Verbände
Freiherr Guttenberg steht im Wald

Philipp zu Guttenberg vertritt die Interessen von zwei Millionen Waldeigentümern. Dabei wurmt ihn eine Sache besonders.

15.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:56 Uhr
Christine Hochreiter
Philipp zu Guttenberg ist der Bodenständige in der Familie. −Foto: AGDW/Gigler

Der kleine Bruder ist das Landei der Familie, wie er selbst sagt, der Bodenständige, der, der sich ein Leben ohne Wald kaum vorstellen kann. Am Meer hält es Philipp Freiherr zu Guttenberg nie lange aus. Und in der Stadt spürt er schnell die Sehnsucht nach frischer Luft und Natur. Wir treffen uns im Palaiskeller im Bayerischen Hof. Der Mann mit dem berühmten Namen sitzt etwas abseits. Für unser Gespräch platziert er sich mit dem Rücken zu den anderen Gästen. Im Gegensatz zum großen Bruder Karl-Theodor zieht es ihn nicht auf die politische Bühne. Auch medienwirksame Inszenierungen sind nicht so sein Ding.

Der „kleine Guttenberg“ hat Humor. 2011 nahm er den „Orden wider den tierischen Ernst“ des Aachener Karnevalsvereins stellvertretend für seinen Bruder entgegen. Als ironischen Wink auf seinen Bruder und dessen Doktorarbeit trat er dort im „Narrenkäfig“ als „Das Plagiat“ auf und begeisterte das Publikum.

Das Holzland Nummer eins

Es ist ihm ein großes Anliegen, die Waldwirtschaft stärker in den Fokus zu rücken. Schließlich sei Deutschland das Holzland Nummer eins. Und die deutsche Branche genieße auch international den allerbesten Ruf. Philipp zu Guttenberg nennt einige Daten: Rund elf Millionen Hektar Wald gibt es in der Bundesrepublik. Das ist knapp ein Drittel der Landesfläche. Etwa sieben Millionen Hektar befinden sich in privater und körperschaftlicher Hand. Mehr als 450 000 Besitzer kleinerer Waldflächen haben sich in Forstbetriebsgemeinschaften und weiteren Zusammenschlüssen organisiert, um die Bewirtschaftung möglichst sinnvoll und ökonomisch zu gestalten. „Der deutsche Wald ist systemrelevanter als jede Bank“, betont der Interessensvertreter.

Die Forst- und Holzbranche hat 1,3 Millionen Beschäftigte und erwirtschaftet mit 180 000 Betrieben 170 Milliarden Euro im Jahr. In der Öffentlichkeit sei immer noch viel zu wenig bekannt, dass es sich um eines der größten und potentesten Cluster handle, sagt Guttenberg. In der Branche seien mehr Mitarbeiter beschäftigt als im Maschinenbau (850 000 Beschäftigte) oder in der Autoindustrie (knapp 800 000 Mitarbeiter).

Es gibt einen Run auf Wald

Der Wald spiele eine zentrale Rolle beim Klimaschutz und bei der Energieversorgung respektive der Energiewende. Letztere werde ohne den klimafreundlichen Energieträger Holz nicht gelingen, so der Waldpräsident. Holz sei nicht nur als Brennstoff einsetzbar. Es könne Plastik ersetzen, aus Holz könne man Klebstoff und Zucker herstellen und Holz spiele beim klimaeffizienten Bauen eine wichtige Rolle.

Das Thema liegt in den Genen

Inzwischen sei die weltweite Nachfrage nach dem Rohstoff aber so groß, dass sie nicht mehr bedient werden könne. Holz wird weltweit gehandelt. Gleichzeitig sollen in Deutschland aber immer mehr nachhaltig bewirtschaftete Flächen stillgelegt werden. Dies bedeute eine große Gefahr für den ländlichen Raum. Schreiner oder Sägewerke fungierten dort als stabile Stütze – bisher. Zu Guttenberg sorgt sich, dass dies anders werden könnte. Die Forderung, fünf Prozent der Waldfläche in Deutschland nicht zu bewirtschaften, hält er für weltfremd. Wildnis bringe weder für die biologische Vielfalt noch für das Erholungsbedürfnis der Menschen einen Mehrwert. Würden die Pläne der Grünen umgesetzt, könnten bis zu 50 000 Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren.

Das Faible für Natur und Wald scheint in den Genen zu liegen. Auch seine drei Kinder seien davon infiziert, sagt der Wahl-Oberbayer, der mit dem Wissen groß geworden ist, „dass der Wald neben dem, was er an Erholung und Schönheit bietet, auch unsere Lebensgrundlage ist“. Philipp zu Guttenberg ist überzeugt: „Indem wir unser Eigentum bewirtschaften, geben wir auch etwas an die Gesellschaft weiter. Wir betrachten Privateigentum als Verantwortungseigentum.“

Dies geschieht auch, indem der AGDW-Präsident für die Belange der Waldbesitzer auf großer Bühne eintritt – auf Forstkongressen weltweit. Eines wurmt ihn aber schon: Dass seine Branche bei den Energiegipfeln in Berlin außen vor bleibt. „Ich kann nicht begreifen, dass diejenigen, die maßgeblich an der Energiewende beteiligt sind, nicht eingeladen werden.“