Cleo Kretschmer: Nach Hirnblutung zurück im Leben

Schauspielerin hatte nur fünf Prozent Überlebenschance / Buch erzählt von ihrer Krankheit / Auftritt bei Benefiz-Zirkus

24.11.2006 | Stand 24.11.2006, 0:00 Uhr

Von Isolde Stöcker-Gietl, MZ

DORFEN. Ihren letzten Gedanken schenkte Cleo Kretschmer ihren Katzen. Dann ließ sie los und ging in eine andere Welt – zumindest für eine kurze Zeit. Am 10.Oktober 1998 wäre das Leben für den Filmstar der 70er und 80er Jahre fast zu Ende gewesen. Die Gehirnblutung, ein so genanntes Aneurysma nahe des Sprachzentrums, kam ohne große Vorwarnung, bei einem Abendessen in einem Restaurant. „In diesem Moment war es, als würde man den Stecker herausziehen. Ich wusste, es ist der Tod und ich folgte ihm in sein warmes Licht“, erzählt die Schauspielerin im MZ-Interview. Doch Cleo Kretschmer erwachte aus dem Koma. Den 13. Oktober feiert sie seitdem als den Geburtstag für ihr zweites Leben.

Prognosen waren sehr schlecht

Die Prognosen nach einer Gehirnblutung sind nicht gut. Bei Cleo Kretschmer lag die Überlebenschance nach Einschätzung der Mediziner bei gerade mal fünf Prozent. „Ein Drittel der Betroffenen stirbt, ein weiteres Drittel überlebt mit schweren Behinderungen, nur ein Drittel schafft den Weg“, schildert Cleo Kretschmer. Als die Schauspielerin nach einer riskanten Kopf-Operation aus dem Koma erwachte, hatte sie ihre Sprache verloren, in der rechten Seite ihres Körpers hatte sie Lähmungen. Doch das, woran andere Menschen verzweifeln, begriff die gläubige, „aber nicht katholische“ Schauspielerin als Chance.

Ihre innere Stimme habe ihr immer wieder den Satz „Geduld ist die Brücke zur Freude“ ins Gedächtnis gerufen, erzählt sie. Daran klammerte sie sich und kämpfte sich Schritt für Schritt zurück ins Leben. Zwei Monate lag die gelernte Drogistin, die Mitte der 70er Jahre in Filmen ihres damaligen Freundes und Regisseurs Klaus Lemke den Durchbruch schaffte, im Krankenhaus. Ihre Genesung sei überraschenderweise im Rekordtempo verlaufen. „Auch die Ärzte waren erstaunt.“ Cleo Kretschmer tat das, was sie für richtig hielt. Eine Rehabilitationsmaßnahme lehnte die Schauspielerin ab. Zumal der lange Krankenhausaufenthalt ihre Ersparnisse aufgebraucht hatte. Denn eine Krankenversicherung besaß sie nicht.

Mit Hilfe einer Logopädin erlernte sie die Sprache neu. „Man muss sich das wirklich wie bei einem Baby vorstellen, alle Verbindungen im Gehirn müssen neu hergestellt werden.“ Von Gebrabbel ging es über erste Wörter und Sätze zurück zur Sprache. Durch die Krankheit hatte Cleo Kretschmer auch ihr Kurzzeitgedächtnis verloren. „Aber da hilft kein Druck und keine Tabletten, es braucht eben seine Zeit, bis das Gehirn wieder hergestellt ist.“

Heute merkt man Cleo Kretschmer von ihrer Krankheit nichts mehr an. Sie könne sich nicht mehr so lange konzentrieren, gesteht die Schauspielerin, die mit ihren Katzen in einer bunten Zwei-Zimmer-Wohnung im oberbayerischen Dorfen lebt. Die Krankheit hat sie nie als ihr Schicksal betrachtet, sondern als eine Art zweite Chance für ihr Leben. „Als es den großen Knall in meinem Kopf gab, entschwanden in einer Zehntelsekunde mein Leben, meine Sprache, meine Bewegung, mein Beruf, viele Freunde und auch das wenige Geld auf meinem Konto in den Nebeln des Unsichtbaren“, schreibt sie in ihrem Buch „Sehnsuchtskarussel“ (Heyne-Verlag). Doch Cleo Kretschmer erkämpft sich alles, was für sie im Leben wichtig ist, zurück. Davon erzählt auch das Buch, in dem Cleo Kretschmer unter ihrem zweiten Vornamen Maria in Tagebuchform ihr Leben aufarbeitet und eine neue Liebe findet.

Es wird nicht das letzte Buch der Schauspielerin sein, ein Skript für einen zweiten Roman hat sie bereits fertig. Denn zurück auf die Bühne oder vor die Kamera will sie nicht. Nach einigen kleineren Rollen – „aus therapeutischen Gründen“ – hat sie sich endgültig davon verabschiedet. „Ich habe meinen Zenit als Schauspielerin schon erreicht. So wie heute gearbeitet wird, das liegt mir nicht.“

Derzeit ist Cleo Kretschmer auf Lese-Reise mit ihrem Buch. „Es wird bei meinen Veranstaltungen nicht nur gelesen, sondern gefeiert“, verrät sie. Es gibt gutes Essen und natürlich auch immer einen ihrer alten Filme zu sehen. Auch in Regensburg plant sie einen solchen Abend.

Doch zunächst wird Cleo Kretschmer am 22. Dezember beim Benefiz-Weihnachtszirkus zu Gunsten des Vereins zweites Leben auftreten, um den Bau eine Neurologischen Nachsorgezentrums zu unterstützen. Die Schauspielerin, die aus ihrer Krankheit nie ein Geheimnis machte, will mit ihrem Auftritt, übrigens eine Kamel-Nummer, ihren Beitrag für das Projekt leisten. Denn wie plötzlich man auf eine solche Einrichtung angewiesen sein kann, das hat Cleo Kretschmer selbst erlebt.

Karten für den Benefiz-Zirkus sind beim Mittelbayerischen Kartenvorverkauf im DEZ, der Tourist-Info und bei allen Vertragsvorverkaufsstellen erhältlich. Telefonischer Kartenservice 01805/301070 (0,12 Euro/Minute). Im Internet: www.mittelbayerische.de/tickets