Sprache Die Mundart soll zurück in den Alltag
Wissenschaftler der TU München setzen sich dafür ein, das Bairische aufzuwerten – sonst könnte es verloren gehen.

Regensburg. Alle 14 Tage stirbt eine Sprache aus: Das ist, was Sepp Obermeier fürchtet. Denn es könnte eines Tages auch das Bairische treffen, sagt der Vorsitzende des Dialektfördervereins Bund Bairische Sprache und beruft sich dabei auf die US-amerikanischen Wissenschaftler Daniel Abrams und Steven Strogatz. Sie haben außerdem eine Erklärung dafür gefunden. „Wenn zwei Sprachen in direkter Konkurrenz stehen, überlebt die Sprache, die das höhere Ansehen hat“, erklärt Obermeier. Deswegen ist sein Anliegen, das Bairische aufzuwerten und es auf Augenhöhe zum Hochdeutschen anzuheben. Er will deutlich machen, dass Bairisch keine minderwertige Sprache ist.
Und deswegen hat er passend zum heutigen Internationalen Tag der Muttersprache einen Appell an die Bayern gestartet, die Sprache selbstbewusst im Alltag zu verwenden. Mit Erfolg: Die Initiative hat Unterstützer aus der Wissenschaft. Einige Professoren der Technischen Universität München haben den Aufruf unterschrieben. Auch TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann befürwortet sie.
Sprachen sterben aus
-
Ursprünge:
Der Internationale Tag der Muttersprache stammt aus dem Jahr 1952. Damals fand in Pakistan eine Demonstration gegen den Beschluss der Regierung statt, die Sprache Urdu zur Amtssprache zu erheben. -
Vielfalt:
Laut Unesco ist etwa die Hälfte der derzeit 6000 gesprochenen Sprachen vom Verschwinden bedroht. -
Verein:
Der Bund Bairische Sprache setzt sich seit 2005 für den Erhalt des Bairischen ein.
Im Alltag habe man häufig den Eindruck, dass ein Dialekt abschätzig betrachtet werde, findet Obermeier. „Ich erinnere mich an eine Begegnung mit einer Studentin. Sie hat mir gesagt, dass sie nicht als intellektuell angesehen wird, wenn sie bairisch spreche.“ Obermeier findet sogar, dass das Gegenteil der Fall ist: „Nach der Schrift zu sprechen ist eine Grundschulkompetenz.“
Dialekt kommt gut an
Er glaubt, dass das Sprechen eines Dialekts häufig vom Umfeld weitaus weniger kritisch wahrgenommen wird als von einer Person selbst. So habe ihm beispielsweise ein Personalentscheider eines großen Automobilherstellers gesagt, dass ein Dialekt Authentizität und Ehrlichkeit ausdrücke. Das spreche für einen Bewerber.

Dabei ist der bairische Dialekt einer der beliebtesten. In einer Allensbach-Umfrage war „Bairisch“ die am häufigsten genannte Antwort auf die Frage, welchen Dialekt die Befragten besonders gern hören. Die Führungsposition aus dem Jahr 1998 konnte das Bairische 2008 verteidigen.
Das Bekenntnis zur bairischen Sprache werde im universitären Alltag nichts verändern, erklärt Prof. Dr.-Ing. Reinhard Rummel vom Lehrstuhl für Astronomische und Physikalische Geodäsie an der TU München. Vorlesungen finden weiterhin auf Deutsch oder Englisch statt.
„Witzpostkarten-Niveau“
Das ist auch im Sinne des Vereins Bund Bairische Sprache: Er will nicht, dass die Menschen nur noch Bairisch sprechen. In einer Mitteilung zur nun gestarteten Initiative heißt es: „Die Empfehlung zum situationsangemessenen Gebrauch der Heimatsprache widerspricht nicht dem Konzept der Mehrsprachigkeit, und widerspricht auch nicht der Englischsprachigkeit in der wissenschaftlichen Lehre und Forschung einer Spitzenuniversität.“
Lesen Sie außerdem: Der Bund Bairische Sprache verlieh Rainer Maria Schießler die Bairischen Sprachwurzel, wei er den Dialekt pflegt. Ein weiterer Preisträger war Stefan Dettl von der Kultband LaBrassBanda.
Doch nicht jeden Versuch, die Sprache in die Gesellschaft zu tragen, befürwortet der Verein. Ein Supermarkt aus Bruckmühl bei Rosenheim drückte die Liebe zum heimischen Dialekt 2017 so aus: „Zum Dreg weg macha“ oder „Ei-gemacht’s in Glasl’n“ stand auf den Hinweisschildern zu den angebotenen Waren. Doch das ist in den Augen von Sepp Obermeier nicht dienlich, um das Bairische zu wahren. Das habe „Oktoberfest-Witzpostkarten-Niveau“ findet er.
In unserem Quiz können Sie Ihr Wissen rund ums Bairische testen:
Hier gelangen Sie zur Dialekt-Serie von Prof. Dr. Ludwig Zehetner.
Weitere Meldungen aus Bayern finden Sie hier.
Aktuelles aus der Region und der Welt gibt es über WhatsApp direkt auf das Smartphone: www.mittelbayerische.de/whatsapp
Weitere Artikel aus diesem Ressort finden Sie unter Bayern.