Bayern
Neue Hoffnung für chronisch Erschöpfte

CFS-Patienten fehlt Energie. Eine Regensburgerin bekommt nun gute Signale aus dem Maximilianeum - auch dank der MZ.

29.01.2020 | Stand 16.09.2023, 5:10 Uhr

Kathrin Fuchshuber mit ihrer Tochter Anna: Die 23-Jährige gehört zu den 35 000 Menschen in Bayern, die ein Leben im Schatten von CFS führen. Foto: altrofoto.de/Uwe Moosburger

Menschen mit Chronic Fatigue Syndrom (CFS) schleppen sich kraftlos durch den Tag. Sie verdämmern ihre Zeit im Bett oder auf dem Sofa - monatelang, jahrelang, ohne Perspektive. Jetzt kommen aus München Signale, die Patienten Hoffnung schöpfen lassen: CSU-Abgeordnete fordern, eine zentrale Anlaufstelle einzurichten und Geld in die Forschung zu stecken. „Ein erster Schritt ist getan“, sagt Kathrin Fuchshuber. Die Unternehmerin macht sich für CFS-Erkrankte stark. Ihre Tochter Anna (23) gehört zu den 35 000 Menschen in Bayern, die ein Leben im Schatten von CFS führen.

„Ich glaube, das Schicksal von Anna hat uns alle berührt.“MdL Klaus Holetschek

Die Regensburgerinbekam diese Woche Redezeit im Maximilianeum, vermittelt von MdB Astrid Freudenstein und Gesundheitsministerin Melanie Huml. Vor zwei Dutzend Abgeordneten und Experten schilderte die Mutter, wie chronisch erschöpfte Menschen durch alle Raster fallen und welche Hilfsangebote sie brauchen. Statt der geplanten 25 Minuten erhielt die 56-Jährige fast doppelt so lange Gehör beim Arbeitskreis Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Landtag.

„Ich glaube, das Schicksal von Anna hat uns alle berührt“, bekennt MdL Klaus Holetschek später gegenüber der Mittelbayerischen. Ihm blieb vor allem eine Zeichnung im Gedächtnis, auf der die junge Frau ihr Bett als Grab darstellt. Auch der Beitrag der Mittelbayerischen habe Eindruck hinterlassen.

Die MZ gab dem Thema im Dezember 2019 Schub. Eine Panorama-Seite, begleitet von einem Leitartikel, lenkte den Blick auf ein Heer von Verschwundenen, auf Menschen wie Anna Fuchshuber, die in der Öffentlichkeit nicht mehr sichtbar sind. Rund 20 Erkrankte, Angehörige, Mediziner und Juristen wurden befragt. „Für mich ist ein guter Tag, wenn ich mich nicht beim Zähneputzen schon hinsetzen muss“, schilderte zum Beispiel Walter Kirchbuchner aus Wald. Der 57-Jährige, der kein Einkommen mehr hat, weil ihm die Kraft zum Arbeiten fehlt, streitet seit 2015 mit der Versicherung um seine Berufsunfähigkeitsrente.

Der CSU-Arbeitskreis drängt nun laut Pressemitteilung vom 28. Januar, in Bayern eine zentrale Anlaufstelle einzurichten und mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, um Ursachen zu erforschen und die Chance auf eine Heilung zu erhöhen. „Meist werden Menschen, die an CFS erkrankt sind, in die falsche Ecke geschoben“, sagt Klaus Holetschek. „Denn das Syndrom kann auf den ersten Blick wie eine Depression aussehen, muss aber deutlich davon abgegrenzt werden.“

Das Chronic Fatigue Syndrom ist bislang nicht heilbar; nur Symptome können behandelt werden. Die Krankheit fühlt sich an wie eine schwere Grippe, die nicht endet. Betroffene nehmen meist eine Odyssee von einem Facharzt zum anderen auf sich und suchen 20 oder auch 50 Neurologen, Psychiater, Endokrinologen oder Orthopäden auf, um eine Diagnose zu bekommen. An der Berliner Charité gibt es mit dem Fatigue Centrum eine interdisziplinär besetzte Anlaufstelle; in Bayern fehlt ein vergleichbares Zentrum.

„Meist werden Menschen, die an CFS erkrankt sind, in die falsche Ecke geschoben.“Klaus Holetschek, Bürgerbeauftragter der Staatsregierung

„Es wird Zeit, dass diese Krankheit, die die Betroffenen so sehr belastet, mehr Aufmerksamkeit erfährt“, betont der gesundheitspolitische Sprecher Bernhard Seidenath. „Viele Betroffene wünschen sich seit Jahren händeringend Hilfe und Linderung.“ Aufklären, Bewusstsein schaffen, Forschung und Selbsthilfe intensiv fördern: Nur so könne man Kranken wirksam helfen.

Für Kathrin Fuchshuber, dieals Hotel-Chefin in Regensburgziemlich taff unterwegs ist, war die Präsentation im Maximilianeum emotionsbeladen. Eine Sicherheitsbeamtin am Eingang, die ihre Tränen sah, versorgte sie erst mal mit Gummibärchen. Nach einem Glas Wasser im Sitzungssaal und ausgiebigem Schneuzen war die Regensburgerin dann bereit für ihren Vortrag. Sie warb auch für ein „Erhole-Mich-Haus“. Statt ihr bisschen Energie bei Einkaufen, Kochen und Arztterminen zu verbrauchen, könnten sich Chronisch Erschöpfte dort kreativ beschäftigen und in Kontakt mit Menschen kommen.

Der CSU-Arbeitskreis erwägt, sich an der Berliner Charité über den Umgang mit CFS zu informieren. Eine zart angedeutete Option ist auch, eventuell am Uniklinikum Augsburg eine CFS-Anlaufstelle einzurichten.

„Die Abgeordneten waren ehrlich interessiert und betroffen“, schreibt Kathrin Fuchshuber im Zug, auf der Heimfahrt von München, an die Mittelbayerische. „Es ist ein Anfang!“