Kampfsport
Hannah Rauch holt den Weltmeistertitel

Die 28-jährige Regensburgerin gewinnt die IBJJF-Grappling-Weltmeisterschaft in den USA in der Kategorie der Braungurte.

22.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:20 Uhr
Andreas Allacher

Das Ziel ist erreicht: Hannah Rauch steht bei der Weltmeisterschaft in den USA ganz oben am Siegertreppchen. Foto: Fight-Fusion-Academy

Hannah Rauch ist Weltmeisterin. Die Kampfsportlerin der Fight-Fusion-Academy Regensburg holte sich den WM-Titel der Interna-tionalen Brazilian Jiu Jitsu Federation, dem größten Brazilian Jiu Jitsu Verband der Welt. Ausgetragen wurden die Grappling-Weltmeisterschaften im amerikanischen Anaheim. Die 28-jährige Hannah Rauch trat dabei in der Klasse der Braungurte an und sicherte sich die Goldmedaille mit einer spektakulären Performance.

Um sich in der Kampfsportart Brazilian Jiu Jitsu fortzubilden und auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten, reisten die Fight-Fusion-Headcoaches Hannah Rauch und Jan Zander gemeinsam in die USA. Drei Wochen lang hieß es jeden Tag mehrmals trainieren, um sich den Wunsch der Goldmedaille zu erfüllen. Als Trainingsort wählten die beiden dazu die „Gracie Humaita jiu-jitsu school“ der neunmaligen Weltmeisterin Leticia Ribeiro. Jan Zander sicherte sich bereits im September den AFSO-Weltmeisterschaftstitel in der Kampfsportdisziplin Mixed Martial Arts (MMA). Die Fight-Fusion-Academy hat damit nun zwei Weltmeister als Trainer.

Drei Gegnerinnen bis zum Titel

Für die Grappling-Weltmeisterschaft in Anaheim gab es für die Braungurt-Trägerinnen keine Qualifikationsnorm: „Maßstab ist da das Abschneiden bei kleineren Turnieren, denn die Gegner bei einer WM werden nicht leichter“, sagt Hannah Rauch. Für die Regensburgerin war ihr Grappling-Sieg bei den „London Open“ die gelungene Generalprobe.

Am Sonntag hieß es dann „Alles oder nichts“ für Hannah Rauch – das ist gleichsam das Motto bei all ihren Kämpfen, bei denen sie angesichts einer Kampfdauer von acht Minuten stets die vorzeitige Entscheidung sucht, auch um Körner für die nächsten Fights zu sparen. Andererseits, so sagt sie, ist die Submission, also den Gegner zur Aufgabe zu zwingen, ja der Sinn ihres Sports.

Bis zum ersten Platz bei der Weltmeisterschaft musste die Regensburgerin sich gegen drei sehr erfahrene Gegnerinnen durchsetzen. Ihren ersten Kampf beendete der Headcoach der Fight-Fusion-Academy nach nur 40 Sekunden, als es ihr gelang, bei ihrer Gegnerin Erin Johnson einen Armhebel anzusetzen, der die Amerikanerin zur Aufgabe zwang.

Auch gegen die zweite Kontrahentin Melissa Faith Davis, die ebenfalls aus den USA stammt, konnte sie einen Aufgabegriff (Kimura) anbringen, so dass ihr Finaleinzug schon nach zweieinhalb Minuten feststand. Der dritte und letzte Kampf gegen eine sehr bekannte kanadische Fighterin, Sarah Kaufman, ging über die volle Zeit. Auch hier hieß es am Ende: „Sieg nach Punkten für Hannah Rauch!“

Als wieder ihr Arm hochging, kannte der Jubel keine Grenzen mehr: „Es war ein unbeschreibliches Gefühl, zumal ich hart dafür gekämpft habe. Ich war diesmal auch mental zu 100 Prozent fokussiert. Solche Siege sind auch Kopfsache“, erläutert Hannah Rauch. Denn die Weltmeisterschaft der IBJJF zu gewinnen, sei nicht leicht. Die Sportart Brazilian Jiu Jitsu wird von Kämpfern aus den USA und Südamerika dominiert, da der Sport dort seinen Ursprung hat und stark verbreitet ist. Als Deutsche auf dem Treppchen zu stehen, ist etwas Besonderes. Hannah Rauch hat dies als erst zweite deutsche Kämpferin überhaupt geschafft.

Den Weltmeisterschaftstitel zu gewinnen, bedeutet Hannah Rauch sehr viel. Seit Beginn ihrer Kampfsportkarriere – sie kam 2010 zum Brazilian Jiu Jitsu und gründete dann auch schon 2012 zusammen mit Jan Zander die Fight-Fusion-Academy in Regensburg – war das ein ausgemachtes Ziel, für das die Kampfsportlerin hart trainiert hat. Schon zuvor hatte sie über die Selbstverteidigung mehrere Kampfkünste ausprobiert, aber war damit nie so recht zufrieden, weil ihr der reale Kampf gegen den Kontrahenten fehlte. „Ich schätze es sehr, dass ich durch das regelmäßige Sparring und die Möglichkeit, an Wettkämpfen teilzunehmen, die Funktionalität meiner Techniken überprüfen kann“, schreibt sie auf der Homepage der Fight-Fusion-Academy bei ihrer Vorstellung als Headcoach.

Das Ziel, bei einer Weltmeisterschaft dabei zu sein, ging erstmals bei der Weltmeisterschaft 2013 in Erfüllung, wo sie damals als Blaugurt den dritten Platz belegte. „Das hat natürlich das Feuer für diesen Sport noch mehr entfacht“, blickt sie heute zurück. Nach ihrem Dreifach-Erfolg bei den Europameisterschaften 2016 jubelte Rauch auch in diesem Jahr schon – jetzt als Braungurt – über WM-Platz drei, allerdings in der Disziplin „Gi“. Das heißt, dass mit einem Kampfanzug gefightet wird. Durch den Kimono haben die Kontrahenten wesentlich mehr Möglichkeiten, Griffe anzusetzen. In den einzelnen Techniken freilich gibt es kaum Unterschiede zu „No Gi“-Kämpfen.

Streng reglementiert

So war das vergangene Wochenende die Weltmeisterschaftspremiere von Hannah Rauch in der Disziplin „No Gi“. Grappling, das nach ihrer Einschätzung „schneller ist als Brazilian Jiu Jitsu mit Komono“, vergleicht sie mit einem Ringkampf, wobei ohne den Kampfanzug Griffe wesentlich schwieriger anzubringen sind. Auch wenn das Geschehen im Käfig für den Außenstehenden gefährlich wirkt: Laut Hannah Rauch hätten Brazilian Jiu Jitsu bzw. Grappling ein geringeres Verletzungsrisiko als anderen Kampfsportarten, denn es sei „streng reglementiert“. Man könne zu jedem Zeitpunkt des Kampfes „hundertprozentig Gas geben“, aber habe auch jederzeit die Möglichkeit, zum Zeichen der Aufgabe abzuklatschen und den Kampf verbal zu beenden, wenn ein Würgegriff zu sehr den Atem raubt oder eine Armhebel zu schmerzlich wird.

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