Es ist eng, feucht, von der Decke tropft unaufhörlich das Wasser. Immerhin, ab und zu kann man sogar stehen in dem Stollen am Fuße des Hohenbogens, in dem früher ein für die Region ungewöhnlicher Stoff abgebaut wurde: Asbest. Der Eingang zum „Asbest-Loch“ war schon mal gar nicht so einfach zu nehmen. „Es gibt bestimmt einige Deiner Kollegen, die würden da nicht durchpassen“, scherzt Markus Schmidberger, Leiter der Geschäftsstelle des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Nößwartling, am Montag. Er ist auch in diesem Jahr wieder in den fünf großen Winterquartieren der Fledermäuse im Oberen Bayerischen Wald unterwegs, um zu zählen. Wie viele der kleinen Flug-Säuger befinden sich in den Stollen, welche Arten sind die häufigsten? In diesem Jahr kommt erstmals aber noch eine weitere Aufgabe für Schmidberger dazu: Der LBV ist auf „Pilzsuche“.
Dafür hat sich Daniel Koch mit Plastikröhrchen und Spatel bewaffnet. Der 19-Jährige stammt aus dem südhessischen Heppenheim und absolviert seit September ein Jahr über den Bundes-Freiwilligendienst beim LBV. Wieso gerade im Bayerischen Wald? „Ins Ausland wollte ich nicht“, sagt er, und die Stelle beim LBV biete ihm alles, was er machen wolle. Das bedeutet an diesem Tag im dunklen Stollen, die Augen nach Fledermäusen und Pilzbefall offenhalten.
Europäische Pilze schaden in USA
„White-Nose-Syndrom“ heißt eine Krankheit, die in den USA „Millionen von Fledermäusen bereits das Leben gekostet hat“, erklärt Schmidberger, während er mit seiner Stirnlampe den Stollen nach deren Bewohner absucht. Diese Erkrankung werde wohl durch einen Pilz verursacht, der in Europa zu Hause ist und den heimischen Fledermäusen nichts anhaben könne – den Artgenossen auf der anderen Seite des Atlantiks aber zum Verhängnis zu werden drohe. Wie verbreitet dieser Pilz in der Region ist, das soll auch durch das Monitoring 2014 herausgefunden werden.
Lange dauert der Gang durch den Stollen mit den wadenhohen Gummistiefeln nicht, bis beide auf ihre erste „Probe“ stoßen: Ein Nachtfalter, von denen es viele hier unten gibt, sticht ihnen ins Auge: Er ist mit einer dicken Schicht eines weißen Pilzes überzogen. „Der hat schon eher White-Body-Syndrom“, bemerkt Schmidberg, und bedeutet Koch, das Exemplar einzutüten. Dasselbe gilt auch für ein Stück Holz, das nur wenige Biegungen weiter im Wasser schwimmt. Auch das ist mit auffälligen Pilzen überzogen. Wonach die LBV-Männer aber besonders suchen, darauf stoßen sie erst in einem weiteren Arm des Stollen-Systems: Ein dicker Pilzbefall rund um eine Fledermaus, die von der Decke herabhängend ihre Winterruhe verbringt – es könnte eine Art „Volltreffer“ sein auf der Suche nach der besonderen Pilz-Art.
In einem Punkt ist sich Schmidberger aber schon nach gut einer halben Stunde sicher: „Es sind nicht so viele Fledermäuse, wie in den vergangenen Jahren.“ Ein Grund dafür könnten die warmen Temperaturen bislang sein, dadurch seien viele der kleinen Säuger auch in den vergangenen Wochen immer wieder „aktiv“ gewesen.
Feuersalamander als Mitbewohner
Was Schmidberger und Koch aber in überraschend großer Zahl finden. sind Feuersalamander. „Sieben waren mal besonders viele“, erklärt Schmidberger – an diesem Tag finden sie innerhalb kürzester Zeit bereits vier davon. Sie werden alle fotografiert. „An der Zeichnung kann man nachprüfen, ob es immer dieselben sind“, weiß Schmidberger. Die Amphibien laichen auch in den Stollen, weshalb sogar beim Treten ins Wasser Vorsicht geboten ist. Alle Funde und Proben werden natürlich dokumentiert. Während Koch die nächste Probe nimmt, zieht Schmidberger ein digitales Thermometer aus der Tasche: 8,9Grad Celsius zeigt es an. Ideale Bedingungen für Schmetterlinge, Amphibien und Säugetiere, die hier überwintern.
Nachdem der Stollen abgegangen ist, geht es weiter nach Lam, aufs Eck und den Osser, wo sich weitere Fledermaus-Winterquartiere befinden. „Das größte mit über 1000 Exemplaren bleibt der Silberberg in Bodenmais“, sagt Schmidberger. Am Hohenbogen waren es in den vergangenen Jahren immer rund 60 Fledermäuse – dieses Jahr allerdings nicht. Rund 25weitere Quartiere gibt es im Landkreis Cham, die aber meist nur zwischen „zwei und fünf“ Fledermäuse aufsuchen. Sie werden nicht regelmäßig besucht. Am heutigen Dienstag geht es dann weiter zu zwei „Neumeldungen“, die sich beide noch gerne ansehen – auch, weil der Eingang leichter zugänglich ist, als am Hohenbogen.
Das White-Nose-Syndrom
Das White-Nose-Syndrom ist eine mit dem Pilz Geomyces destructans in Zusammenhang stehende Erkrankung, die Fledermäuse befällt und zu Massensterben der Tiere in den USA führt. Erste Beobachtungen stammen aus dem Februar 2006. Befallene Tiere wurden in als Überwinterungs-Quartier genutzten Höhlen in New York gefunden. Tote oder sterbende Tiere zeigen vielfach weißen Pilzbewuchs, vor allem in der Nasenregion, aber auch an anderen Körperteilen. Quelle: wikipedia
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