Justiz
Rocker-Prozess: Sicherheit vor Kutte

Keine Kutten, keine Embleme für die „Outlaws“: Am Donnerstagvormittag startet der Prozess um NPD-Mann Roßmüller.

12.08.2015 | Stand 16.09.2023, 7:02 Uhr
NPD-Funktionär Sascha Roßmüller soll den Kampf angezettelt haben. −Foto: Archiv

Wenn schwere Männer auf schweren Motorrädern anrücken, richtet das Landgericht Regensburg eine Sicherheitszone ein.Am Donnerstag beginnt der Rocker-Prozess in Regensburg. Schon jetzt ist klar: Die Aufregung ist groß – und somit die Polizeipräsenz hoch. Denn die Brüder auf Motorrädern gelten nicht nur als gefährlich und kriminell, sondern auch als solidarisch, wenn es gegen den Rechtsstaat geht. Die Behörden rechneten im Vorfeld mit einem Aufmarsch. Und dann steht da noch der Name des Straubinger NPD-Funktionärs in der Anklageschrift.

Ab Donnerstag geht es vor dem Landgericht um einen Vorfall, der beinahe fünf Jahre zurückliegt: Die Bandidos vom Chapter Regensburg sitzen auf der Anklagebank; ihr Secretary Treasury (Kassier), Sascha Roßmüller, soll am ersten Weihnachtsfeiertag 2010 einen blutigen Angriff mit dem konkurrierenden Kuttenträgern MC angezettelt haben. Dabei wurden mindestens zwei Personen schwer verletzt.

Roßmüller habe insgesamt neun Brüder mobilisiert, die sich dann in einem Lokal gegenüber der Gremium-Kneipe auf die Lauer gelegt haben. Als um 1 Uhr nachts Gremium-Brüder auf der Straße standen, soll Klaus S. zum Angriff gerufen haben. Die Bandidos – bewaffnet mit Schlagwerkzeugen, Messern und Reizgas – schlugen und stachen auf die verfeindeten Rocker ein. Die Gremium-Männer wehrten sich heftig. Ein Mann erlitt in der Massenschlägerei eine klaffende Schnittwunde im Gesicht.

Entsprechend groß sind am Donnerstagmorgen die Sicherheitsvorkehrungen vor dem Justizgebäude in Regensburg: Sechs bewaffnete Beamte mit schusssicheren Westen stehen vor dem Gebäude. Bevor ihnen Zugang zum Gericht gewährt wird, werden alle Besucher genau durchsucht – auch die Journalisten. Der komplette Bereich vor dem Sitzungssaal ist abgesperrt, neun Beamte sichern den Zugang zum Situngssaal. Auch im Saal tragen Polizisten Schusswaffen. Der Hintergrund: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass aktive Mitglieder von Motorradclubs Zeugen, die belastende Aussagen gegenüber Mitgliedern der Rockerclubs gemacht haben, einschüchtern wollen“, teilte das Gericht mit. Die Konsequenz: Sämtliche Kutten, Schriftzüge und Embleme, die sich den „Outlaw Motorcycles Club“ zugehörig fühlen, sind verboten.

Landgerichts-Sprecher Thomas Polnik erklärt dazu: „Wir hoffen natürlich, dass sich die Vorkehrungen als unnötig erweisen.“ Aber alles Notwendige sei unternommen worden, um die Ordnung in jedem Fall aufrecht erhalten zu können. Das Kuttenverbot, dass durch Landgerichts-Präsident Horst Böhm angeordnet wurde, sei von der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs gedeckt – es handele sich hier um eine polizeirechtliche Maßnahme. Es gehe schlicht darum, dass Zeugen nicht durch Rocker-Embleme eingeschüchtert werden sollen.

Überfall um 1 Uhr nachts

Bis es zur Anklage gegen Roßmüller kam, wurde das Ermittlungsverfahren schon mal eingestellt. Sascha Roßmüller wanderte allerdings nacheiner großangelegten Razzia im Oktober 2014 gegen die Rockerszenein Untersuchungshaft, ist seit März 2015 aber wieder auf freiem Fuß. Seine Mitgliedschaft bei den Bandidos stieß vielen rechtsextremen Parteifreunden auf. Dennoch wird er unter anderem von Szene-Anwalt Frank Miksch aus Fürth vertreten, der für den NPD-Mann schon häufig rechtliche Auseinandersetzungen führte. Zum Beispiel als Roßmüller durch das Straubinger Landratsamt die Lizenz für einen Sicherheitsdienst entzogen wurde – eben weil er ein Bandido ist.

Das Bandido-Chapter in Regensburg hat sich nach eigenen Angaben am 24. November 2014 aufgelöst; allerdings sollen die Mitglieder in dem Chapter in Bogen untergekommen sein. Weitere Bandidos-Bezirke in Bayern gibt es laut Website in Allersberg, Bad Königshofen, Bamberg, Deggendorf, Ingolstadt, München, Nürnberg, Passau, Starnberg und Weiden.

Gremium Chapter gibt es im Freistaat in Amberg, Ansbach, Bamberg, im Landkreis Kronach, München, Nürnberg, Schweinfurt, Straubing, Regensburg und Würzburg.

Neun Verhandlungstage sind bis Ende September angesetzt, 25 Zeugen stehen auf der Ladungsliste. (pd)