Menschen
Die Datzers zum 95: „Danke, Anke!“

Am Montag kam das CSU-Quartett. Die Vierlinge riefen vorher an: „Sie hat geholfen, dass wir jetzt das sind, was wir sind.“

27.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Helmut Wanner
Die Datzer-Vierlinge bei ihrer Volljährigkeit vor elf Jahren: Sebastian, Nikolaus, Benjamin und der erstgeborene Johannes (von links) mit ihrer Wohltäterin Hildegard Anke. −Foto: Archiv/altrofoto.de

Man sieht manches erst, wenn man mit den Leuten redet. Mit diesem Spruch erklärt Hildegard Anke, wie sie auf die Idee kam, „Essen auf Rädern“ in Regensburg einzuführen. Sie hatte als CSU-Stadträtin eine Dame besucht und während des Gesprächs einfach mal gefragt, was die denn heute zu Mittag esse. „Einen Kaffee und eine Semmel, hatte die Frau gesagt, und da hab ich mir gedacht, das kann doch nicht sein!“

„Den ersten Glas-Container in Regensburg habe ich aufstellen lassen.“Hildegard Anke

Hildegard Anke ist am Sonntag 95 Jahre alt geworden. Die CSU-Fraktion gratulierte am Montag ihrem einstigen Stimmen-Magneten. Vor 63 Jahren trat Anke in die CSU ein, 30 Jahre saß sie für die Christsozialen im Stadtrat, ab ihrem 69. Geburtstag arbeitete sie als Sozialbürgermeisterin der Stadt – zwei Perioden lang und ehrenamtlich. Und noch heute hält sie Sprechstunden im Fraktionsbüro im Sinz-Haus. In St. Kassian liest sie aus der Heiligen Schrift. Und das ist noch nicht alles.

Hildegard Anke ist die Nummer 1

Wir müssen zu den Menschen gehen, um zu erfahren, wie es um sie steht. Das war Hildegard Ankes Leitsatz. Die Jubilarin ist damit auf der Höhe der Zeit. Sie riet dem CSU-Fraktionsvorstand unter Hermann Vanino, Ohren und Augen für die sozialen Nöte ihrer Mitbürger weit aufzumachen. Dieser Rat kam von einer 95-jährigen Sozialpolitikerin, die immer noch die Nummer 1 in der Beliebtheits- und Bekanntheitsskala der Regensburger Politiker wäre, wenn man sie denn auf eine entsprechende Liste setzen würde.

Man war versucht, sich die Augen zu reiben, als man sie im Altstadt-Garten ihres Sohnes Eberhard (68) inmitten der kleinen Gratulantenschar stehen sah. Kerzengerade, Herrin der Lage, kräftige Stimme. „Seit wann leben Sie denn schon bei ihrem Sohn“, trat Vanino beiläufig ins Fettnäpfchen. „Nein, ich lebe immer noch am Viereimerplatz“, korrigierte Anke. Ihr Sohn habe ihr nur den Garten bereitgestellt – für den Empfang der Fraktion.

Hildegard Anke bittet zu Tisch. Es gibt Kaffee und Prinzregenten-Torte. Der Ex-OBAG-Koch und Konditor Dieter Haas, den sie schon 55 Jahre kennt, hat sie für sie gebacken. Eberhard und Elke, ihre Kinder, haben mit Partner die Bewirtung übernommen. Während die Partei-Granden die Schokoladen-Köstlichkeit genießen, beweist Anke, dass sie sich nicht nur sozial engagiert hat, sondern auch ökologisch. „Den ersten Glas-Container in Regensburg habe ich aufstellen lassen.“ Hans Renter nennt sie „die erste Grüne“.

Selbstloser Einsatz für Mütter

Die Datzer-Vierlinge hätten heute auch schon angerufen, sagt Hildegard Anke. Sie hat zu Sebastian, Nikolaus, Benjamin und Johannes (alle 29) ein Verhältnis wie eine Oma zu ihren eigenen Enkeln. „Sie hat sehr viel geholfen, dass wir jetzt das sind, was wir heute sind“, bestätigt der Erstgeborene, Johannes Datzer. Zwei arbeiten bei BMW, einer bei der Sparkasse. Johannes ist Musiker und betreibt einen Veranstaltungsservice.

Ob Studentenmütter oder Senioren: Sehr viele Menschen in Regensburg haben von Hildegard Ankes Hilfe profitiert. Doch das Beispiel der Datzer-Vierlinge beleuchtet am besten den Unterschied, den Hildegard Anke in der Politik macht. Sie war damals erst bloße CSU-Stadträtin, als das Polizistenehepaar Datzer zu ihr in die Sprechstunde kam. Die beiden hatten zuvor beim Sozialbürgermeister der CSU vorgesprochen. Das Gespräch war freundlich, aber ohne Ergebnis.

Doch Hildegard Anke war sofort klar, was es für eine Erstgebärende bedeutet, vier Kinder in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der Guericke-Straße aufzuziehen. Hildegard Anke organisierte eine beispielslose Datzer-Vierlings-Kampagne. Sponsoren sprangen an. Am Ende sah sich die Familie sogar in einem Eigenheim wieder. Ihr verstorbener Mann Werner, damals bei der Sparkasse, hatte das Grundstück in Harting besorgt.

Bis zur ihrer Volljährigkeit hielt Hildegard Anke die schützende Hand über die vier Datzer-Söhne. Wenn die Stadt Regensburg heute um 14 Uhr Hildegard Anke mit einem Empfang ehrt, stehen die Datzers auf der Gästeliste –stellvertretend für Viele.