Energie
Von der Plutonium- zur Solarfabrik

In Fronberg entsteht eines der größten Solarkraftwerke Bayerns. Der Betreiber protestierte einst am Bauzaun gegen die WAA.

18.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr

Für „Energiebauer“ Sepp Bichler ist der Bau seiner Solaranlage nicht nur Geschäft, sondern auch emotional aufgeladen. Foto: Willfurth

Sepp Bichler steht auf einem Feld bei Fronberg und erinnert sich an die Ereignisse vor 30 Jahren, nur wenige Kilometer Luftlinie von hier entfernt. „‚Wir wollen eine Solarfabrik‘, haben wir geschrien. Aber wie man das macht, haben wir nicht gewusst.“ Heute weiß er es: Als Gründer und Seniorchef der „Energiebauern“ ist Bichler Herr Dutzender Freiflächen-Solaranlagen im ganzen Land. Dass er mit seinem neuesten Projekt dorthin zurückkehrt, wo der ideelle Grundstein für seine Firma gelegt wurde, „das hat eine hohe emotionale Bedeutung für mich“, sagt Bichler im Baucontainer auf dem Gelände der künftigen Fronberger „Solarfabrik“.

Auf einer Fläche von 17 Hektar entsteht dort derzeiteines der größten Freiflächen-Solarkraftwerke im Freistaat, nachdem die Bundesregierung Anfang des Jahres Ackerflächen „in benachteiligten Gebieten“ für geförderte Photovoltaik-(PV-)Anlagen freigegeben hat.

Anfang November fließt der Strom

„Wenn es den Bürgerprotest gegen Wackersdorf nicht gegeben hätte, würden wir nicht hier stehen“, sagt Sepp Bichler. Zusammen mitHans Well, bekannt als Mitglied der legendären „Biermösl Blosn“, sei er damals immer nach Wackersdorf gefahren, habe sich von Polizisten mit CS-Gas besprühen lassen und Bekanntschaft mit der polizeilichen „Schlägertruppe“ aus Berlin gemacht.

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Schon immer aber habe er nicht nur „dagegen“ sein, sondern auch wissen wollen, welche Alternativen es gibt zur nicht beherrschbaren Atomenergie. 1991 hat er dann auf dem Dach seines Bauernhofs seine erste PV-Anlage mit 2,4 Kilowatt Leistung installiert. Daraus hat sich ein Familienbetrieb entwickelt, dessen Kraftwerke nach eigenen Angaben mittlerweile 42 000 Haushalte mit grünem Strom versorgen.

Hier soll die Fronberger „Solarfabrik“ stehen:

„Solarstrom ist neben Wind die günstigste Energieform“, sagt Bichler. Die Preise für die Module seien so weit gefallen, dass kein konventionelles Kraftwerk mithalten könne. Die „Energiebauern“ haben die Ausschreibung der Bundesnetzagentur mit einem Angebot von 5,5 Cent pro Kilowattstunde gewonnen – und machen trotzdem noch Gewinn. Und das, obwohl man beim Kauf der Module ein deutsches Premiumprodukt mit Doppelverglasung gewählt habe. Geschätzte Lebensdauer: mindestens 30 Jahre.

Die Banken stünden mittlerweile Schlange, um solche Projekte finanzieren zu dürfen, sagt Bichler. Im Fall Fronberg stellt die Nürnberger Umweltbank die rund acht Millionen Euro für das Solarkraftwerk zur Verfügung. Auf 20 Jahre ist die Finanzierung ausgelegt. Und noch eine gute Nachricht für Stadtkämmerer Jens Wein: Nach meist vier, fünf Jahren Betrieb fließen 15 Prozent des Gewinns als Gewerbesteuer an die Stadt Schwandorf.

7000 Pfosten, 80 Kilometer Kabel

Für die Pflege des frisch angesäten Rasens unter den Modulen sind die „Energiebauern“ noch auf der Suche nach Mitarbeiterinnen – rund 150 Mutterschafe laben sich an der Solarweide und halten den Bewuchs kurz. Ein Schäfer aus der Region wird noch gesucht. Im Frühjahr laden die „Energiebauern“ zum Eröffnungsfest und Tag der offenen Tür in Fronberg ein. Für die Musik sorgen soll übrigens Hans Well, der alte Freund und Gefährte aus WAA-Protestzeiten, mit seiner Familienkapelle.

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