Abschied
Englische Fräulein verlassen die Stadt

Mitte 2018 schließt der Damenkonvent in Regensburg. Schwester Dolores Kroiß übernimmt die schwere Aufgabe der Auflösung.

01.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Angelika Lukesch
Die Tür zum Konvent wird sich nächstes Jahr endgültig schließen. Schwester Dolores hat noch viel Arbeit vor sich. −Foto: Lukesch

Schwester Dolores Kroiß erwartet die Reporterin am Eingang des Konvents der Congregatio Jesu, in Regensburg besser bekannt als „Die Englischen“. Vor 113 Jahren hatte hier die Grundsteinlegung für das Konventgebäude stattgefunden. Nach 114 Jahren, „spätestens im Sommer 2018“, sagt Schwester Dolores, werden die letzten Englischen Fräulein diesen Ort verlassen. Ein kleines Stück Regensburg wird damit sterben.

Schwester Dolores ist die Oberin des Konvents, der momentan noch elf Schwestern umfasst. Fünf davon sind über 80, drei benötigen einen Rollator. Die jüngste Schwester Christa hat die 60 ebenfalls schon überschritten und ist als einzige noch im Schulbetrieb der St.-Marien-Schulen (Gymnasium und Realschule) als Pastoralreferentin tätig. Es war seinerzeit den Englischen Fräulein zu verdanken, dass in Regensburg eine weitere Schule für Mädchen, eine so genannte Töchterschule, gegründet wurde, die Schülerinnen vom 6. bis zum 16. Lebensjahr unterrichtete. Die Mädchen, die dort zur Schule gingen, konnten im Bedarfsfall auch im damit verbundenen Internat wohnen.

Seit damals sorgten sich die Schwestern der Congregatio Jesu um das Wohl und Wehe von Abertausenden Schülerinnen. Die Nachwuchssorgen beim Orden machten jedoch auch den Englischen Fräulein schwer zu schaffen. Die Zahl der Schwestern, die im Regensburger Konvent lebten (in den besten Zeiten um die sechzig Schwestern) und in den St.-Marien -Schulen unterrichteten, wurde im Laufe der Jahre immer kleiner. „Schon 1993 war absehbar, dass die Schwestern die Schule aufgrund des Nachwuchsmangels nicht mehr halten konnten. Groß war die Erleichterung und Freude, dass das Bistum bereit war, die gesamte Liegenschaft zu erwerben, und dass die Schulstiftung der Diözese Regensburg die Trägerschaft beider Schulen (Realschule und Gymnasium, Anm. der Redaktion) übernahm“, schreibt die Provinzialoberin Schwester Sabine Adam. Es war also auch abzusehen, dass auch der Regensburger Konvent von einer Schließung betroffen sein würde.

Die Schließung ist ihre Aufgabe

Vor einem Jahr erst kam Schwester Dolores Kroiß aus Bad Reichenhall, wo sie mit Unterbrechungen 22 Jahre gewirkt hatte, nach Regensburg und übernahm die Leitung des Konvents. „Ich wusste, dass die Schließung des Konvents meine Aufgabe sein würde“, sagt Schwester Dolores im Besprechungsraum, der von hohen Wänden und einem Holzkreuz an der weißen Wand dominiert wird. Es ist still in dem großen Gebäude, auch wenn von draußen die aufgeregten Stimmen der Schülerinnen hereindringen, die gerade eben ihr Zwischenzeugnis erhalten haben. Schwester Dolores wirkt gefasst, konzentriert und in sich ruhend. „Ich gehe als letzte von Bord“, stellt sie unumstößlich fest.

Traurig stimmt sie ihre Aufgabe nicht, denn „die Not der einzelnen ist wichtiger“, sagt sie. Sie denkt dabei an ihre Mitschwestern, die der intensiven Pflege bedürfen, die Schwierigkeiten mit all den Treppen haben und für die es eine Katastrophe ist, wenn, wie dies im Zuge der derzeit laufenden Bauarbeiten an den St.-Marien-Schulen bisweilen der Fall ist, der Aufzug streikt. Schwester Dolores sieht die großen Vorteile, die es für ihre älteren und pflegebedürftigen Mitschwestern bringt, wenn sie in ein Pflegeheim des Ordens wechseln können. „Wir werden hier nicht verdrängt, wir wechseln nur den Ort, nicht die Gemeinschaft“, sagt Schwester Dolores gefasst. „Jede einzelne Schwester wurde befragt, wo sie hingehen will.“ Auch für die älteren Schwestern sei der Umzug in ein Pflegeheim oder an eine neue Wirkungsstätte nicht so gravierend, wie dies möglicherweise für eine andere alte Person in derselben Lage sein könnte. Die Schwestern des Regensburger Konvents gehen zwar von Regensburg weg und kommen an andere Orte, jedoch finden sie sich immer in der Gemeinschaft ihres Ordens wieder. Die Pflegeheime des Ordens sind außerdem immer an Schulen angegliedert und, wie zum Beispiel in München, direkt mitten im pulsierenden Leben, am Marienplatz.

Dass sie als allerletzte geht, ist für sie selbstverständlich. Sie hat schon einen abwechslungsreichen Weg als Schwester der Congregatio Jesu hinter sich. An mehreren Orten hatte sie die Funktion der Oberin inne, von Beruf ist sie Lehrerin für Hauswirtschaft. Ihre Stationen waren Landau in der Pfalz, Bad Reichenhall, Berg am Laim, München-Pasing, München Nymphenburg und jetzt Regensburg.

Der Abschied braucht Zeit

Bis zur endgültigen Auflösung des Konvents gibt es für sie noch sehr viel zu tun. Es braucht Zeit, für die einzelnen Schwestern die gewünschten Plätze zu finden und das Inventar muss abgegeben, die Zimmer leer geräumt werden. Zeit ist auch nötig, um sich zu verabschieden und Mut für den neuen Lebensabschnitt zu sammeln. Schwester Dolores erinnert sich gern zurück und dabei kommt ihr auch ein Lächeln auf die Lippen: „Ich bin immer gern in die fünften Klassen gegangen und habe den Mädchen von Maria Ward, unserer Ordensgründerin, erzählt. Das hat mir sehr viel Freude gemacht.“ Wo es sie nach der Auflösung des Regensburger Konvents hin verschlägt, weiß sie nicht. „Ich habe gesagt, ich gehe dorthin, wo man mich braucht“, sagt Schwester Dolores. Was sie jedoch sicher weiß, ist, dass ein Leben als Schwester der Congregatio Jesu das einzige richtige für sie war. „Es war für mich der richtige Weg.“

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