Justiz
Für „Volldepp“ gab es nun die Quittung

Im Suff beleidigte ein Nittenauer Polizisten. Das Gericht zeigt ihm dafür die rote Karte: Für drei Monate geht’s in den Bau.

20.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr
Wegen Beamtenbeleidigung muss ein junger Nittenauer hinter schwedische Gardinen... −Foto: Archiv

Nach ein paar Halben Bier zu viel können manchmal schnell Wörter fallen und Sätze herausrutschen, die einem in der Katerstimmung des nächsten Tages schon wieder Leid tun. Umso blöder, wenn diese Worte einen Polizeibeamten treffen. Denn der Tatbestand der Beleidigung ist ganz und gar kein Kavaliersdelikt und kann schnell schockierende Konsequenzen haben. Vor dem Amtsgericht Schwandorf bekam das am Montag ein junger Mann selbst zu spüren. Er hatte am 12. Februar in Nittenau zwei Polizisten mehrfach beleidigt. Nun muss er für drei Monate hinter Gitter – ohne Bewährung.

Der Angeklagte war an besagtem Freitag am frühen Nachmittag stark angetrunken in den Straßen Nittenaus unterwegs. Passanten, die den Mann entdeckten, als er mehrmals hingefallen war, hielten ihn fest und riefen die Polizei. Von deren Versuchen, dem inzwischen leicht Verletzten zu helfen, hielt er nicht sonderlich viel, zeigte sich streckenweise aggressiv und beschimpfte die Beamten vor Ort und später im Krankenhaus mit Wörtern wie „blöder Penner“, „Volldepp“ und anderen Kraftausdrücken.

Kontrollverlust über Mundwerk

Den Alkoholtest verweigerte er zunächst, jedoch sagte einer der Polizisten aus, er habe zirka drei Promille im Blut gehabt. Dieser Umstand des Kontrollverlusts über Körper und Mundwerk wirkte sich bei der Verhandlung ebenso strafmildernd aus, wie der Umstand, dass sich der Angeklagte bei beiden Polizisten persönlich entschuldigte. Da er jedoch bereits wegen Drogenbesitzes mehrfach vorbestraft war und schon 2015 eine Geldstrafe wegen Beleidigung kassiert hatte, sowie zurzeit ohne Arbeit und Wohnsitz ist, lautete das Urteil am Ende drei Monate ohne Bewährung.

Der Verurteilte zeigte sich deutlich schockiert über das Ausmaß des Urteils: „Drei Monate Gefängnis nur für Beleidigung?“. Nun bleibt ihm nur die Berufung oder Revision.

„Beleidigung ist ein ernster Straftatbestand“, betont Albert Brück, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberpfalz, auf Nachfrage der MZ. „Dieser tritt sehr häufig im Zusammenhang mit alkoholisierten Menschen auf. Alkohol enthemmt.“ Es gebe gesamtgesellschaftlich eine deutlich zu beobachtende Tendenz der Verrohung und des schwindenden Respekts vor (insbesondere staatlicher) Autorität.

2015 zeigt die Statistik in Bayern exakt 6919 Delikte gegen Polizisten. Noch vor Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte steht dabei an der Spitze der Tatbestand der Beleidigung, mit 2770 Fällen. Einen signifikanten Anstieg der Zahlen gibt es jedoch seit dem Beginn der Erfassung 2011 nicht. Seit der Wiedervereinigung kann laut der Langzeitanalyse „Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern“ von einer „zunehmenden Gewaltbereitschaft in der breiten Bevölkerung Bayerns gegen die Polizei nicht ausgegangen werden“. Beleidigungen stehen demnach erst sei 2010 im Fokus, und auch dort ist die Zahl relativ gleichbleibend, wenn mit einbezogen wird, dass durch die größere Präsenz des Themas Polizisten eher Anzeige erstatten als früher, als das Thema der Beleidigung noch ignoriert wurde.

Schließlich ist der Straftatbestand der Beleidigung eine Grauzone. Wann sich ein Mensch in seiner Ehre verletzt fühlt, ist subjektiv. Das liege zum einen an der Situation, zum anderen am Beamten. „Polizisten sind auch Menschen“, plädiert Albert Brück. „Anzunehmen, dass sie aufgrund ihres Berufs immun gegen so etwas sind, ist einfach falsch.“

Der Ton wird immer rauer

Genauso subjektiv ist schließlich auch die Beobachtung einer immer respektloseren Gesellschaft, wie sie Brück beschreibt. Auch Rainer Hirschmann, Leiter der Polizeistation Nittenau, teilt die Auffassung, dass insgesamt der Ton rauer wird. Wenn auch im ländlichen Landkreis Schwandorf vergleichsweise weniger schlimm. „Trotzdem geht es ja inzwischen so weit, dass nicht nur Polizeibeamte, sondern sogar Helfer von Feuerwehr und Rettungskräften angegriffen und angefeindet werden. Fast immer im Zusammenhang mit Alkohol. Das ist dann schon bedenklich.“

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