Wirtschaft
Regensburger Zucker: Das letzte Kapitel

Wenn der Startschuss für Candis II fällt, ist für 14 Mann Restbelegschaft der Südzucker AG in Regensburg Schicht im Schacht.

21.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:41 Uhr
Helmut Wanner
Ende in Sicht: Die Agglomerationsanlage der Südzucker AG an der Straubinger Straße vom Bahndamm aus −Foto: altrofoto.de

Werkleiter Wolfgang Vogl kommt im dunklen Audi mit Deggendorfer Kennzeichen aus Plattling, um an der Straubinger Straße das „5 vor 12“ der Geschichte der Zuckerverarbeitung in Regensburg anzukündigen. Noch ein Jahr darf die Südzucker-Geschichte in Regensburg weiter vor sich hinsterben. Ab 1. Juli 2017 ist sie ganz tot. Auf ihrem Grabstein wird stehen: 1898 bis 2017.

Jetzt, wo das neue Wohnviertel Candis I bereits die Erinnerung an die Zuckerfabrik verdrängt, merkt man erst wie groß der kleine Rest Zuckerfabrik gegenüber REWE doch noch ist. 2,4 Hektar bedeckt die Anlage. Die Fläche ist im Besitz derFirma Schmack. Sie wird ab Sommer 2017 verwertet. Der dazugehörigen Bebauungsplan 262 befindet sich derzeit in Aufstellung, heißt es. Das freiwerdende Gebiet am Gleisdreieck wird die Firma Ferdinand Schmack jun. Immobilien GmbH zu Candis II weiterentwickeln. Es entsteht eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Grünfläche. Bernadette Dechant, die Bürgermeisterin des Stadtostens, sagt: „Wir freuen uns riesig. Das sind weitere Entwicklungsmöglichkeiten für den Stadtosten.“

Immer noch 2000 Tonnen pro Jahr

Die Besprechung findet im Aufenthaltsraum statt. Währenddessen wummert die Pudermühle, sie hört sich an wie eine Riesen-Waschmaschine im Schleudergang. Während du deinen Kaffee umrührst, verwandelt die mit Stahlstiften gespickte Trommel mit 3000 Umdrehungen pro Minute den Zucker in Staub.

„In einem weiteren Schritt wird der feinste Puderzucker dann in feuchter Atmosphäre aufgewirbelt und bildet dann Kügelchen, die sich leicht pressen lassen“, erklärt Direktor Vogl (52). Der sogenannte Compri-Zucker ist leicht löslich. Diese Qualität braucht zum Beispiel die Pharmaindustrie. Seit 2007 haben hier Tag für Tag hoch qualifizierte Mitarbeiter noch das Beste aus dem Zucker gemacht, wie es Betriebsratsvorsitzender Peter Meindl ausdrückt. Er sitzt Vogl gegenüber. Für ihn hat er einen Cappuccino mit Kakaomütze herausgelassen. Die mag er. Vor sich hat Direktor Vogl, Chef der Werke Plattling und Rain, den MZ-Bericht vom 24. Mai 2007: „Wenn Südzucker-Susi einen Traditionsbetrieb einmacht. Die Zuckerfabrik, das waren 170 Arbeitsplätze – aber Regensburger beklagen auch das Ende lokaler Industriegeschichte.“

Im Sommer 2017 wird die Agglo-Anlage abgebaut. Das Werk Offstein übernimmt diese Aufgabe. Für die 14 Mitarbeiter wurde ein Sozialplan ausgearbeitet. Sieben gehen nach Plattling, fünf leben eine Übergangs-Existenz und drei hören ganz auf.

Händlmaier war Großabnehmer

Die Südzucker AG ist der größte Zuckerproduzent der Welt und einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschlands (6,8 Milliarden Euro Umsatz).Sie beschäftigt weltweit 18 500 Mitarbeiter. Die Bilanzen waren schon besser. Das Zuckergeschäft ist unter Druck. Die Südzucker hat nach ihrem jüngsten Geschäftsbericht 78 Mio Euro Minus gemacht.

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