Porträt
Der coole Professor mit dem Künstlergen

Wenn der Regensburger Edgar Feichtner Posaune spielt, braucht er schon mal einen Dämpfer. Ansonsten gibt er immer Volldampf.

23.12.2016 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr

Musiker in der Late-Night-Show „Ringlstetter“, BWL-Professor und Unternehmer: Professor Dr. Edgar Feichtner ist ein Multitalent. Foto: altrofoto.de

Der Wochenauftakt war laut: Am Montagmorgen hat Edgar Feichtner schon eine halbe Stunde lang Posaune geübt. Um Blechblasinstrumente gut spielen zu können, erklärt er, müssen die Gesichtsmuskeln geschmeidig bleiben; die Lippen brauchen eine gewisse Spannung. Edgar Feichtner vergleicht das gerne mit dem Leistungssport. „Wenn ein Spitzensportler ein paar Wochen nichts macht, dann dauert es, bis er wieder in Form ist.“ Und Edgar Feichtner ist eben Spitzenmusiker – er braucht das tägliche Üben, um in Form zu sein. Besonders in der diesjährigen Vorweihnachtszeit ist das für den 59-Jährigen – an Silvester feiert er seinen 60. Geburtstag – enorm wichtig: Jeden Donnerstagabend um 22.30 Uhr ist er im Bayerischen Fernsehen in der Personality-Show „Ringlstetter“ als Bandmitglied dabei. Jeden Mittwoch fährt er dafür in die ARRI-Studios nach Schwabing, wo die Sendung vor Publikum aufgezeichnet wird.

Sehen Sie die Folge „Ringlstetter“ vom 1. Dezember 2016:

Eigentlich sollte Feichtner in den väterlichen Betrieb einsteigen

Das neue BR-Format ist eine Herausforderung für Edgar Feichtner. Aber es ist auch genau sein Ding, sonst käme es für ihn gar nicht erst in Frage. Eigentlich ist die Vorweihnachtszeit für Edgar Feichtner fast immer eine sehr musikintensive Zeit: Auf dem Fürstlichen Weihnachtsmarkt spielt er mit seinem Alphornquartett Alpia4, vergangenes Jahr hat er mit Hannes Ringlstetter und den Domspatzen den Sternstunden-Song aufgenommen. Der erschallt in dieser Vorweihnachtswoche auch in den Hörsälen der OTH Regensburg: Als Professor der betriebswirtschaftlichen Fakultät mit den Fachgebieten Marketing, Strategie und Technik der Werbung bereitet Edgar Feichtner seinen Studierenden heuer auf diese Weise einen musikalischen Jahresausklang.

Auf mehr als 20 Jahre Lehrerfahrung an der Hochschule kann der Professor bereits zurückblicken. Seine heutigen Studierenden erlebt Feichtner als „sehr höflich im Umgang“. Ehrgeizig seien die jungen Leute, sehr karriereorientiert, anspruchsvoll, was Konsumgüter wie teure Klamotten oder schicke Autos betreffe oder eben auch den komfortablen All-Inclusive-Urlaub. „Zu meiner Studentenzeit war ja eher Understatement angesagt. Wir machten eben mit Rucksack Interrail“, sagt er. Karriereziele? Die blieben bei ihm lange im Vagen. Obwohl seine Eltern für ihn und Zwillingsbruder Peter schon im Jugendalter die Karriereweichen gestellt hatten. Damals, in Abensberg, war alles vorbereitet für den Einstieg der beiden Buben in den Landmaschinenhandel des Vaters, den dieser aus der einstigen Hufschmiedewerkstatt seines Schwiegervaters gemacht hatte. Doch der 16-jährige Edgar hatte andere Pläne: Nach Abschluss der Volks- und Realschule in Abensberg besuchte er in Regensburg die FOS, dann die FH und landete schließlich an der Universität. Erst in Regensburg, dann in München, dann in Johannesburg, wo er dort studierte, wo auch Nelson Mandela studiert hat: An der renommierten Witwatersrand University. „Damals war die Apartheid schon noch stark“, erinnert sich Feichtner. „Strange“ sei es bisweilen gewesen, was er in Südafrika erlebte. Zurück in Regensburg machte sich Edgar Feichtner an seine Promotion in BWL. Seine Dissertation handelte von der Bauernbefreiung in Niederbayern – auf den ersten Blick ein rein historisches Thema, doch: „Es ging eigentlich darum, dass es mir in der Dissertation gelungen ist, mit neuen Methoden der Statistik und den modernen Möglichkeiten der Marktforschung historische Gegebenheiten zu widerlegen“, sagt Edgar Feichtner. Das war 1991, dem Jahr der Promotion, fast schon revolutionär. Deshalb wurde seine Arbeit mit dem Kulturpreis Ostbayern ausgezeichnet und gleichzeitig wurde damit auch das Vertrauen, das die Studienstiftung des Deutschen Volkes mit einem vierjährigen Stipendium in ihn gelegt hatte, mehr als gerechtfertigt.

„Das Musikalische ist uns in die Wiege gelegt worden.“Edgar Feichtner, Musiker, Professor und Unternehmer

Dabei sei es weniger seine fachspezifische Leistung gewesen, die die Stiftung überzeugt hätte: „Es war die Musik“, behauptet Edgar Feichtner. „Das machte Eindruck.“ Wie auch nicht? Jemand, der neben Klavier auch noch Banjo, Posaune, Gitarre, Akkordeon, Tuba, Bariton-Horn, Mandoline, Ukulele, Mundharmonika und Alphorn spielt, so jemanden trifft man nicht alle Tage. „Das Musikalische ist uns in die Wiege gelegt worden“, sagt der Sohn einer sehr begabten Hobby-Pianistin und eines begnadeten Zither-Spielers. Schon als Kinder sangen die beiden Feichtner-Brüder die Herbergssuche im Krippenspiel auf beeindruckende Weise. Furore machten die Brüder Edgar und Peter mit der Abensberger Formation „Luis Trinker’s Höhenrausch“; 2013 spielte Edgar zum letzten Mal auf dem Regensburger Bürgerfest in dieser Band mit. Gemeinsam mit seinem Bruder, der übrigens Architekt geworden ist, spielt er außerdem im Alphornquartett Alpia4.

Gemeinsam musizieren die Brüder auch schon seit vielen Jahren mit Hannes Ringlstetter. Zuerst gingen sie mit der Rockband „Schinderhannes“ auf Tour. Nun ist Edgar Feichtner dabei, wenn „Ringlstetter“ beispielsweise auf dem Heimatsound-Festival auftritt. Von den Begebenheiten auf unzähligen Gigs von den 1980ern bis heute könnte Edgar Feichtner wohl stunden-, wenn nicht gar tagelang höchst unterhaltsam erzählen. „In der kleinsten Kaschemme vor acht Leuten“ habe er genauso gerne gespielt wie vor dem Botschafter von Manila oder auf Honolulu, wo jedes Bandmitglied in einer Suite des Hilton einquartiert war.

Schubladendenken ist dem Vollblutmusiker bis heute fremd

Das Winter-Tollwood-Festival oder der Lack- und Fetisch-Fasching in München – keine noch so skurrile Veranstaltung ist ihm fremd geblieben. „Das Schöne an der Musik sind für mich die Kontakte, die Leute, die man trifft“, sagt Edgar Feichtner. Und die daraus erwachsene, nur scheinbar lapidare Erkenntnis: „Ob arm oder reich, hier oder dort, es gibt überall Gute und Schlechte.“ Aus dieser Erkenntnis heraus ist ihm Schubladendenken fremd. Zu Beginn seiner Laufbahn als Professor an der damaligen FH sei er einmal fast vom Hausmeister vom Professoren-Parkplatz geschmissen worden. „Mit meinem Golf habe ich da wohl nicht reingepasst“, sagt er zurückblickend. Dass er heute einen metallicfarbenen Oldtimer-Jaguar fährt, ist weniger Statement als Design-Verliebtheit. Während seiner Studienzeit in München gab Edgar Feichtner als Mitarbeiter von Sport Scheck der Münchner Schickeria Tennisstunden. „30 Mark für 45 Minuten, das war damals ein Haufen Geld“, sagt er.

„Momentan mache ich lediglich die Qualitätskontrolle, zu mehr bleibt mir gar keine Zeit.“Edgar Feichtner über sein Unternehmen

n Regensburg tat er das Gleiche in Diensten von Sport Schrott. Feichtner wohnte damals direkt am Neupfarrplatz – für heutzutage sagenhaft günstige 140 D-Mark Miete im Monat. Das Tennisspielen hat Edgar Feichtner, der lange Zeit beim Regensburger Tennisklub RTK am Weinweg aktiv war, mittlerweile aufgegeben. Heute wohnt er mit seiner Frau in Sinzing. Dort ist auch der Sitz seiner Firma. Im Jahr 1999 nämlich gründete Edgar Feichtner die mafotools GmbH, ein privates Marktforschungsinstitut. Mit einem Geschäftspartner und zwei Angestellten führt er den Betrieb. „Momentan mache ich lediglich die Qualitätskontrolle, zu mehr bleibt mir gar keine Zeit“, sagt Edgar Feichtner. Das mit der Karriere hat also letztendlich doch geklappt – und zwar gleich dreifach: als Musiker, als Professor und als Unternehmer in der Marktforschung.

Der Unternehmer ist ein von Sinnhaftigkeit getriebener Mensch

Dass diese verschiedenen Dinge bei ihm einen harmonischen Dreiklang ergeben, begründet er mit seiner „egoistischen Motivation“: Das Kreative, das Improvisieren sei es, was er brauche und was ihm liege – und genau das sei in allen diesen Tätigkeitsfeldern gefragt. „Intrinsische Motivation“ wäre wohl der treffendste Begriff dafür. Weil Edgar Feichtner eben kein Egomane ist, sondern ein von Sinnhaftigkeit getriebener Mensch. Übrigens: Zu sehen, beziehungsweise hören ist Edgar Feichtner mit der Ringlstetter Band am 22. und 29. Dezember um 22.30 Uhr im Bayerischen Fernsehen in der Late-Night-Show „Ringlstetter“.

Im Kugelschreiber bloggen Regensburger Studenten über den Uni-Wahnsinn – hier: