Tourismus
Wer im Regensburger Dom das Sagen hat

Der Freistaat hat als Eigentümer der Kathedrale nichts gegen Privat-Führungen. Trotzdem verbietet die Diözese die Rundgänge.

02.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:50 Uhr
Auf einem Schild im Eingangsbereich des Doms ist festgehalten, was in St. Peter verboten ist. Privatführungen gehören auch dazu. −Foto: Lex

Die Regel ist klar auf einem großen Schild im Eingangsbereich festgeschrieben: „Führungen im Dom sind nur durch beauftragte Führer des Domkapitels gestattet.“ Aber ist das auch zulässig? Wo hört überhaupt vertrautes Fachsimpeln unter Freunden auf und wo fängt eine Führung an? Und darf die Aufsicht Besuchern im Zweifelsfall tatsächlich ein Redeverbot erteilen? Diese Fragen sorgten in der vergangenen Woche für viel Aufregung, nachdem eine Domaufsichteinem Regensburger Ehepaar untersagthatte, ihre Bekannten durch die Kathedrale zu führen.

Normalerweise ist der Fall klar: Meist gehört das Gotteshaus der Kirche. Sie hat das Hausrecht und kann bestimmen, was in dem Gebäude passiert. In Regensburg ist die Sache etwas diffiziler: Es ist das einzige Bistum in Bayern, das in seiner zentralen Kathedrale nur Gastrechte genießt. Der Dom gehört dem Freistaat.

„Dieser Dom wird vom Steuerzahler finanziert. Noch Fragen? Wenn die Würde des Ortes gewahrt und niemand belästigt wird, hat die Domaufsicht nichts zu beanstanden“, schrieb ein Leser in einem der zahlreichen Kommentare, die unsere Zeitung infolge der Berichterstattung über das Redeverbot erreichten. Also haben wir beim Besitzer noch einmal genau nachgefragt – im Kultusministerium.

Guten Morgen! In #Regensburg sorgt eine private Führung durch den Dom für Ärger. Das ist nämlich nicht erlaubt.

Posted by Mittelbayerische on Dienstag, 22. März 2016

„Für eine Darstellung im Familienkreis wird ihnen aus unserer Warte niemand das Recht nehmen können“, sagt Dr. Ludwig Unger, Leiter der Pressestelle des Kultusministeriums. „Dafür, dass jemand im privaten Kreis – in einem nichtkommerziellen Rahmen – Erklärungen abgibt, ohne dabei Gläubige zu stören, lässt sich kein Verbot ableiten.“ Oft sei für die Domaufsicht aber nicht klar erkennbar, ob es sich um eine private Führung handelt. „Um Missverständnisse zu vermeiden, raten wir daher dazu, auf die Aufsichten zuzugehen und im Vorfeld einer privaten Führung Transparenz herzustellen.“

Was hat die Domaufsicht zu melden?

Wenn allerdings ständig Gruppen durch den Dom laufen, könne die Menge störend wirken. „Dann ist es nachvollziehbar, dass man versucht, das einzuschränken, indem man nur noch offizielle Führungen zulässt.“

Der Dom sei kein Museum, in dem Kunst gesammelt wird, um sie Menschen zugänglich zu machen. Der König von Bayern hat im frühen 19. Jahrhundert der Diözese Regensburg das Gebäude mit einem Widmungsvermerk anvertraut. Es gibt also eine bestimmte Zwecksetzung: die Nutzung zur öffentlichen Religionsausübung. Mit diesem Widmungsvermerk ist auch das Hausrecht übertragen worden. „Der Freistaat ist der Rechtsnachfolger und wir halten uns an das, was damals vereinbart wurde“, sagt Unger. „Als Eigentümer kann der Freistaat zwar eventuell eine außerkirchliche Nutzung des Doms untersagen. Eine Führung einsetzen oder sie nicht zulassen, weil sie die Gläubigen stört, gehört aber zum Hausrecht.“

Das Hausrecht geht aber noch weiter. „Es beinhaltet, dass die Diözese da weitestgehend Handlungsfreiheit hat“, sagt Wolfgang Schlachter, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Sie könne den Dom auch nur für Gottesdienste öffnen. „Und wenn die Aufsicht das Gefühl hat, dass zu viele Gespräche die Andacht stören, kann sie das unterbinden.“

Es sei jederzeit möglich, im kleinen Kreis einige Erläuterungen zu geben, sagteHagen Horoba, Leiter des in Regensburg für Domführungen zuständigen Infozentrums Domplatz 5in der vergangenen Woche. „Wenn die Domaufsichten aber das Gefühl haben, dass jemand ständig längere Erklärungen abgibt, sind sie angewiesen, das zu unterbinden.“ Prinzipiell seien Privatführungen verboten. Das sei in keinem Museum anders, sagte Horoba – und liegt damit falsch.

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„Den Museen wird es selbst überlassen, wie sie damit umgehen“, sagt eine Sprecherin des Internationalen Museumsrats (ICOM) auf Nachfrage unserer Zeitung. „Es gibt unsererseits keinen Leitfaden, der Privatführungen in Museen verbietet.“ Und die Regensburger Museen lassen jedenfalls auch gerne solche Führungen zu. „Grundsätzlich haben wir das nicht reguliert“, sagt Gabriela Kašková, Sprecherin des Kunstforums Ostdeutsche Galerie. Einzige Bedingung: Privatführungen dürfen nicht zu laut ablaufen, damit andere Besucher in Ruhe die Ausstellung besichtigen können. „Bei Gruppen mit mehr als zehn Personen wäre es außerdem gut, wenn das in Absprache passiert“, sagt Kašková.

Durch Museen darf jeder führen

Keinerlei Einschränkungen gibt es für das Naturhistorische Museum und den Leeren Beutel. „Selbstverständlich sind Privatführungen toleriert“, sagt Dr. Peter Germann-Bauer, Leiter der Museen der Stadt. „Das gibt es oft, dass jemand mit Bekannten kommt und sie durch eine Ausstellung führt.“ Normalerweise meldeten sich die Besucher dafür aber auch an, sagt Germann-Bauer. „Und dann ermöglichen wir das selbstverständlich gern.“ Nur für das Reichstagsmuseum und das Dokument Neupfarrplatz gebe die Museumsleitung ungern den Schlüssel an private Führer heraus.