Investition
Statt Rendite zählt hier viel Herzblut

Spätestens 2024 soll Schloss Pirkensee saniert sein – auch das Asam-Fresko in der Kapelle will Robert Gerstl mitrestaurieren.

06.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:38 Uhr
Norbert Wanner

Robert Gerstl saniert mit dem Schloss Pirkensee bereits sein drittes Objekt nach dem „Boda-Haus“ direkt daneben und der „Alten Post“ in Ponholz. Foto: Wanner

Schloss Pirkensee hat seit zwei Wochen einen neuen Besitzer: Robert Gerstl und man ist versucht zu sagen – wer sonst? Nach der „Alten Post“ unddem „Boda-Haus“, wo die Sanierung auf Hochtouren läuft,nun also das Wahrzeichen des Maxhütter Ortsteils. Wer frühere Projekte des Diplomingenieurs kennt, weiß: Ein Glücksfall. Dabei stellte Gerstl unter Beweis, dass seine Konzepte nicht nur unter der Überschrift „Rendite“ stehen, sondern Herzblut darin steckt, der Denkmalschutz als Partner, statt als Störfaktor betrachtet wird.

Wer mit Gerstl redet, wird feststellen, auch Gebäude können Leidenschaft verursachen. Und die braucht es, um angesichts des desolaten Zustandes von Schloss Pirkensee auch optimistisch zu sein. Bereits im kommenden Jahr soll ein Bauabschnitt abgeschlossen sein. Dessen Realisierung ist – wie die der folgenden Bauabschnitte – auf jeweils rund eineinhalb Jahre kalkuliert. Gelöst wird damit aber die Raumnot, welchedie „Alte Post“ ausgelöst hat und „mit der wir ein Platzproblem lösen wollten“.

Als Geschäftsführer der wachsenden „Lorenz Engineering GmbH“ suchte der 45-Jährige ein Gebäude, das besonderes Ambiente mit Platz für rund 30 Mitarbeiter vereint und fand die „Alte Post“. Mit Blick auf die Erfahrungen, die Gerstl mit deren Sanierung gewann, und kombiniert mit seinem Faible für historische Gebäude, entwickelte sich daraus zusätzlich zu „Lorenz Engineering“ das Büro „TGAwerk“, mit dem sich der gebürtige Niederbayer auf die Sanierung und auf Nutzungskonzepte für historische Gebäude spezialisieren will. Der Platz für mindestens 40 Mitarbeiter mit steigender Tendenz wird gebraucht.

Die Kapelle mit dem Asam-Fresko soll als vierter Bauabschnitt ebenfalls saniert werden. Wie es jetzt aussieht, sehen Sie in diesem 360-Grad-Bild:

Schloss Pirkensee - Spherical Image - RICOH THETA

Den hat Schloss Pirkensee: 2500 Quadratmeter an Raumflächen und 17 000 Quadratmetern an Umgriff. Und für all das Gerstl ein Nutzungskonzept entwickelt, mit einem Investitionsvolumen von rund fünf Millionen Euro. Schönster aber finanziell wohl auch schwierigster Teil wäre die Sanierung der Kapelle, die ganz am Schluss seiner Planungen steht. „Fünf Prozent Nutzfläche machen ein Viertel der Sanierungskosten aus“, erklärt der Investor, der unserem Medienhaus die Pläne exklusiv vorstellte. Bis dahin wird es zwar noch dauern, doch bereits im November sollen sich die Türen öffnen: Der Martinimarkt wird wieder belebt. Besonders wichtig ist Gerstl nämlich, dass der Schlosspark für alle Pirkenseer und deren Feste offenbleibt. Im Mai plant er eine Bürgerveranstaltung, um über die nahe Zukunft eingehend zu informieren.

Dessen Vergangenheit in seiner heutigen Form begann 1731, wie die Biersack-Chronik festhält. In diesem Jahr wurden die Freiherren von Franken Hofmarkbesitzer von Pirkensee und begannen sofort mit dem Bau des neuen Schlosses, das 1734 vollendet war. Es entstand ein herrschaftliches rechteckiges Gebäude, dreigeschossig, mit Innenhof, jede Seite gekrönt von einem Zwiebelturm und einem besonderen Kleinod: Im östlichen Flügel findet sich die im frühen Rokokostil gehaltene Schlosskapelle St. Anna mit einem Fresko, das dem Künstler Cosmas Damian Asam zugeschrieben wird.

1797 wechselte der Besitzer: Freiherrn Karl von Eckart vereinigte nach der Honzeit seiner Tochter Katharina Eugenia mit dem französischen Oberst Graf Du Moulin 1856 den Besitz in Leonberg mit Pirkensee, Hof, Fischbach, Stockenfels und Stefling zu unveräußerlichem Familiengut. Aus der Ehe mit dem französischen Grafen entstand die Linie „von der Mühle-Eckart“ – die bis 1990 im Besitz des Pirkenseer Schlosses blieben, ehe sie es an einen Frankfurter Investor verkauften.

Einschneidende Veränderungen gab es im Schloss 1809. Zurückweichende österreichische Truppen und nachrückende französische Truppen bedienten sich aus Beständen und verwüsteten die Räume. Während des deutsch-französischen Krieges (1870/71) wurde das Gebäude als Lazarett genutzt; blieb ansonsten bis zur Jahrhundertwende der Hauptwohnsitz der Grafen von der Mühle-Eckart. Nach dem Neubau des Schlosses Leonberg siedelte die gräfliche Familie dorthin um. Zuletzt in die Schlagzeilen kam das Schloss, als eine Brandkatastrophe 1999 das Wahrzeichen Pirkensees fast völlig zerstörte.

Geht es nach Robert Gerstl, steht einer neuen Zukunft bis ins nächsten Jahrhundert hinein schon mal nichts im Weg …

Im zweiten Obergeschoss will Gerstl mit den Büros seiner beiden Firmen einziehen – der erste Schritt bei der Sanierung:

Schloss Pirkensee - Spherical Image - RICOH THETA

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