Volkskundemuseum
Geweihte Kerzen sollen Unheil abhalten

Museumsleiterin Dr. Margit Berwing-Wittl zeigte in Burglengenfeld Bräuche und Rituale zwischen Glauben und Aberglauben auf.

08.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:25 Uhr

Sogenannte Versehgarnituren gehörten in den 50er Jahren zur festen Ausstattung eines jeden Haushalts. Aber man stirbt nicht mehr zu Hause. Jetzt stehen viele davon im Museum. Die Leiterin des Museums, Dr. Margit Berwing-Wittl, berichtete bei der spannenden Führung über viele alte Bräuche Fotos: bjs

Mancher Leser kann sich vielleicht noch daran erinnern, als seine Oma einst bei einem aufkommenden Gewitter eine geweihte, schwarze Kerze auf den Tisch stellte und diese anzündete. Dadurch sollte das Unheil vom Haus ferngehalten werden. Als „hart an der Grenze zwischen religiös und Aberglauben“ bezeichnete die Museumsleiterin Dr. Margit Berwing-Wittl diesen Brauch bei einerAbendführung im Oberpfälzer Volkskundemuseumzum Thema „Glauben und Aberglauben – Bräuche und Rituale“.

Wallfahrt soll gesund machen

Ach, war das eine schöne Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat. Auch daran hatte man früher fest geglaubt. Manche tun es heute noch. Man macht eine Wallfahrt, um im Gegenzug Gesundheit zu erwarten – für sich und für andere. Auch die kultische, religiöse Verehrung von Reliquien eines Heiligen wurde intensiv praktiziert. Als Gegenstände dienten Haare, Kleidungsstücke, ja sogar Körperteile, durch die man einen persönlichen Bezug herstellen konnte. Selbst Pfarrkirchen hatten große Reliquienkästen anfertigen lassen. Im Volkskundemuseum ist unter anderem ein solcher zu sehen. Er stammt aus dem 18. Jahrhundert, von St. Michael in Kallmünz.

Die über viele Jahre sicher verwahrte Haarlocke eines verstorbenen kleinen Mädchens erfüllt für deren Eltern denselben Zweck. Sie möchten jemandem nahe sein, der nicht mehr da ist. Selbst die Schädel von Toten, die im Bayerischen Wald beim Ausheben von Gräbern zum Vorschein kamen und danach im Beinhaus ausgestellt worden waren, seien im Nachhinein mit Namen gekennzeichnet worden, damit die Angehörigen beim Beten einen persönlichen Bezug herstellen hätten können, wie Dr. Berwing-Wittl sagte.

Viele historische Dinge im Museum sind mit religiösen oder abergläubischen Zeichen und Symbolen verziert, deren Sinn sich oft erst dann erschließt, wenn man deren ursprünglichen Gebrauch kennt. Es ist also zum Beispiel nicht der historische Schrank an sich, der den aufmerksamen Blick des fachkundigen Betrachters anzieht, sondern es sind eher die kleinen Details, in denen die entscheidenden Informationen schlummern und die ihn deshalb so interessant machen.

Gerade bei den religiösen Bräuchen wirkte die verwendete Bildsprache zum Teil sehr schaurig, ja sogar Furcht einflößend, wie man an Exponaten in den Räumen der ehemaligen „Großen Kanzlei“ immer wieder feststellen kann. Beispielhaft sind hierfür unter anderem vier „Memento-Mori“-Tafeln, die es dort zu sehen gibt. Sie wurden früher bei Prozessionen mitgeführt. Auf sehr düstere Art erinnern sie die Menschen daran, dass sie sterblich sind.

Totenhand löscht Kerze aus

Eine Totenhand, die eine Kerze auslöscht, ist zum Beispiel so ein ausdrucksstarkes Symbol und soll bedeuten: Das Leben wird beendet. Auf einem anderen Abbild schlägt die Totenhand den Wipfel eines Baumes ab. Hierdurch soll der vorzeitige Tod dargestellt werden. Die Rückseiten dieser Tafeln zeigen die Leidenswerkzeuge, mit denen Jesus gequält worden war.

Ein sehr sonderbarer Brauch war im Bayerischen Wald, in Böhmen und in der Nordoberpfalz verbreitet. Dort wurden die Verstorbenen auf Brettern aufgebahrt. Nach der Beisetzung wurden diese Totenbretter im Freien aufgehängt oder aufgestellt, bis sie verwittert waren. Dies galt als Zeichen, dass ihre Seele erlöst wurde. Auch solche Relikte sind im Museum zu sehen.

Die Führung „Glaube und Aberglaube – Bräuche und Rituale“ wird von Dr. Margit Berwing-Wittl jedes Jahr aufs Neue durchgeführt. Sie sagt: „Es ist wichtig, dass die Menschen das immer wieder mal in ihre Erinnerung rufen.“