Implantate
Mehr Patienten klagen gegen Hersteller

Rechtsanwalt Dominik Engelhardt spricht über Strategien der Konzerne und aus seiner Sicht zu geringe Schmerzensgeldzahlungen.

29.11.2018 | Stand 16.09.2023, 5:54 Uhr
Louisa Knobloch

Rechtsanwalt Dominik Engelhardt ist Partner in der auf Medizinrecht spezialisierten Kanzler Glufke-Böhm in Regensburg. Foto Nina Laakmann

Herr Engelhardt, ihre Kanzlei Glufke-Böhm und Partner ist auf Medizinrecht spezialisiert. Welche Erfahrungen haben Sie beim Thema Implantate gemacht?

Die Fälle nehmen schon zu. Im Interesse unserer Mandanten müssen wir in der Regel meist sowohl gegen die Ärzte als auch gegen die Implantathersteller juristisch vorgehen. Denn oftmals schieben sich beide Parteien gegenseitig die Haftung zu: Die Ärzte machen einen Fehler am Implantat geltend, die Hersteller einen Ärztefehler – etwa, dass das Implantat nicht dem Körpergewicht des Patienten angemessen war oder zu früh nach der Operation eine Vollbelastung erlaubt wurde.

Was erwartet Patienten, die wegen Fehlern am Implantat klagen?

Die Implantathersteller schicken oft die großen Anwaltskanzleien ins Rennen. Viele Patienten haben aber zu Unrecht Angst, dass sie gegen einen solchen Riesenkonzern nicht ankommen. Nach unserer Erfahrung bestehen sehr wohl gute Chancen, mit Schadensersatzansprüche durchzudringen. Zu außergerichtlichen Einigungen kommt es jedoch nur, wenn den Herstellern daran gelegen ist, das Bekanntwerden der Mangelfälle „aus der Öffentlichkeit“ zu halten. Bei einem Prozess läuft die Beweisführung wesentlich über Sachverständigengutachten – und die sind teuer. Im Idealfall finanzieren Rechtsschutzversicherungen solche Prozesse, aber auch ohne gibt es Möglichkeiten, zu seinem Recht zu kommen.

Warum wagen trotz dieser Hürden mehr Patienten eine Klage?

Skandale wie der um mangelhafte Brustimplantate vor einigen Jahren oder die aktuellen Berichte schärfen das Bewusstsein für das Thema – bei den Patienten, aber auch bei den Gerichten. Eine Entwicklung, die auch notwendig ist, immerhin geht es bei vielen um die Absicherung ihrer Existenz und damit um die Durchsetzung von Verdienstausfall, Behandlungs- oder Pflegekosten. Es besteht auch Anspruch auf Schmerzensgeld, wobei die in Deutschland gezahlten Beträge gegenüber dem Leid der Betroffenen oft unerhört gering sind. Mehr Mut der Gerichte bei der Bemessung wäre hier wünschenswert.

Was raten Sie Patienten, die nun verunsichert sind?

Sie sollten zunächst mit einem Arzt ihres Vertrauens sprechen. Wenn eine Revisions-OP nötig war, dann lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf die Sache.