Interview
„Meine Droge ist der Ingwer“

Zum ausgiebigen Frühstück traf MZ-Redakteurin Heike Sigel den Star-Koch Alfons Schuhbeck. Der plauderte aus dem Nähkästchen.

09.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:48 Uhr
Sternekoch Alfons Schuhbeck −Foto: dpa

Der Koch, Gastronom und Unternehmer Alfons Schuhbeck wird Anfang Mai 67 Jahre alt. Frühestens mit 90 will er nach eigenen Angaben nur noch halbtags arbeiten. Wie er es schafft, in seine 18-Stunden-Arbeitstage noch ein tägliches Workout einzuschieben und was er den Spielern des FC Bayern auftischt, das hat er uns beim Frühstück verraten.

Herr Schuhbeck, wie sieht für Sie ein typischer Sonntag aus?

Ich lebe in einer gastronomischen Welt mit 365 Tagen im Jahr. Typische Sonntage gibt’s also eigentlich gar nicht bei mir. Ich mache das jetzt seit gut 48 Jahren. Da gewöhnt man sich an gewisse Dinge.

Macht Ihnen der arbeitsreiche Sonntag etwas aus?

Mir persönlich macht das gar nichts aus. Wenn man einen Betrieb hat, dann muss man fleißig sein, da kann man nicht einfach sagen, ich mach’ am Sonntag nix.

18-Stunden-Arbeitstage sind bei Ihnen die Regel...

...das stimmt.

Stimmt es auch, dass Sie danach noch ins Fitnessstudio gehen?

Genau, ich fahre dann immer nach Gilching. 35 Kilometer hin, 35 Kilometer zurück. Ich habe da einen Freund, der ist Weltmeister im Bodybuilding, Heilpraktiker und Osteopath und der arbeitet auch bis elf Uhr nachts. Also trainieren wir auch erst ab elf. Es kann aber auch mal zwölf Uhr oder halb eins werden. Ich mache das seit 13 Jahren jeden Tag. Wir trainieren den Körper im Lauf der Woche durch, machen ein bisschen Ausdauersport und nach einer halben oder dreiviertel Stunde ist der Kas gebissen.

Viel Zeit fürs Schlafen bleibt da nicht mehr...

Naja, so zwischen fünf und sechs Stunden. Ich habe keine Müdigkeitserscheinungen. Ich nehme meine Gewürze, meinen Ingwer.

Ihr Faible für Ingwer ist inzwischen zum Running Gag geworden.

Inzwischen hat der Ingwer ja die bayerische Staatsangehörigkeit bekommen – ich hab’ da unterstützend mitgewirkt (lacht). Ich war noch nie einen Tag krank. Ich nehme jeden Tag Ingwer, in welcher Form auch immer: flüssig, gepresst, als Tee... Ich brauche keine Droge, meine Droge ist der Ingwer. Er gibt mir natürliche Kraft, mit der ich richtig Gas geben kann.

Gewürze sind seit einigen Jahren Ihr Spezialgebiet.

Ich könnte stundenlang über die Inhaltsstoffe von Gewürzen erzählen. Gewürze sind mit Abstand von allen Lebensmitteln auf der Welt die konzentriertesten Antioxidantien und die einzige Medizin, die schmeckt. Ich habe seit 15 Jahren einen Mediziner in der Firma angestellt, der macht nichts anderes als wissenschaftliche Arbeiten über Gewürze und ihre Wirkung. Ich veranstalte mit verschiedenen Medizinern Kochkurse für Leute, die Krebs hatten. Und ich arbeite unter anderem mit der Uniklinik in Innsbruck zusammen, wo wir Rezepte für Lebertransplantierte entwickeln.

Kann man mit der richtigen Ernährung also Krankheiten heilen?

Ich würde es anders sagen. Ich bin ein reiner Präventionsmann und schaue, dass nie jemand krank wird. Dazu gehört neben der richtigen Ernährung auch genügend Bewegung. Der Mensch ist im 19. Jahrhundert fünfzehn bis zwanzig Kilometer am Tag gegangen. Heute geht der Durchschnittseuropäer 800 Meter täglich – das ist zu wenig. Und natürlich essen wir zu viel. Eine bayerische Leberkassemmel hat 650 Kalorien, dreieinhalb Kilo Gemüse haben 600 Kalorien. Aber von einer Leberkassemmel ist doch noch keiner dick geworden! Eine Leberkassemmel gehört in Bayern zum Essen dazu. Und der, der nur an der Karotte rumnaggelt, das ist doch eine arme Sau! Das hat mit Lebensfreude nichts zu tun.

Was halten Sie in diesem Zusammenhang von den ständig wechselnden Ernährungstrends?

Der Schlüssel zur Gesundheit ist, dass man sich ausgewogen ernährt. Ich möchte im Leben bei der Ernährung auf nichts verzichten. Ich möchte zum Beispiel kein Vegetarier oder Veganer sein. Aber wenn wir im Gasthaus vegetarisch oder vegan kochen, dann machen wir das sehr respektvoll. Es kann ja jeder selber entscheiden, was er isst. Ich finde, dass wir früher, vor 50 Jahren, alle flexible Vegetarier waren, weil wir nicht immer Fleisch essen konnten. Damals hat es einmal in der Woche Fleisch gegeben. Ansonsten sind wir mit Mehlspeisen und Gemüse groß geworden. Wir haben also unbewusst gesund gelebt.

Viele Menschen haben das Kochen weder von den Eltern, noch in der Schule richtig gelernt. Haben Sie für die einen Ratschlag parat?

Der Schlüssel ist die richtige Zubereitung von Lebensmitteln. Wenn du heute eine Karotte schneidest und sie dann eine Stunde draußen liegen lässt, dann sind schon fünfzig Prozent der Vitamine oxidiert. Wenn du sie dann im Wasser zerkochst, gehen weitere fünfzig Prozent kaputt. Deine Karotte ist also wertlos, selbst wenn du eine Biokarotte gekauft hast. Ein Hauptfehler ist auch, dass das Fett in der Pfanne zu stark erhitzt wird. Die ungesättigten Fettsäuren gehen ab 100 Grad kaputt. Viel besser ist es zum Beispiel, Gemüse nur bei etwa 80 Grad mit Brühe zu dämpfen. Erst zum Schluss gibt man das wertvolle Olivenöl dazu. Das Öl hat dann so um die vierzig, fünfzig Grad und der Körper kann es viel besser aufnehmen. Wenn das Öl aber in der Pfanne zu rauchen beginnt, dann bilden sich krebserregende Stoffe.

Verfolgen Sie eine bestimmte Lebensphilosohie?

Ich sage nie über jemanden was hintenrum. Ich finde: Der gute Gedanke heilt, der schlechte bremst mich. Und die Leute, die von der Vergangenheit reden, die haben mit der Zukunft nichts mehr zu tun. Ich werde bald 67 und bin in der Jugend des Alters. Mit 90 arbeite ich dann halbtags, auch wenn einige sagen: Ja spinnt der, hat der einen Vogel?. Geld ist nicht Reichtum. Reichtum ist das, was ich im Herzen habe, was ich spüre, was ich auch weitergeben kann. Ich habe einen Beruf, mit dem ich den Menschen jeden Tag eine Freude machen kann. Das macht mich stolzer als alles andere.

Auch den FC Bayern-Spielern machen Sie mit Ihrem Essen eine Freude.

Für den FC Bayern koche ich seit 30 Jahren. Ich biete den Spielern enorm hochwertiges Essen an. Wir machen alles so, dass die Vitamine, Mineralien und Eiweiße in höchstem Maße erhalten bleiben. Aber: Das Ganze muss auch schmecken.

Was essen die Spieler am liebsten?

Die essen ganz normal. Ausgewogen halt. Die Spieler essen viel Gemüse, eiweißreich. Auch Kartoffeln. Die Kartoffel ist ja das wertvollste Kohlenhydrat. Erstens hat sie nur 69 Kalorien und dann enthält sie ja auch viele Vitamine, die hat die Nudel nicht. Heute essen die Spieler wesentlich weniger Nudeln, dafür mehr Kartoffeln und Reis.

Mag Pep Guardiola keine Nudeln?

Der Pep Guardiola isst alles. Er ist ein totaler Ästhet beim essen, der trinkt auch mal ein Glaserl Wein. Es macht richtig Spaß, für die Sportler und für den Trainerstab zu kochen.

Thomas Müller?

Der ist der Normalste unter den Normalen. Des is‘ ein ganz Geerdeter. Der ist mit ganz normalen Lebensmitteln aufgewachsen.

Sie bekochen ja auch viele andere Promis. Gibt es da wenigstens ein paar Extras?

Für mich ist jeder gleich! Ob jetzt der Schwarzenegger kommt – den kenne ich schon seit 35 Jahren, der Arnold ist mein Spezi – oder sonst wer. Während meiner Zeit in London habe ich für Charlie Chaplin, Sean Connery, Roger Moore, die Königin oder für die Beatles gekocht. Damals war ich 23 Jahre alt. Ich unterschätze den Gast nicht, auch den kleinen Gast nicht. Ich mache um keinen mehr Wirbel, als um den anderen. Warum denn? Ja wo samma denn? Heute muss man sich so präsentieren, wie man ist, nicht verkünstelt. Und es ist nicht so einfach, normal zu sein. Es ist viel schwieriger, als wenn man in eine Rolle hineinschlüpft und den Kasperl macht.

Haben Sie ein Lieblingsessen?

Ich mag gerne Wiener Würstel oder Fleischpflanzerl. Ich habe ja in meinem Leben alles kochen und alles probieren dürfen. Aber das Geerdete, das ganz Normale, das Jahreszeitenbezogene, das ist eigentlich meine Küche.

Was ist für Sie der Schlüssel zur Gesundheit?

Ich kaufe mir ein gutes Grundprodukt und nicht so einen Scheiß, nur weil der billig ist. Es geht um meinen Körper, den ich jeden Tag 18 Stunden fordere. Da schau ich nicht auf den Preis. Ich muss meinem Körper was Vernünftiges zu essen geben und schauen, dass die Lebensmittel auch richtig zubereitet sind. Zusammen mit dem guten Gedanken ist das für mich der Schlüssel zur Gesundheit. Ich bin einfach fürs Ausgewogene, fürs Normale und, ganz wichtig, für die Lebensfreude.

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische am Wochenende erstmals exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.