Gesellschaft
Nächster Halt: Alkoholverbot

Bahnhöfe gelten oft als Brennpunkte. Andere Städte verbieten das Trinken dort bereits. Regensburg will nachziehen.

09.08.2018 | Stand 16.09.2023, 5:57 Uhr
Lisa Pfeffer

In Hinblick auf Alkohol will die Stadt Regensburg den Bahnhof stärker kontrollieren. Foto: Lex

Verschüttetes Bier, zerbrochene Glasflaschen, Erbrochenes im Abfalleimer – viele Reisende kennen das leider oftmals typische Bild, das einen in der jeweiligen Stadt am Bahnhof empfängt. In München und Nürnberg gibt es deswegen bereits seit Januar 2017 eine Regelung, die das Alkoholtrinken rund um den Bahnhofsplatz von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens verbietet. Jetzt wird sogar überlegt,das nächtliche Verbot auch auf den Tag auszuweiten.

Der Erfolg lässt sich unter anderem an der Kriminalstatistik in München ablesen. So sind im Jahr 2016 noch 263 Delikte verzeichnet worden, die um den Münchner Hauptbahnhof nachts unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 203. Auch Körperverletzungen und andere so genannte Rohheitsdelikte gingen zurück. Wer gegen das Alkoholverbot rund um die Bahnhöfe ein erstes Mal verstößt, muss 75 Euro zahlen, ein zweiter Verstoß kostet bereits 100 Euro, jeder weitere 150 Euro.

Die Deutsche Bahn sträubt sich

In Regensburg gestaltet sich ein solches Verbot schwieriger. Der Bahnhofsvorplatz befindet sich dort – anders als in München und Nürnberg – nicht auf städtischem Gebiet, sondern gehört der Deutschen Bahn, ist also Privatgrund. Das heißt, im Hauptbahnhof selbst und an den Gleisen ist die DB als Hausherr zuständig. Und einem Bahnsprecher in München zufolge hält es die Bahn derzeit nicht für nötig, in Regensburg ein Alkoholverbot einzuführen. So zumindest die offizielle Information bis jetzt. Laut MZ-Recherchen ist die Stadt Regensburg allerdings gerade mit der Bundespolizei und der Deutschen Bahn im Gespräch wegen eines allumfassenden Alkoholverbots – am Bahnhofsgelände, am Bahnhofsvorplatz und anderen öffentlichen Orten im Altstadtbereich.

„Verdrängung führt nur zu einer Ballung an anderen Orten. Deshalb muss man an ein Verbot denken, das über den Bahnhof hinaus geht“Josef Pongratz, Bundespolizei

„Man muss aufpassen. Verdrängung führt nur zu einer Ballung an anderen Orten. Deshalb muss man an ein Verbot denken, das über den Bahnhof hinaus geht“, sagt Josef Pongratz von der zuständigen Bundespolizei Waldmünchen.

Derzeit werden in Zusammenarbeit mit der Polizei Daten gesammelt. Zum Beispiel soll geklärt werden, wie viele Taten am Regensburger Hauptbahnhof im Zusammenhang mit Alkohol stehen. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, werden dann weitere Schritte am Bahnhof und Bahnhofsvorplatz eingeleitet.

Das sagen Regensburger Passanten zum Alkoholverbot am Bahnhof:

Ob die Deutsche Bahn mit einem Verbot auf ihrem Gelände mitziehen würde, ist fraglich. Tun wird sich trotzdem was. Die Stadt Regensburg hat im Rahmen des Projekts „Sichere Altstadt“ mit der Bundespolizei und der Regensburger Polizei vereinbart, verstärkt den Hauptbahnhof und das Umfeld des Bahnhofs – im Hinblick auf Betäubungsmittel und Alkoholkonsum – zu überwachen. Alkoholverbote für öffentliche Plätze in der Altstadt oder für die im Sommer sehr beliebte Donaulände gibt es aktuell nicht. Je nachdem, wie das Ergebnis der Datenauswertung ausfällt, könnte sich das ändern.

Cham hatte zu kämpfen

Was sich in nächster Zeit nicht ändern wird: Der Alkoholkonsum in den Zügen selbst. Auch diesbezüglich gibt es öfter Beschwerden von Passanten, die sich von betrunkenen Gruppen gestört fühlen. Die Deutsche Bahn sagt jedoch ganz klar: „Das werden wir so beibehalten. Es ist kein Alkoholverbot in den Zügen geplant. Das Bordrestaurant schenkt ja auch Alkohol aus. Wir können den Leuten nicht einerseits sagen, sie sollen alkoholisiert nicht Auto fahren und unsere Dienste in Anspruch nehmen, aber dann Alkohol bei uns verbieten. Das ist ein zweischneidiges Schwert.“

„Wir können den Leuten nicht einerseits sagen, sie sollen alkoholisiert nicht Auto fahren und unsere Dienste in Anspruch nehmen, aber dann Alkohol bei uns verbieten. Das ist ein zweischneidiges Schwert“Sprecher Deutsche Bahn Bayern

Stark alkoholisierte Personen können jedoch situationsabhängig selbstverständlich des Zuges verwiesen werden.

Das, was die Stadt Regensburg zur Zeit in Erwägung zieht – ein größer angelegtes Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen – ist in vielen anderen Städten schon lange Realität. Sowohl in Cham, als auch in Neumarkt, Amberg und Schwandorf gibt es ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen. Dass diese Regelung am privaten Bahnhofsgelände jedoch nicht greift, musste zuletzt Cham schmerzlich feststellen. Zahlreiche Reisende machten ihrem Ärger in verschiedenen Internetforen Luft. „Ich warte lieber draußen in der Kälte als im Bahnhofsgebäude“, schrieb zum Beispiel eine Frau Anfang des Jahres. Der Bahnhof war regelmäßiger Treffpunkt einer Gruppe von Trinkern und die Bahn war mit Sicherheitspersonal zu selten vor Ort, um regelmäßige Platzverbote auszusprechen. Doch laut Michael Bücherl vom Chamer Ordnungsamt hat sich die Situation in der Zwischenzeit wieder entspannt. „Gerade haben wir keine großen Beschwerden mehr.“ Wenn sich die Probleme allerdings wieder häufen, fände es Bücherl wünschenswert, dass seitens der Bahn etwas dagegen unternommen wird.

In Neumarkt, Amberg und Schwandorf gibt es am Bahnhof keine Probleme mit dem Alkoholkonsum.

„Es ist ja nicht so, dass man nirgends mehr ein Feierabendbier trinken darf“Lothar Mulzer, Stadt Schwandorf

Und auch das Verbot an öffentlichen Plätzen scheint gut zu funktionieren. „Es ist ja nicht so, dass man nirgends mehr ein Feierabendbier trinken darf“, sagt Lothar Mulzer von der Stadt Schwandorf. Wegen einer Dose Bier oder Sekt würde noch niemand belangt werden. Wenn sich allerdings eine Gruppe Jugendlicher mit einem Kasten Bier auf einem öffentlichen Platz niederlässt und sich betrinkt, wird es schon schwieriger. Wie so oft im Leben gelte: Man sollte es einfach nicht übertreiben.

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