Politik
Spendenaffäre: Lorenz verlässt Koalition

Die Piratin verkündet ihren Austritt aus der Regensburger Koalition, spielt auf die Ermittlungen in der Affäre Wolbergs an.

29.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:45 Uhr
Stadträtin Tina Lorenz tritt aus der Koalition aus. −Foto: xtl

Das kommt einem politischen Erdbeben gleich: Die Stadträtin der Piraten, Tina Lorenz, kehrt der bunten Koalition im Regensburger Stadtrat den Rücken. Das gab die Politikerin am späten Donnerstagabend in einer Erklärung an die Medien bekannt. Sie habe sich „nach reiflicher Überlegung“ dazu entschlossen, die Regierungskoalition im Regensburger Stadtrat mit sofortiger Wirkung zu verlassen. Sie sehe „unabhängig vom Ausgang der momentanen Ermittlungen“ (Lorenz spielt damit auf die Spendenaffäre an) die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die in der Vergangenheit Grundlage aller Entscheidungen dieses Gremiums gewesen sei, nach „aktuellen koalitionsinternen Diskussionen für mich“ nicht mehr als gegeben an.

Was Lorenz genau mit „aktuellen koalitionsinternen Diskussionen“ meint, ist derzeit noch unklar. Es könnte sich aber um die jüngste Diskussion in Sachen Stadtbau handeln. Wie die Mittelbayerische Zeitung berichtet, wollte die CSU im Aufsichtsrat der Stadtbau den Posten des neuen Technischen Leiters neu besetzen, scheiterte aber mit ihrem Vorstoß. Der neue Leiter hat bis Februar beim Bauteam Tretzel gearbeitet; Tretzel gilt als einer der größten Spender für Wolbergs im OB-Wahlkampf.

Lorenz schreibt weiter, sie werde ihre Arbeit im Stadtrat in Zukunft als fraktionslose Einzelstadträtin fortsetzen.

Bröckelt die Koalition? Ludwig Artinger (FW) sagt: „Ich sehe keine Erosion. die Koalition stand, steht und wird stehen.“ Artinger findet es wie ale übrigen Koalitionspartner sehr bedauerlich, dass die Piratin die bunte Stadtregierung verlässt. Die fünf Partner hätten mehr als zwei Jahre lang vertrauensvoll und konstruktiv zusammengearbeitet, hieß es unisono.

Artinger bezeichnet es allerdings als befremdlich, „dass Tina Lorenz uns eine E-Mail geschickt und nicht das persönliche Gespräch gesucht hat, um uns von dem Schritt zu unterrichten“. Dafür fehle ihm jegliches Verständnis. Die Piratin habe in der E-Mail Gründe genannt, doch darüber schweige er.

Auch Margit Kunc (Grüne) sieht keine Gefahr für die Koalition. Was könnte der aktuelle Anlass für Lorenz’ Vorgehen neben der schon seit Mitte Juni kochenden Spendenaffäre sein? Zuletzt haben sich die Partner am Montag bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses gesehen. Diskutiert wurde das Investitionsprogramm, das im September dem Stadtrat vorgelegt wird. Aus der Sicht von Margit Kunc gab es „keine Vorkommnisse, bei denen sich Frau Lorenz untergebuttert fühlen müsste“. Es müsse möglich sein, bei Sachthemen unterschiedliche Sichtweisen zu vertreten. Es seien ohnehin keine Beschlüsse gefallen, weil der Koalitionsausschuss mit der Tagesordnung nicht fertig geworden sei. „Es hat keine Auseinandersetzung gegeben, deshalb ist die Überraschung so groß“, sagt Kunc. „Ihr Verhalten ist nicht nachvollziehbar.“

Es könne aber sein, dass der Piratin der enorme Druck von außen zu groß geworden sei. Dieser Druck laste auf allen Koalitionären. Während aber andere sich mit ihrer Fraktion besprechen können, sei Lorenz auf sich alleine gestellt.

Am Freitagmittag wenden sich die verbliebenen Koalitionspartner mit einer Pressemitteilung an die Medien. Darin schreiben die Fraktionsvorsitzenden Norbert Hartl (SPD), Margit Kunc (Grüne), Ludwig Artinger (FW) und Horst Meierhofer (FDP): „Die Koalitionsfraktionen bedauern den Austritt von Frau Lorenz aus der Koalition, da wir in den zwei Jahren zum Wohle der Stadt vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Deshalb ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum Frau Lorenz vor einem solchen Schritt die Koalition über Ihre Absichten nicht informierte.“ Die Koalitionsfraktionen hätten deshalb ein Gespräch vor einem solchen Schritt, den sie zu akzeptieren haben, erwartet. Auch in Zukunft werde man mit der Kollegin im Stadtrat konstruktiv zusammenarbeiten.

Wie mehrfach berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Wolbergs und drei Bauträger, weil Spenden in Höhe von mehr als 500 000 Euro im Walkampf an Wolbergs geflossen sein sollen.

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