Wirtschaft
Nittenaus Fotostudio steht am Scheideweg

Die Rothbauers hätten für ihr Haus zwischen Jakob und Pfarrheim große Pläne. Doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig.

28.11.2015 | Stand 16.09.2023, 7:00 Uhr
Gabi und Sophia Noelle Rothbauer vor ihrem Fotostudio im Zentrum Nittenaus. Auch ohne grundlegende Sanierung geht es weiter, verspricht die Seniorchefin. Doch auch die großen Pläne für eine Modernisierung sind noch nicht vom Tisch. −Foto: Rieke

Der Einzelhandel im Herzen der Regentalstadt hat es nicht leicht; doch wer die Ursache dafür nur in der vermeintlich übermächtigen Konkurrenz in Regensburg oder dem Internet sieht, macht es sich zu einfach. Die Inhaber selbst seien gefordert, sich und ihre Waren besser zu präsentieren. So zumindest die klare Botschaft des Diplomgeografen Michael Seidel, der am Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) intensiv mitgearbeitet hat.

Umso bedeutender wäre es für Nittenau, wenn einzelne Gewerbetreibende als Vorreiter in die Offensive gehen würden, um mit mutigen Entscheidungen Zeichen zu setzen. Wilfried Fröschl hat es mit der Übernahme des Modehauses Nittenau vor rund einem Jahr schon getan (und erhielt von den ISEK-Experten prompt Bestnoten); mit Gabriele Rothbauer und ihrer Tochter Sophia Noelle gäbe es nun ganz aktuell ein weiteres Beispiel zumindest für couragierte Absichten.

Die Inhaber des Fotostudios neben dem Brauereigasthof Jakob haben es sich zum Ziel gesetzt, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Am traditionsreichen Standort, auf dem bereits seit 1722 ein Anwesen nachweisbar ist und wo Josef Rothbauer sen. 1925 ein Fotostudio eingerichtet hat, soll „alles neu“ werden. Zu verschachtelt ist das alte Gemäuer, zu sehr hat teils auch Hochwasser an der Substanz genagt. In jedem Fall entspricht der Bau nicht mehr dem, was sich vor allem die erst 21-jährige ambitionierte Fotografin Sophia Noelle unter einem zeitgemäßen Atelier und Ladengeschäft vorstellt.

Zwar sind Mutter und Tochter von der ursprünglichen Idee, den Altbau ganz abzureißen und komplett zu ersetzen, aus verschiedenen Gründen wieder abgewichen (wegen Abstandsflächen wäre zu viel Raum verloren gegangen); doch für die jüngste Sitzung des Bauausschusses hatten sie eine Voranfrage eingereicht, die eine grundlegende Modernisierung an Ort und Stelle vorsieht. Nach einer Entkernung bliebe die Kubatur im Großen und Ganzen erhalten. Ein neues Dach und völlig neu gestaltete Fassaden würden aber den Eindruck erwecken, als handelte es sich um einen Neubau.

Die ersten Pläne waren radikaler

Die ersten Pläne, die der Architekt vor allem nach den Vorstellungen von Sophia Noelle Rothbauer anfertigte, sahen eine weit radikalere Veränderung vor. Der erste Stock wäre teils von Säulen getragen und das Satteldach durch eine Flachdachlösung ersetzt worden. Dieses Konzept war allerdings schnell vom Tisch, was die Bauherrin auch fast nicht anders erwartet hatte, obwohl sie immer noch der Überzeugung ist, dass „es Nittenau gut täte, wenn hier was Außergewöhnliches entstünde“. Und würde sich nicht gerade ein Fotostudio dafür eignen? Stadtarchitekt Siegi Wild jedoch machte in Vorgesprächen sofort klar, dass ein Bauwerk wie dieses nicht ins Altstadtensemble passe und deshalb keine Chance auf Genehmigung bestünde.

Nun also, Variante zwei; doch auch der wesentlich bravere, weil traditionellere Entwurf eckte im Bauausschuss an. Vor allem die Balkone stießen auf Skepsis. Einer wäre zur Straßenseite hin vorgesehen – aus der Sicht der Mandatsträger eine zu ungewöhnliche Idee. Und dass am Westgiebel ein weiterer Balkon geplant wäre, der eineinhalb Meter in den öffentlichen Verkehrsraum ragte, hält Bauamtsleiter Josef Fellner ebenfalls für problematisch, ja riskant. Schließlich könnten höhere Fahrzeuge hängenbleiben. Immerhin bescheinigt er Rothbauers Architekten, „auf dem richtigen Weg“ zu sein. Werde an der einen oder anderen Stelle nachjustiert, könnte das gemeindliche Einvernehmen erteilt werden.

Elan hat einen Dämpfer erhalten

Doch mit der kritischen Zurückhaltung der Mandatsträger und der Verwaltung hat der Elan der Rothbauers einen spürbaren Dämpfer erhalten. „Wenn ich so viel Geld in die Hand nehme, würde ich gerne bauen, wie ich will“, sagt die Juniorchefin selbstbewusst. Die Modernisierung des Altbaus käme sowieso deutlich teurer als ein Neubau. Nun trägt sie sich verstärkt mit dem Gedanken, noch intensiver als es bisher der Fall war, ihren ganz eigenen Weg zu gehen. In einer Großstadt und mit Schwerpunkt auf „Art, Fantasy, krasses Design“. Über ihre vielfältigen Kontakte unter anderem in sozialen Netzwerken will sie ihre Kreativität ausleben und sich auf ihre besonderen Qualitäten konzentrieren, denn: Nur dann stimmten Motivation und die Ergebnisse der Arbeit.

Die Mutter akzeptiert den „eigenen Kopf“ ihrer Tochter nicht nur, sie ist auch stolz darauf. Experten hätten Sophia Noelle unglaubliches Potenzial bescheinigt. „Und sie hat diesen Elan, den man braucht, um die Möglichkeiten zu nutzen.“ Das Geschäft in der Hauptstraße 12 soll gleichwohl nicht sterben. Gabi Rothbauer versichert, dass sie es noch einige Jahre weiterführen möchte, um die Wünsche ihrer Stammkunden zu erfüllen. Möglicherweise wird die Fassade, unabhängig von den großen Plänen der Tochter, neu gestaltet – bis diese irgendwann vielleicht zurückkehrt, um im Herzen Nittenaus doch noch den großen Akzent zu setzen. Der Bauplan hätte, vorausgesetzt er wird weiter verfolgt und vom Landratsamt genehmigt, sechs Jahre Gültigkeit.