Tischtennis
Über Kareth nach Rio zu Olympia

Eike Weber holte Bastian Steger als Elfjährigen in das Bezirksliga-Herrenteam des TSV. Nun sieht er ihm in Rio zu.

11.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr
Reisegruppe Rio vor dem Abflug in Frankfurt: Eike Weber mit Bastian Stegers Freundin Katharina Michajlova sowie Stegers Eltern Johann und Gertrud (von links nach rechts) , Kraus, dpa −Foto: Fotos: privat

Herr Weber, wo erwische ich Sie?

Eike Weber: Wir sind im Zug auf dem Weg nach Frankfurt und fliegen von dort nach Rio de Janeiro.

Wie viele Leute gehören denn Ihrer Reisegruppe an?

Hans und Gerti Steger, die Eltern von Bastian Steger; dann seine Freundin Katharina Michajlova und die Tina Retzer, eine Spielerin der DJK Ettmannsdorf, die ist aber schon vorausgeflogen. Wir freuen uns riesig. Egal wie es ausgeht, wir werden Bastian auf jeden Fall anfeuern.

Herr Weber, Bastian Steger ist jetzt 35 Jahre alt. Sie kennen ihn schon lange. Sie haben ihn nach Kareth-Lappersdorf in die erste Herren-Mannschaft geholt. Damals war er erst zehn, elf Jahre alt. Wie sind Sie auf ihn aufmerksam geworden?

Ich kannte den Hans, Bastians Vater, der spielte früher bei Post/Süd, und ich kannte mich allgemein in der Tischtennisszene gut aus, und ich hatte ein Ziel: Mit den besten Oberpfälzern so hoch wie möglich zu spielen. Natürlich braucht’s zu so einer Mannschaft auch immer einen guten Ausländer. Als Basti neun Jahre alt war, ist er deutscher Minimeister geworden. Das stand ja auch in der Zeitung, und dann sah ich ihn spielen, damals beim ASV Fronberg, und sah, was er für eine Hand hat. Ich sagte zum Hans: „Mensch, den Bastian, den ziehen wir hoch, das ist ein Riesentalent. Der soll zu uns kommen.“

Wie haben Bastians Eltern reagiert, als Sie Ihnen den Vorschlag machten?

Erst haben sie ein wenig gezögert, aber dann waren sie einverstanden. Hans spielte dann bei Kareth in einer Mannschaft mit Bastian, damit der eine Begleitperson hatte, weil er eben noch so jung war. Wir hatten damals schon so bekannte Spieler wie den Wolfgang Köppl und den Manfred Degen in die Mannschaft geholt und sind mit dem Team insgesamt von der Kreisliga aus zehnmal hintereinander aufgestiegen.

Was sagten die Mannschaftskollegen zu dem Neuzugang?

Die haben gestaunt und sich aber auch gefreut.

Und was sagten die Gegner?

Ich kann mich noch gut erinnern an ein Spiel gegen den FC Bayreuth, die hatten damals eine Bundesligamannschaft und wir haben gegen die Zweite gespielt. Der Rolf Eberhardt spielte für Bayreuth und dachte erst, er müsse gegen den Hans ran. Dann stellt sich der Bastian hin, grad, dass er über den Tisch schauen hat können, so klein war der damals. Und der Eber-hardt meinte: „Ja, was ist jetzt los?“ Ich sagte zu ihm: „Ist schon richtig, der Bub spielt.“ (Weber lacht) Und gewonnen hat Bastian auch noch. Das mussten die alle immer erst einmal verkraften. Solche Begebenheiten gab es öfter. Wir haben beispielsweise öfters bei dem Turnier Bozener Sommer gespielt.

Dort wollte die Turnierdirektorin Edith Santifaller, die italienische Nationaltrainerin, Bastian erst nicht mitspielen lassen, weil er keine 15 war, sondern erst 14 und es doch ein Herren-Turnier sei. Dann spielte er doch, trat gegen einen italienischen Nationalspieler an und hat ihn geschlagen. Der Spieler war 1,96 Meter groß und dann verliert er gegen den kleinen Bastian, da war das Hallo aber groß, zumal das italienische Fernsehen RAI auch vor Ort war.

Sie wollten eine gute Mannschaft und Sie wollten Bastian fördern. Wie kann man so ein Talent fördern?

Indem man ihm die richtigen Sparringspartner besorgt. 1994 kam der Josef Dvorácek zu uns nach Kareth, der in den Achtziger Jahren Vizeeuropameister war und WM-Bronze mit der Mannschaft gewonnen hatte. Und er war genau der richtige Mann. Dann hatten wir auch einen Trainer, der ganztätig zur Verfügung stand. Das hieß, wir konnten jeden Tag trainieren. Und der Hans hat ja mit Bastian daheim auch noch alle Bälle, die man sich vorstellen kann, trainiert. Oder auch ein Cornel Borsos war bei uns, dreifacher deutscher Meister und ehemaliger Nationalspieler, der mittlerweile Verbandstrainer beim bayerischen Tischtennisverband ist. Oder ein Zoltan Varga, einst die Nummer zwei von Ungarn. Davon hat Bastian profitiert. Er wurde sukzessive immer stärker.

Können Sie sich noch an den Aufstieg in die 2. Bundesliga erinnern?

Ich hatte zum Spaß gesagt: „Wenn wir den Aufstieg schaffen, dann fahren wir alle zusammen für zehn Tage nach Kalifornien, nach Santa Monica.“ Und dann steigen wir tatsächlich auf! Menschenskind! Wir waren dann zu zwölft drüben. Ein super Hotel, ein super Strand, war wunderbar! Und kürzlich habe ich es dem Bastian auch noch einmal geschrieben: „Damals vor 17 Jahren um die gleiche Zeit waren wir in Santa Monica, da hat noch keiner gewusst, dass du irgendwann mal bei den Olympischen Spielen startest.“

Es sind seine dritten Spiele. In Peking kam er nicht zum Einsatz, in London 2012 gewann er mit der Mannschaft Bronze.

Ich war damals bei dem Empfang in seiner Heimatgemeinde Winklarn, als Bastian mit seiner Medaille zurückkam. Ich hab’s dem Landrat und Bürgermeister schon gesagt: „Jetzt wär’s mal Zeit, dass ihr eine Straße nach dem Bastian benennt.“ (Weber lacht.)

Was schätzen Sie an Bastian besonders?

Er ist immer am Boden geblieben. Das muss man mal betonen! Wir sind nach wie vor dicke Freunde.

Als der Aufstieg in die 2. Bundesliga perfekt war, haben Sie und die Mannschaft Kareth verlassen und sind zur DJK Sportbund gewechselt.

Ja. In der 2. Liga ist man professionell unterwegs, das läuft steuerlich anders, man muss einen Trainer zahlen, etc.. Man hätte die erste Mannschaft ausgliedern müssen. Kareth wollte aber keine Profimannschaft, da gab’s eine Abstimmung und die größere Anzahl Mitglieder hat sich dagegen ausgesprochen, sie wollte sich auf den Breitensport konzentrieren. Dann sind wir zur DJK Sportbund, ich habe das Team gemanagt und dort haben wir Jahre in der 2. Bundesliga gespielt. Insgesamt gesehen war es eine schöne Zeit, die möchte ich nicht missen.

Bastian hat auch in jungen Jahren den schwedischen Olympiasieger Jan-Ove Waldner geschlagen. Wie war das?

Ich hatte den Deutschland Grand Prix nach Regensburg in die Donau-Arena geholt, dort spielten Waldner und der Weltmeister und Europameister Jörgen Persson, auch ein Schwede. Waldner hatte mich gefragt, gegen wen er spielt, ich sagte: „Gegen einen Spieler aus der vierten Liga“, und bat ihn: „Lass ihn halt ein bisschen mitspielen.“ Das hat Waldner getan und bis er geschaut hat, haute ihm Basti drei Stück rein und der Waldner verlor das Spiel. 3000 D-Mark hat Waldner das gekostet, die Siegprämie. Er sagte hinterher: „Den hätte ich nicht mitspielen lassen dürfen.“ Aber für Bastian hat das natürlich auch etwas bedeutet, zu sehen, man schlägt als 15/16-Jähriger einen Olympiasieger.

Bastian Steger war ab 2000 nicht mehr Teil der DJK-Sportbund-Mannschaft. Er wechselte in die erste Liga. Wie war das für Sie?

Es hat mich schon geschmerzt, als er nach Düsseldorf gegangen ist. Ist ja klar, wenn der beste Mann weggeht, ist niemand glücklich. Aber andererseits: Man kann einem Sportler halt auch nicht die Zukunft vermasseln.

Was wünschen Sie Bastian Steger bei den Olympischen Spielen?

Ein Finale gegen China. Ob das Team es schafft, weiß ich nicht, denn die Mannschaften sind alle stark. Aber der Bastian spielt mit Timo Boll ein glänzendes Doppel. Ich denke sie reißen was. Ich freue mich schon riesig, wir alle. Eine Medaille wäre natürlich super. Aber wenn die anderen besser sind, muss man das auch respektieren.

Lesen Sie hier: Als Winklarn seinen Medaillengewinner Bastian Steger empfing.