Afrika
Oromo wollen ihre Kultur bewahren

Die Menschen aus Äthiopien leiden unter Menschenrechtsverletzungen. Rund 100 haben im Raum Regensburg Zuflucht gefunden.

03.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:44 Uhr
Angelika Lukesch
Oromo-Frauen bereiteten Kaffee für die Gäste des Abends. −Foto: Fotos: Lukesch

Rund 100 Flüchtlinge aus Äthiopien leben zurzeit im Landkreis Regensburg. Viele davon gehören der Volksgruppe der Oromo an. In Äthiopien werden die Oromo verfolgt und müssen brutale Menschenrechtsverletzungen ertragen. Viele fliehen daher und nehmen den weiten Weg bis nach Europa in Kauf, um sich in Sicherheit zu bringen.

Felleke Bahiru Kum, ein Oromo, der schon seit acht Jahren in Deutschland lebt und der „Union der Oromo Studenten in Deutschland“ (UOSG) angehört, führte durch einen Abend, in dem die Oromo sich, ihre Sprache, ihre Kultur und die Not in ihrer Heimat präsentierten. Auch diente die Veranstaltung, die vom Evangelischen Bildungswerk unterstützt wurde, der Aufklärung darüber, warum Oromo aus ihrem Heimatland fliehen (müssen).

Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer kam zusammen mit rund 70 Menschen ins Alumneum, um sich im Rahmen dieses Abends über die Oromo zu informieren. Die im Landkreis lebenden Oromo selbst kamen zum Teil in ihrer landestypischen Tracht, rösteten und kochten Kaffee, zeigten Tänze und boten den Gästen landestypische Gerichte an. Die UOSG ist eine ideelle Organisation, die das Ziel hat, alle in Deutschland lebenden Oromo (unter anderem Flüchtlinge, Studenten und Arbeiter) zusammen zu bringen, um die menschenverachtenden Repressalien der verschiedenen äthiopischen Regierungen öffentlich bloßzustellen und um Missstände aufzuzeigen. Auch will die UOSG die Geschichte, Sprache und Kultur der Oromo bewahren. Außerdem unterstützt diese Vereinigung die Forderung nach dem Recht des Oromo-Volkes auf Selbstbestimmung.

Die Ureinwohner Ostafrikas

Die Oromo sind Ureinwohner Ostafrikas und gehören zu den kuschitischen Völkern. Sie sind die größte Nation Ostafrikas und die zweitgrößte auf dem afrikanischen Kontinent. Ihr Land Oromia ist über 600000 Quadratkilometer groß und liegt am Horn von Afrika. Es gibt 30 bis 40 Millionen Oromo (Schätzung von 2013). Sie sind Anhänger der Oromo-Religion Waaqeffanna oder des Christentums und des Islam.

Oromia sei, sagte Felleke Bahiru Kum, die fruchtbarste Region in Äthiopien (80 Prozent der Volkswirtschaft). Die Oromo hätten bis vor 120 Jahren unabhängig mit ihrer eigenen Sprache und ihrer Kultur gelebt. Die Gesellschaftsordnung war durch das demokratische Gadaa-System geprägt. Die „Berliner Konferenz zur Aufteilung Afrikas“ (1884/85) beendete diese Unabhängigkeit. Es entstanden politische Gebilde, die von Abessiniern (Volksgruppe der Amhara und Tigres) geprägt wurden. Die politischen Grenzen am Horn von Afrika wurden neu festgesetzt. Die abessinischen Eroberer seien von rivalisierenden europäischen Mächten unterstützt worden. Es wurde Krieg gegen die Völker des Südens und auch gegen Oromia geführt. Das Land wurde erobert.

Seit dieser Zeit setzen die nachfolgenden Regierungen die Unterdrückung der Oromo fort. Seit 1928 gibt es im Oromo-Land Aufstände gegen die abessinischen Eroberer. 1973 wurde die „Oromo Liberation Front“ (OLF) gegründet. Seit 1974 führt die OLF den bewaffneten Kampf gegen die äthiopischen Regierungen. 1991 wurde die Militärdiktatur gestürzt und eine Übergangsregierung unter Beteiligung der drei Widerstandsbewegungen OLF, Eritrean Liberation Front (EPLF) und Tigrary Liberation Front (TPLF) gebildet. Doch seit 1992 beansprucht die TPLF (mit Anhängern der Ethiopia Peoples Revolutionary Democratic Front, kurz EPRDF) die politische Macht allein für sich. Die Opposition (auch die OLF) wird mit Waffengewalt ausgeschaltet. Die Folge: zurzeit geschehen massive Menschenrechtsverletzungen gegen die Oromo. Jede Art von politischer Opposition wird unterdrückt. Der bloße Verdacht auf Mitgliedschaft oder Sympathie wird brutal verfolgt, es wird außergerichtlich inhaftiert, gefoltert und ermordet.

Nicht alle werden anerkannt

Felleke Bahiru Kum zeigte Videos von Menschenrechtsverletzungen, die keinen im Saal unberührt ließen. Ob ein Oromo in Deutschland als Flüchtling anerkannt werde oder nicht, hänge zu einem großen Teil davon ab, wie er sich verständlich machen und seine Geschichte von Verfolgung glaubhaft machen könne. Deutschland spreche mittlerweile im internationalen Kontext in Zusammenhang mit den Oromo von „Menschenrechtsverletzungen“, so dass oromische Flüchtlinge hier Asyl erhalten könnten. Oftmals jedoch, sagte Kum, seien sprachliche Schwierigkeiten die Ursache dafür, dass ein Oromo-Flüchtling in Deutschland keine Anerkennung und damit auch keine Sicherheit finde.