Politik
Streit um Windkrafträder

„Gegenwind“ in der grünen Idylle: Um die geplanten Windräder auf dem Ruhmannsberg ist ein heftiger Streit entbrannt.

16.08.2019 | Stand 16.09.2023, 5:26 Uhr
Ute Wessels

Hans Knödlseder, Roswitha Uhrmann und Thomas Resch (v. li.) vom Verein „Gegenwind“ zeigen auf die geplanten Windkraftanlagen am Ruhmannsberg. Foto: Armin Weigel/dpa

Die Windräder auf dem Ruhmannsberg stehen noch gar nicht, und doch tobt schon ein Sturm in der grünen Idylle. Gegner fordern ein Ende der Debatte um den Windpark, die Bürgermeisterin will sich alle Pro-und-Contra-Argumente anhören - und hat tote Mäuse bekommen.

Ein heftiger Sturm hat die Gemeinde Hauzenberg vor zwei Jahren in die Schlagzeilen gebracht. Viele Hektar Wald gingen damals zu Bruch, die Folgen sind bis heute nicht zu übersehen. Nun tobt wieder ein Sturm in Hauzenberg - diesmal einer der Entrüstung. Der Münchner Energie-Anlagenbauer Baywa r.e. will auf dem Ruhmannsberg einen Windpark errichten. Seit die Pläne im vergangenen Sommer durchsickerten, herrscht Unruhe.

Kritiker formieren sich im Verein „Gegenwind am Ruhmannsberg“. Sie sagen, die Anlagen würden zu nah an bewohnte Gebäude gebaut. Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer (parteilos) will sich noch nicht festlegen, wie sie zu den Plänen der Baywa r.e. steht - ob das auch am bevorstehenden Kommunalwahlkampf liegt, ist offen. Das r.e. im Firmennamen steht übrigens für renewable energy, erneuerbare Energie.

Drohbriefe mit toten Mäusen

Jüngst eskalierte der Zoff: Die Bürgermeisterin und das Unternehmen erhielten Drohbriefe mit toten Mäusen. Kripo und Landeskriminalamt ermitteln wegen Bedrohung und Beleidigung. Donaubauer will sich von dieser „Drohkulisse“ nicht beirren lassen, wie sie sagt. „Gegenwind“-Mitglieder distanzierten sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur von der unappetitlichen Post. Mit so einer Aktion sei niemandem geholfen, sagt Thomas Resch.

Mit Hans Knödlseder und Roswitha Uhrmann trifft er sich in Wegscheid, dort hängen leuchtend gelbe Transparente der Gegner. Wegscheid ist neben Sonnen und Untergriesbach einer der Orte, die vom Windpark am stärksten betroffen wären, da einige Häuser innerhalb der vorgeschriebenen Abstandslinie liegen würden. Die vom damaligen CSU-Chef Horst Seehofer 2014 durchgesetzte sogenannte 10H-Regel besagt, dass der Mindestabstand eines Windrades zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss.

Häuser würden nur 600 Meter entfernt stehen

Die geplanten Windräder sollen 230 bis 240 Meter hoch werden. Das würde mindestens 2,3 Kilometer Abstand erforderlich machen. Das wäre hier nicht so, berichten die Gegner. Einige Häuser würden nur 600 Meter entfernt stehen. Um auf dem Ruhmannsberg einen Windpark mit vier Windrädern bauen zu können, müsste der Stadtrat eine Ausnahmegenehmigung beschließen. Und genau das befürchten die Gegner.

Die Bürgermeisterin betont, dass noch keine Entscheidung gefallen sei, die Baywa r.e. noch nicht einmal einen Antrag gestellt habe. Die Windpark-Gegner argumentieren, das Unternehmen habe schon die benötigten Grundstücke auf dem Ruhmannsberg von den Eigentümern gepachtet. Darin sehen sie die ersten Schritte in Richtung Windpark. Ein Firmensprecher bestätigt, dass Pachtverträge geschlossen wurden. Ein Genehmigungsantrag könnte frühestens 2021 eingereicht werden, da zuvor zahlreiche Gutachten erstellt werden müssten.

Die Windpark-Gegner bleiben skeptisch, ihr Verein habe schon mehr als 200 Mitglieder, berichten sie. Aus ihrer Sicht ist der Ruhmannsberg ein intaktes Stück Natur, das nicht zerstört werden dürfe. Zumal hier Sturmschäden ausblieben. Der Eingriff in die Umwelt sei zu groß und der Ertrag durch die vier Anlagen zu gering. Zudem fürchten sie, dass weitere Windräder folgen könnten.

Verlust von Lebensqualität und Wertverlust der Häuser

Es müssten nicht nur Bäume abgeholzt, sondern auch nahe einem Wasserschutzgebiet Betonfundamente gegossen werden. Hinzu kämen der Baustellenverkehr, Infraschall und das Geräusch der Rotoren - Themen die vielerorts in der Debatte um Windräder auftauchen. Resch und seine Mitstreiter sehen den Verlust von Lebensqualität und den Wertverlust der Häuser. „Die Leute haben Angst, dass sie vielleicht wegziehen müssen“, sagt Uhrmann.

Es gehe ein tiefer Riss durch die Gesellschaft, sagt sie. „Freunde reden nicht mehr miteinander, auch Familien sind zerstritten.“ Und Resch sagt: „Wir sagen Ja zur Windkraft - aber dort, wo es sinnvoll ist.“ Das sei am Ruhmannsberg eben nicht der Fall. Die einzige, die hierbei profitieren würde, sei die Baywa r.e..

Donaubauer will die Gemüter in und um Hauzenberg beruhigen: Es sei noch keine Entscheidung gefallen. „Ich habe keine Zusage gemacht, das steht mir auch nicht zu.“ Vielmehr müsse sich erst der Stadtrat damit befassen und dann eine Entscheidung treffen. Dafür müssen sämtliche Argumente gehört werden. Das erfordere Sorgfalt. „Ich sehe die Bedenken der Anlieger.“ Und sollte im Umfeld des Standortes ein Rotmilan oder eine Eule siedeln, würde auch das berücksichtigt.

Es könne aber nicht sein, dass gar nicht erst debattiert werde, nur weil sich jemand daran störe. Hauzenberg produziere lediglich 35 Prozent seiner verbrauchten Energie, im Landkreis Passau seien es 60 Prozent. Hier sieht Donaubauer grundsätzlich Nachholbedarf. Ob die Diskussion den Wahlkampf beeinflussen wird? „Das Thema ist eine Herausforderung“, antwortet Donaubauer. Es müsse alles abgewägt werden. Ihr eigenes Haus würde auch nahe an dem Windpark stehen, sagt sie. „Ich hätte keine Angst vor Windrädern.“

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