudem für besonders anständig. Sie kam Anfang März aus Berlin hierher und wurde positiv überrascht: Hier sagten deutlich mehr Gäste rechtzeitig ab, wenn sie es nicht an den freigehaltenen Tisch schafften. „Das wird ernst genommen und gewissenhaft behandelt.“

Weitere Nachrichten aus Regensburg lesen Sie hier!

Aktuelles aus der Region und der Welt gibt es auch über WhatsApp direkt auf das Smartphone:www.mittelbayerische.de/whatsapp