Kampf gegen Verschwendung Bekannte Lebensmittelretterinnen zum Containern: „Berliner Initiative ist noch kein Erfolg“

Olching.Der Vorschlag der Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) und Marco Buschmann (FDP) zur Entkriminalisierung des Containerns geht zwei der bekanntesten deutschen Lebensmittelretterinnen nicht weit genug.
„Was die Bundesminister diesen Dienstag auf den Tisch gelegt haben, ist aber noch kein Erfolg“, erklärten Caro (31) und Franzi (29), die in den Medien nicht mit ihrem vollen Namen genannt werden wollen, im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern. „Dieser Vorschlag kann nur ein erster Schritt sein. Denn gesetzlich gesehen wird das Containern in vielen Fällen weiterhin eine rechtliche Grauzone bleiben. Wir fordern von Anfang an eine grundlegende Gesetzesänderung, die Ressourcenschutz angeht und ernst nimmt.“
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Die beiden ehemaligen Studentinnen aus Olching (Landkreis Fürstenfeldbruck) haben die aktuelle Gesetzeslage selbst zu spüren bekommen, weil sie containert haben. 2019 sind die Frauen deswegen vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck verurteilt worden, allerdings zu einer milden Strafe. Sie sollten acht Arbeitsstunden bei der Tafel ableisten und 225 Euro Geldstrafe auf Bewährung zahlen, wogegen sie Verfassungsbeschwerde einlegten.
Damit erlangten die beiden Bayerinnen bundesweite Bekanntheit. Doch auch vor dem Karlsruher Gericht scheiterten sie. Aufgegeben haben die beiden jungen Frauen ihren Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung aber nicht: 190.000 Unterschriften haben sie im vergangenen Jahr für eine Petition gesammelt, in der sie die Entkriminalisierung des Containerns und einen Wegwerfstopp für Supermärkte fordern.
„Politisch hat sich bisher wenig bewegt“
Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung in „unserem Fall“ an die Politik verwiesen und auch eine mögliche Änderung des Strafgesetzbuches in den Raum gestellt. „Politisch hat sich bisher wenig bewegt, das macht uns wütend“, erklärten die beiden Frauen.
Mit dem neuen Vorschlag der Minister würden Supermärkte noch immer Essen ohne Folgen in die Tonnen werfen können und Rettern von Lebensmitteln drohe auch weiter eine Strafverfolgung. „Was ein wesentlicher Aufwand beim Containern ist, z. B. wenn die Tonnen – wie in unserem Fall – verschlossen sind, wird aus dem Vorschlag nicht deutlich“, erklärten die beiden Frauen.
Und ihr Rechtsanwalt Max Malkus kommentiert die Berliner Initiative in einer Stellungnahme: „Es scheint eine Verlegenheitslösung zu sein, weil man sich in der Regierung eine wirkliche Wende hin zum nachhaltigen Ressourcenschutz nicht zutraut.“ In einigen europäischen Ländern gelte bereits, dass noch genießbare Lebensmittel erst gar nicht in der Tonne landen dürfen, sondern an gemeinnützige Organisationen, wie die Tafeln, verpflichtend weitergegeben werden müssten, sagt Caro. Sie ist überzeugt: „Über den praktischen Nutzen hinaus würde eine Gesetzesänderung ein wichtiges Zeichen setzen – und zwar, dass wir als Gesellschaft den Wert von Lebensmitteln schätzen, anstatt den Schutz von Eigentum an ,Lebensmittelmüll‘ gesetzlich über den Schutz der natürlichen Lebensgrundlage zu stellen.“
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