MZ-Serie
Hannes Ringlstetter: Eher zufällig cool

Er ist Musiker, Schauspieler, Kabarettist, Moderator und vor allem eines: Niederbayer aus Leidenschaft.

22.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:41 Uhr
Eine Rampensau, die sich immer wieder gerne aus dem Scheinwerferlicht zurückzieht: Hannes Ringlstetter/MZ-Archiv −Foto: bjs

Als Hannes Ringlstetter beim Pressetermin zu seiner neuen Sendung „Ringlstetter“ von einem Fotografen gebeten wird, mit den Armen die Größe einer Melone zu zeigen, da macht er noch einen recht derben Witz, über den vor allem die anwesenden Männer lachen. Doch im Gespräch wenig später ist aller Chauvinismus verflogen. Nachdenklich ist er da, freundlich und offen. „Ich finde es lustig, dass manche Leute glauben, dass man immer eine Rampensau ist. Vor allem, weil ich mich selbst als jemand erlebe, der sich oft zurückzieht.“

Dass Hannes Ringlstetter, eigentlich Johannes, mit dem Etikett Rampensau leben muss, verwundert nicht. Der Lehrersohn wuchs im beschaulichen Niederbayern auf, nahe Straubing, mit klassischer Musik und Literatur, Hausmusik und Klavierunterricht. Doch schon früh brach sich seine eigene Kreativität Bahn. „Wetten, dass..“ zu moderieren war sein frühester Berufswunsch, dann entdeckte er die örtliche Theatergruppe.

Mit Nestroy-Aufführungen schockierten die Teenager ihr Publikum, und Ringlstetter fand endlich die Abwechslung, die ihm auf dem Dorf so lang gefehlt hatte. Nach Abitur und Zivildienst studierte er in Regensburg Germanistik und Geschichte, dann zog er los mit seiner Band Schinderhannes. Zehn Jahre lang, nicht ganz ohne Erfolg, aber eben auch ohne den großen Durchbruch. Gespielt wurde, wenn im Publikum mehr Menschen waren als auf der Bühne.

Ganz im Ernst, wenn wir das jetzt nicht machen würden, dann würde exakt nichts passieren.Hannes Ringlstetter über seine neue Show

Er hat später ein Buch geschrieben über diese Zeit, genannt hat er es „Paris. New York. Alteiselfing: Auf Ochsentour durch die Provinz“. Und Ochsentour trifft es wohl, in mehr als einer Hinsicht: Es war eine frustrierende Zeit, aufreibend und niederschmetternd, und doch wollte Ringlstetter nicht aufgeben. Er hatte sich verbissen, glaubte fest an sich und seine Band. Und musste schließlich 2003 doch einsehen, dass sein Traum nicht wahr werden würde.

Sich selbst nicht zu ernst nehmen

Es war eine schwere Zeit, eine, von der er später sagen wird, dass sie einen der Brüche markiert, die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist. Die ihn gelehrt haben, aufzuhören, wenn er bei etwas kein hundertprozentig gutes Gefühl mehr hat. Und sich nicht allzu wichtig zu nehmen.

So weit ist er dabei gekommen, dass der heute 46-Jährige über seine neue Show auch Dinge sagen kann wie: „Ganz im Ernst, wenn wir das jetzt nicht machen würden, dann würde exakt nichts passieren.“ Um dann aber gleich fortzufahren, was für ein großes Glück es sei, sie machen zu dürfen: Ein Talkformat, das die Lücke nach dem Ende der Sendungen von Harald Schmidt, Erwin Pelzig und von „Zimmer frei!“ füllen könnte, eine Show, die sich ernsthaft mit ihren Gästen beschäftigt. In der er sich auf Gäste wie Christian Tramitz und Ina Müller freut, auf Josef Hader und Tamara Dietl. Und, wenn es gut geht, dem Zuschauer auch noch neue Blickwinkel aufzeigt.

Ich bin eher cool aus Zufall.Hannes Ringlstetter

Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das sich fast aus Zufall ergeben hat, weil der Bayerische Rundfunk nach einem neuen Format suchte und Ringlstetter offen war für Neues, nachdem er seine Sendung „Vereinsheim Schwabing“ abgegeben hatte. Ein Projekt, mit dem sich Hannes Ringlstetter noch einmal neu erfindet. Wieder mal.

Nach dem Aus von Schinderhannes 2003 versuchte sich Ringlstetter als Solokünstler, trat auf am Theater Regensburg, am Münchner Studententheater, in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, am Lustspielhaus, im Fernsehen. Und wurde so immer bekannter. Ohne dass er sich das ganz erklären kann: „Ich bin eher cool aus Zufall.“ Bis ihm sogar das gelang, wovon er mit Schinderhannes immer geträumt hatte: sein Lied „Niederbayern“ wurde zum Hit. Dabei war es eigentlich nur entstanden aus Frust über die vielen Lieder voller „geschleimigem Heimatgetue“.

Ringlstetter mag seine Heimat mit all ihren Ecken und Kanten, mit all den liebenswert kauzigen und grantelnden Menschen darin, die ihm so viel lieber sind als jedes Jodelidyll. Also, dachte er sich, „vielleicht muss man die Klischees einfach benennen, um sie zu überwinden“.So entstand das Lied, eine der vielleicht ehrlichsten Liebeserklärungen an Niederbayern, die es jemals gab.Die Menschen aus seiner Heimat, die es im Internet kommentieren, loben unter anderem seine „ambivalente Hassliebe zur Provinz“. Und es sind längst nicht nur Niederbayern, die sich und ihre Heimat in Ringlstetters Zeilen wiedererkennen.

Bloß kein Schicki-Micki-Leben

Heute steht Hannes Ringlstetter seit mehr als 25 Jahren auf der Bühne, füllt den Münchner Circus Krone, in Landshut musste sein Auftritt wegen der großen Nachfrage gerade aus den Bernlochner Sälen in die Sparkassen Arena verlegt werden. Er genießt den Erfolg, der es ihm erlaubt, seine Talente zu leben und Projekte anzustoßen und zu verwirklichen, die er spannend findet. Was er nicht braucht: Ein Schicki-Micki-Leben zwischen Partys und Galas. „Ich bekomme immer diese ganzen Einladungen und frage mich: Wer geht da eigentlich hin?“

Privat mag Ringlstetter es beschaulich. Er lebt nicht nur in München, sondern nach wie vor auch auf dem Land. Und trifft sich mit Freunden, die seit 20 Jahren dieselben sind. Und die ihn so kennen, wie er ist: Als Rampensau, die sich immer wieder sehr gerne aus dem Scheinwerferlicht zurückzieht.

„Ringlstetter“ läuft ab 1. Dezember donnerstags um 22.30 Uhr im BR Fernsehen. Am 26. Dezember ist Hannes Ringlstetter im Regensburger Theater am Bismarckplatz zu Gast. Tickets ab 31,50 Euro gibt es unterwww.theater-

regensburg.de.

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