Sport
Jahn-Investor baut gerne Luftschlösser

Ideen, aber kein Geld: Philipp Schober hat bei Kooperationen mit Sportclubs bundesweit verbrannte Erde hinterlassen.

02.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr

Philipp Schober hat die Anteile von Bauträger Volker Tretzel am Jahn Regensburg übernommen. In der Vergangenheit hatte der Münchner Investor eine Reihe von Misserfolgen bei Kooperationen mit Sportvereinen.Foto: Lex

Der neue Jahn-Investor Philipp Schober (31) will in Regensburg Großes aus dem Fußballclub machen. Er hat Szenarien für ein Trainingszentrum entworfen, spricht vom Erstliga-Potenzial. Wer sich in Schobers beruflicher Vergangenheit umhört, der erfährt, dass er gerne große Ideen entwickelt, doch als erfolgreicher Geschäftsmann konnte er sich bislang nicht positionieren. Auch in finanzieller Hinsicht gab es Probleme: Schober kam Verpflichtungen nur schleppend, teilweise erst im Wege der Zwangsvollstreckung nach. In seiner Firma Mainspo GmbH, die er später in Phyllos Sport Marketing GmbH umbenannte, war die Finanzlage stets prekär, sagt Axel Ostermeier, ein ehemaliger Mitarbeiter. Er bestätigt gegenüber unserem Medienhaus, dass Gerichtsvollzieher tätig wurden, mehrfach habe er auch wütende Anrufer besänftigen müssen, die ihr Geld forderten. „Schober kann einem Eskimo einen Kühlschrank samt Ausfallversicherung verkaufen, aber liefern kann er nicht“, spielt er auf dessen Redegewandtheit an.

Mitarbeiter zogen vor Gericht

Mit zwei Firmen, der Mainspo GmbH sowie der Mainspo Marketing GmbH versuchte Schober im Jahr 2015 im Sportmarketing Fuß zu fassen. Er akquirierte fleißig, konnte bei bekannten Sportvereinen Türen öffnen, doch innerhalb weniger Wochen endeten die Engagements. „Schober konnte nicht halten, was er zuvor versprochen hatte“, sagt Alexander Althammer, der 2015 wenige Wochen für Schobers Unternehmen tätig war und später vor Gericht gehen musste, um sein Gehalt zu erhalten. Schober hatte weder ihn bezahlt noch Sozialabgaben abgeführt. Vor dem Arbeitsgericht Regensburg wurde später ein Vergleich geschlossen. Axel Ostermeier erwirkte vor dem Arbeitsgericht München ein Versäumnisurteil gegen die Mainspo GmbH. Auch ihm hatte Schober das vereinbarte Gehalt zunächst nicht gezahlt. Kurz vor Ablauf der Probezeit wurde Ostermeier, den das Arbeitsamt in Schobers Firma vermittelt hatte, gekündigt. „Per Einschreiben. Er konnte es mir nicht einmal persönlich sagen.“

War das Geld knapp, weil die Kooperationen endeten, bevor Schober damit Geld verdienen konnte? Im Gespräch mit unserem Medienhaus bestätigen mehrere Sportvereine, dass die Zusammenarbeit mit der Mainspo GmbH nicht von Erfolg gekrönt war und deshalb nach wenigen Wochen endete. Beim MSV Duisburg sollte Schobers Unternehmen für Sponsoring-Aufträge finanziell in Vorleistung gehen. Dieser Verpflichtung sei es nicht nachgekommen. Dem Verein gegenüber habe er sein Unternehmen als verlässlichen und erfolgreichen Partner dargestellt, sagen die ehemaligen Mitarbeiter. Peter Mohnhaupt, Geschäftsführer beim Zweitligisten MSV Duisburg, bestätigt, dass es nach wenigen Monaten zum Bruch zwischen dem Fußballclub und Schobers Firma gekommen sei. Zum Vertragsinhalt will sich der Fußballclub nicht äußern. Ostermeier sagt, er habe Schober davor gewarnt, den Vertrag zu unterschreiben, da die Mainspo in Vorleistung gehen musste. Hohe Beträge, die die GmbH nicht hatte. Schober habe aber darauf vertraut, dass er schnell Erfolge einfahren könne.

Der Anteilskauf durch Investor Schober sorgt beim Jahn seit langem für dicke Luft: Eine Bestandsaufnahme von Mitte Juli.

MSV Duisburg klagte

Im Herbst 2015 wurde die Mainspo vom MSV Duisburg vor dem dortigen Landgericht verklagt, der MSV erwirkte ein Versäumnisurteil. Bei Nichterfüllung von Vertragsinhalten sei eine Vertragsstrafe definiert gewesen. In welcher Höhe diese angesetzt war, will Mohnhaupt nicht sagen. Der Sprecher des Landgerichtes Duisburg, Dr. Matthias Breidenstein, bestätigte auf Nachfrage, dass es ein Versäumnisurteil vom 1. September 2016 mit einer festgelegten Summe von 350 000 Euro gegen die Phyllos GmbH gibt. Schober hatte die Mainspo GmbH im Oktober 2015 in Phyllos GmbH umbenannt. Im Mai 2016 zog er sich als Gesellschafter und Geschäftsführer zurück und verkaufte das Unternehmen an einen polnischen Geschäftsmann. Philipp Schober, den wir zur Kooperation mit dem MSV Duisburg befragten, teilte über seine Anwälte mit, dass er von dem Versäumnisurteil nicht betroffen sei, da er zu diesem Zeitpunkt nicht Geschäftsführer der beklagten Firma war. „Dessen ungeachtet befindet sich unser Mandant aktuell mit dem MSV Duisburg in Gesprächen, um die Angelegenheit einer gütlichen Einigung zuzuführen.“ Mohnhaupt hatte angekündigt, dass der Verein aufgrund der aktuellen Entwicklungen prüfen werde, „ob wir den Fall noch einmal aufnehmen“. Denn der Kauf der Anteile am SSV Jahn Regensburg deute darauf hin, dass Schober nicht mittellos sei.

Interessantes Detail am Rande: Jener polnische Geschäftsmann, der Schobers Firma übernahm, wurde laut Handelsregister in dieser Zeit auch Gesellschafter eines Restaurants in Düsseldorf, eines Geschäftes für design-orientierte Einrichtungsgegenstände in Westerstede und eines Dienstleistungsunternehmens in Berlin.

Der Einstieg von Philipp Schober beim Jahn: Eine Chronologie

Sollte ein Insolvenzverfahren umgangen werden?

Prof. Dr. Alexander Hellgardt, Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Grundlagen des Rechts an der Universität in Regensburg sagt, dass der Verkauf einer GmbH ins Ausland ein Hinweis dafür sein könnte, dass der Inhaber ein normales Insolvenzverfahren umgehen wollte. Im Fall von Schobers Firma Mainspo/Phyllos hatten Gläubiger auf juristischem Wege versucht, an ihr Geld zu kommen. Eine Vollstreckung im Ausland stelle für sie eine enorme Hürde dar, sagt Hellgardt. Man spreche in solchen Fällen von einer „Firmenbestattung im Ausland“.

Strafrechtliche Konsequenzen hätte dieses Vorgehen für den ehemaligen Inhaber Schober aber nur dann, wenn nachgewiesen würde, dass er selbst seiner Insolvenzantragspflicht nicht nachgekommen sei. Bislang gibt es im Handelsregister keinen Eintrag für die Phyllos GmbH, dass ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Dass eine unrentable Firma ins Ausland verkauft wird, das hat laut Hellgardt für den Inhaber oft einen sehr bedeutsamen Grund. „Eine Insolvenz im Lebenslauf macht sich nicht gut. Das kann man auf diese Weise umgehen.“

Auch Schobers zweite Firma, die Mainspo Marketing GmbH, gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern 2015 aus der Mainsoccer GmbH umfirmiert, wurde Anfang 2017 in München abgewickelt. Als Liquidator wurde der 2015 bestellte Geschäftsführer eingesetzt. Damit konnte Schober den Misserfolg aus seinem Lebenslauf streichen. Der Liquidator sagte in einem Gespräch mit unserem Medienhaus, dass die Zusammenarbeit „nicht funktioniert“ habe. Ansonsten will er sich nicht zu den Vorgängen äußern. Philipp Schober ließ über seine Anwälte mitteilen, dass die Abwicklung der Firma Mainsoccer GmbH nach den gesetzlichen Vorgaben umgesetzt worden sei. Zum Verkauf der Mainspo/Phyllos GmbH an den Geschäftsmann in Polen äußerte er sich nicht.

Die Spitze des Regensburger Fußball-Zweitligisten grenzte sich im Interview mit unserem Medienhaus unmissverständlich vom neuen Investor Philipp Schober ab.

Die Kölner Haie ohne Anzüge

Bevor er die Firmen abstieß, heuerte Schobers Unternehmen auch beim Eishockey-Verein Kölner Haie im Rahmen einer Vertriebskooperation an. „Wir freuen uns auf einen lebendigen Austausch und eine erfolgreiche Zusammenarbeit“, sagte damals Geschäftsführer Peter Schönberger laut einer Pressemitteilung. Nun erzählt er im Gespräch mit unserem Medienhaus, dass bereits Schobers erste Aktion für den Verein ein Fiasko war. Der Marketingprofi aus München wollte den Spielern Anzüge der Marke Boss, das Stück für 1100 Euro, beschaffen. In diesen sollte sich der neue Kader präsentieren. Die Spieler waren beim Schneider und haben sich vermessen lassen, sagt Schönberger. Doch danach sei nichts mehr passiert, bis sich der Verein schließlich selbst an den Schneider wandte. Der erklärte den Verantwortlichen der Kölner Haie, dass er nicht umsonst arbeiten werde. „Da wir unserer bisherigen Anzug-Firma bereits abgesagt hatten, bekamen die Spieler in dieser Saison keine neuen Anzüge. Das war ärgerlich und ist unseriös“, sagt Schönberger, der inzwischen die Geschäftsführung beim Handballbundesligisten VfL Gummersbach übernommen hat. Danach sei die Zusammenarbeit mit Schober beendet worden. „Er kam, machte viele Versprechungen, er hat 1000 Bälle hochgehalten und jongliert. Doch am Ende hat er nach meiner Erinnerung keinen einzigen Sponsor gewinnen können“, fasst Schönberger das kurze Intermezzo zusammen.

Im Juli desselben Jahres heuerte Schober auch als Vertriebspartner der Würzburger Kickers an. Auch hier freute man sich laut Pressemitteilung zunächst über die Zusammenarbeit: „Wir wollen die Professionalisierung der Würzburger Kickers nach dem Aufstieg in die 3. Liga weiter vorantreiben und sind überzeugt, mit der Mainspo GmbH den richtigen Kooperationspartner gefunden zu haben. Gemeinsam wollen wir die Weichen für die Zukunft stellen und die Vermarktung auf ein neues Niveau heben“, sagte damals Ariane Keup, Vorstand Sponsoring & Marketing bei den Kickers. Doch auch in Würzburg kehrte wohl rasch Ernüchterung ein. Nach wenigen Monaten endete die Kooperation. Eine schriftliche Anfrage an die Vereinsverantwortlichen zu den Gründen blieb bis jetzt unbeantwortet.

Beim SV Grödig im Salzburger Land in Österreich kam es laut dem ehemaligen Sportchef Roland Arminger im Sommer 2015 erst gar nicht zu einer Kooperation. „Bereits im Vorfeld der Vertragsausarbeitung wurden die unterschiedlichen Ansichten in der praktischen Umsetzung deutlich“, weshalb man schließlich keine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt habe. Schober sei ein guter Redner, der am Verhandlungstisch Hoffnungen bei den Vereinen wecken könne, sagt Arminger. Beim SV Grödig hätten sich rasch Differenzen abgezeichnet. Es habe „nicht gepasst“.

Hier lesen Sie das Interview, das Philipp Schober unserem Medienhaus kurz nach seinem Einstieg als Investor beim SSV Jahn gab.

Schober weist Vorwürfe zurück

Auch im Zuge einer Zusammenarbeit mit zwei ehemaligen Fußballnationalspielerinnen kam es 2015 zu finanziellen Problemen. In diesem Fall ging es um ein gemeinsames Projekt, das letztlich nicht zustande kam, für das Kunden aber Anzahlungen geleistet hatten, die zurückgezahlt werden mussten. Die beiden Frauen wollen sich dazu nicht mehr öffentlich äußern, weil Schober seinen Verpflichtungen im Nachhinein nachgekommen sei, sagen sie.

Schober ließ dazu mitteilen, dass er mit Nachdruck zurückweise, dass er vertraglichen Leistungen jemals nicht nachgekommen sei. Zu internen Angelegenheiten die Kooperationen mit einzelnen Vereinen betreffend werde er keine Auskunft geben. „Es bestehen hier auf beiden Seiten Verschwiegenheitsverpflichtungen.“

Verschwiegenheit, das ist etwas, was Schober überhaupt sehr wichtig ist. So ist bekannt, dass er eine sogenannte Reputationsagentur damit beauftragt hat, unliebsame Spuren aus der Vergangenheit im Internet zu beseitigen. Unserem Medienhaus liegt ein solches Schreiben vor, in dem die Agentur im Namen Schobers die Aufforderung erteilt, „unerwünschte Inhalte“ offline zu stellen. Alexander Althammer bestätigt, dass es Schober auch in dem mit ihm geschlossenen Vergleich sehr wichtig gewesen sei, dass geschäftsschädigende Aussagen zu unterbleiben hätten. „Er lebt von seiner Vita“, sagt Althammer. Doch nicht alles, was Schober erzähle, entspreche auch der Wahrheit. „Bei Volkswagen war er Praktikant und nicht mit Managementaufgaben betraut, wie er behauptet“, sagt Althammer. Das bestätigt Ostermeier.

Wie steht eigentlich der Bayerische Fußballverband zum Einstieg von Investoren wie Philipp Schober bei Fußballvereinen?Mehr dazu lesen Sie hier im Interview mit BFV-Präsident Rainer Koch.

Wie wurde der Kauf finanziert?

Unmittelbar nach dem Ausscheiden aus der Mainspo GmbH gründete Schober im Juni 2016 die GSPJ Beteiligungen GmbH. Ihr Geschäftsziel: Erwerb, Entwicklung und Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen, Beratungsdienstleistungen im Sport- und Lifestyle-Sektor. Eigens für den Kauf der Jahn-Aktien hob er im Mai dieses Jahres zudem die Global Sports Invest AG mit einem Stammkapital von 100 000 Euro aus der Taufe. Warum er für die Jahn-Anteile dieses Konstrukt wählte, ließ Schober in einem Interview mit unserem Medienhaus offen. „Die Global Sports Invest wird sich voll und ganz auf das Geschäft konzentrieren“, erklärte er. Offen bleibt die Frage, woher Schober das Geld für sein Investment beim SSV Jahn nahm – für das er, wie er sagt, persönlich haftet. Auch seine ehemaligen Mitarbeiter können darauf keine Antwort geben. „Es ist mir schleierhaft, wie er mit dieser Masche immer wieder durchkommt und Menschen findet, die ihn unterstützen. Ich weiß jedenfalls von keinem Projekt, das am Ende funktioniert hat“, sagt Althammer. „Entweder er hat jemanden mit seinen hochfliegenden Träumen schwindelig geredet oder es ist nie Geld geflossen“, meint Ostermeier.

Am Montag sagte Schober kurzfristig ein Gespräch mit Jahn-Vorstandsvorsitzendem Hans Rothammer ab. Über seine Anwälte teilte der Investor unserem Medienhaus am Dienstag mit, dass er überrascht sei, dass gegen vier Personen, die hohe Ämter beim SSV Jahn inne hatten oder nach wie vor inne haben wegen Bestechlichkeit und Bestechung ermittelt werde. „Unser Mandant wird im Interesse des Vereins alles daransetzen, dass die Angelegenheit vollständig aufgearbeitet wird, auch innerhalb des SSV Jahn Regensburg.“

Wer hat beim SSV Jahn Regensburg eigentlich das Sagen? Ein Blick über die mächtigsten Köpfe im Klub.

Alles über den SSV Jahn Regensburg lesen Sie hier in unserem Spezial.

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